inFamous: Second Son12.02.2014, Eike Cramer
inFamous: Second Son

Vorschau:

Mit inFamous: Second Son (ab 9,24€ bei kaufen) findet im März eine weitere große Sony-Marke den Weg auf die PS4. Sieben Jahre nach Coles Konfrontation mit dem Beast bin ich mit dem neuen Protagonisten Delsin Rowe durch die Straßen von Seattle gezogen. Welchen Eindruck macht der Zweitgeborene?

Die Holzhammer-Moral

Ich bin nicht alleine unterwegs: Auf meinen Streifzügen durch die Stadt werde ich von der jungen Fetch beleitet, die ebenfalls übernatürlich begabt ist. Sie geht gegen Drogendealer in der Umgebung vor, was Delsins Bruder auf den Plan gerufen hat. Dieser ist Cop, hat sein Leben im Griff und ist der Gegenentwurf zum anarchischen Protagonisten, der seine Zeit lieber mit Graffitisprayen verbringt. Zwar ist klar, dass die Beziehung der beiden Brüder eine wichtige Rolle spielen wird, mehr wird allerdings nicht verraten. Auch wie Delsin und Fetch sich kennenlernen bleibt zunächst ein Geheimnis.

Trotzdem muss ich mich direkt zu Beginn der kurzen Vorschauversion entscheiden: Will ich Fetch zu einer selbstbeherrschten Kämpferin des Guten machen, oder soll sie als ruchlose Killerin alle Feinde der „Conduits“, wie die Menschen mit Superkräften genannt werden, eliminieren? Zunächst entscheide ich mich für die gute Variante, die klar farblich gekennzeichnet ist. Grautöne? Gibt es nicht! Die Auswahl ist Schwarz-Weiß und so subtil wie ein Holzhammer. Ob sich Fetch durch diese Entscheidung dauerhaft verändern wird und man nicht nur den eigenen, sondern auch ihren Charakter beeinflussen kann, bleibt abzuwarten.

Arsenal der Superkräfte

Es rummst ordentlich: Delsin steht ein Arsenal aus effektreichen Superkräften zur Verfügung.
Nach der Entscheidung werde ich direkt in eine der zahlreichen Nebenmissionen geworfen, die wohl nicht unmittelbar mit der Handlung zusammenhängen. Hier müssen Delsin und Fetch Drogenlager auf Hausbooten ausheben und die Hintermänner eliminieren. Dazu werden unzählige Gegner vermöbelt, die Verstecke markiert und von Fetch zerstört. Im Anschluss muss ich unbemerkt einem Drogen-Truck folgen, um am Versteck weitere Feinde mit einer der neuen Superkräfte zu neutralisieren. Diese werden mit einem simplen Tastendruck ausgelöst und hängen von meiner Karma-Stufe ab. So weit, so herkömmlich.

Natürlich gibt es auch weiterhin die klassische Entscheidung zwischen Töten oder Gefangennehmen, die wie in den Vorgängern mein Karma in eine Richtung verändert.  In der Vorschau-Version stehen mir  dazu „Neon-“ und „Rauchkräfte“ zur Verfügung, die sich an verschiedenen Stellen im virtuellen Seattle aufladen lassen. Neon-Energie erhalte ich überall dort, wo Leuchtreklamen oder Bildschirme blinken; meine Rauchkraft wird durch Schornsteine und Feuertonnen aufgefrischt. Ich kann aber immer nur eine aktive Kraft nutzen: durch das Aufladen an der jeweils anderen Quelle wird die Fähigkeit getauscht. Später sollen noch weitere Varianten hinzukommen.

Geballte Partikelkraft

Fetch ist Delsins Begleiterin in Seattle. Ob in Entscheidungen das Schicksal des "Lasergirls" dauerhaft bestimmt werden kann, wird sich zeigen.
Wie schon in den Vorgängern kann ich mit den Kräften schweben, Gegner mit Energiebällen beschießen oder im Nahkampf bearbeiten. Hier sind die Unterschiede zwischen den Elementen marginal: als Neon-Übermensch schwinge ich z.B. ein überdimensionales Energieschwert, als Rauch-Kämpfer kloppe ich mit Feuer-Ketten auf die Gegner ein.  Neu sind die Bewegungsmodi: Auf Tastendruck werde ich zu einem Neon-„Flash“, der Gebäude schneller erklimmt und sich insgesamt schneller fortbewegt, oder zu einer Wolke aus Rußpartikeln, die durch Zäune und Gitter flutscht oder sich per Klimaanlage flugs auf die Dächer von Häusern transportieren lässt.

Diese Kräfte überzeugen mit ansehnlichen Partikel- und Lichteffekten. Wenn sich Delsin in eine Wolke verwandelt oder Gegner im Nahkampf mit wuchtigen Schlägen attackiert, während im nächtlichen Seattle der Regen von den Neoreklamen tropft, ist Second Son ziemlich hübsch. Auch die Mimik der Figuren ist dank der detaillierten Gesichtserfassung der Schauspieler äußerst stimmig. Allerdings kann die Umgebung nicht ganz mit den hohen Ansprüchen an Sonys hauseigene PS4-Titel mithalten. Zudem geht zu wenig kaputt: Zwar gibt es einige zerstörbare Objekte, aber Lichter, Fassaden, Scheiben oder Autos bleiben großteils intakt. Dies wirkt im Angesicht der entfesselten Kräfte nicht gerade authentisch.

Lineares Missionsdesign

Im DUP-kontrollierten Seattle findet man bekannte Wahrzeichen wie die Space Needle.
Spektakulär hingegen wird es, wenn auch die Feinde zu Superkräften greifen. Entscheide ich mich zu Beginn dazu Fetch zur Killerin zu machen, muss ich Versammlungen der Lifetime-Bewegung auflösen. Diese stehen auf der Seite des Department of Unified Protection (DUP) und protestieren gegen die Conduits. Die DUP hat den Auftrag alle Conduits zu töten oder festzunehmen - allerdings befinden sich auch einige mit Superkräften ausgestattete Kämpfer in ihren Reihen. Bei der Zerschlagung der Demonstrationen gerate ich immer wieder in Kämpfe mit Sondereinheiten, die mich mit Gesteins-Fähigkeiten attackieren odermich am Boden fixieren.

Allerdings ist auch diese Variante des Geschehens streng linear: gegen Ende muss ich Fetch aus einem Tunnel befreien, der von der DUP gesperrt wurde. Ich habe mich gegen den Kampf entschieden und habe das (eingestürzte) Ende der Unterführung erreicht, ohne einen DUP-Officer zu töten. Allerdings war hier Schluss: Erst nachdem ich jeden einzelnen Feind im Tunnel ausgeschaltet oder gefangengenommen hatte, wurde der Trigger ausgelöst, der die Mission beendete. Dies wirkte nicht nur herkömmlich, sondern schränkte mich in meiner Verhaltensweise gegenüber der Fraktionen im Spiel empfindlich ein.

Ausblick

Zugegeben, ich habe nicht viel gesehen. Dennoch scheint Sucker Punch den einfachen Weg zu gehen: InFamous: Second Son wirkt auf mich wie die typische Minimierung jeglichen Risikos. Ein cooler Protagonist mit weiblichem Sidekick trifft auf viel Action mit mächtigen Superkräften. Gleichzeitig gibt es herkömmliches Missionsdesign, Holzhammer-Moralentscheidungen und bisher wenig Raum für die interessanten Grautöne. Leider passt die Aussage „Wir wollen statt der moralischen Entscheidungen mehr Spaß in einer offenen Welt“ auf diese Vorschau-Version sehr genau. Ja, die Kulisse von Second Son ist ziemlich hübsch, auch wenn sie bei der Umgebung etwas hinter den hohen Ansprüchen an die PS4 zurückbleibt. Ja, die schnelle, unkomplizierte Bewegung und die Superkräfte machen durchaus Spaß. Allerdings habe ich die Befürchtung, dass Charaktere und subtile Zwischentöne bei dieser Ausrichtung viel zu kurz kommen.

Einschätzung: befriedigend

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