Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs09.02.2018, Alice Wilczynski

Vorschau: Die Rückkehr eines Katzen-Königs

Fünf Jahre ist es her, dass Level 5 und Studio Ghibli eine liebenswürdige Reise ins zweite Königreich inszenierten. Am 23. März soll der Nachfolger Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs (ab 8,69€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) erscheinen. Auch wenn offiziell keine Zusammenarbeit mehr besteht, sind mit Designer Yoshiyuki Momose (u.a. Chihiros Reise ins Zauberland) und Komponist Joe Hisaishi (fast jeder Miyazaki-Film) erneut ehemalige Ghibli-Mitarbeiter beteiligt. In London haben wir Kapitel 3 und 4 des Rollenspiels angespielt.

Ein neuer Katzen-König

Wenn ich ehrlich bin, wäre es schon unterhaltsam gewesen, einfach nur ein weiteres Abenteuer mit Oliver und seinem Feen-Begleiter Tröpfchen zu erleben. Die beiden sind mir in der emotionalen Geschichte des ersten Teils ganz schön ans Herz gewachsen. Doch Ni No Kuni 2 will ein anderes Kapitel aufschlagen und scheint das Spieldesign mit neuen Mechaniken noch mehr darauf abzustimmen.

Die Geschichte setzt 100 Jahre nach "Der Fluch der weißen Königin" an. Diesmal startet man nicht als Nobody aus dem Menschenreich, sondern als Evan Pettiwhisker Tildrum des Katzen-Stamms, der nach dem Ableben seines Vaters als neuer König aus dem Schloss vertrieben wurde. Auch Katzen-König Tom aus dem Vorgänger trug den Namen Tildrum, dessen

Katzenkönig Evan macht sich mit seinen Begleitern auf dem Weg, um sein Königreich zurückzuerobern.
Enthusiasmus man wieder herstellen musste und der an den Herrscher aus dem Ghibli-Film "Der Katzenkönig" erinnerte. Erneut scheinen Tiere eine wichtige Rolle zu spielen: der Katzen-Stamm liegt im Clinch mit einer bedrohlichen Maus-Armee. Laut Entwickler Akihiro Hino soll die Geschichte zwar aus Kinder- und Erwachsenensicht erzählt werden, jedoch diesmal ernstere Themen ansprechen. Es bleibt abzuwarten, ob die Tier-Thematik zumindest im Ansatz einen ähnlich metaphorischen Charakter wie Art Spiegelmans "Maus" aufweisen kann.

Königreich-Aufbau mit Herz

In der Welt der Videospiele bleibt in der Regel jedoch nur wenig Zeit für Traurigkeit. So ist Evan höchst motiviert, sich einfach ein neues Königreich aufzubauen. Unterstützt wird er dabei von der Bevölkerung, so lange er zusammen mit seinen Begleitern kleine Aufgaben für sie erledigt. Erst nachdem ich mit meinen Begleitern Roland und Shanty eine Gruppe Plasma-Skelette für ein junges Mädchen erledigte, konnte ich sie als Zauberin für mein Königreich rekrutieren und dadurch im neuen Regierungsmodus weitere Zaubersprüche lernen. Dieser ist nicht, wie anfangs von mir angenommen, nur ein separates Gimmick, um Aufbau-Fans etwas Abwechslung zu bieten. Das Ausbauen, Rekrutieren und Forschen im Königreich wurde zumindest in den von mir angespielten Kapiteln 3 und 4 homogen in die Hauptgeschichte eingebettet. Man

Der neue Regierungsmodus ist toll mit der Hauptgeschichte verknüpft und sorgt für Abwechslung.
kann aktiv daran teilhaben, Evan zurück zu seiner alten Stärke zu führen, indem man Leuten während der Hauptstory hilft und sie dann passend zu ihren Talenten in der Kaserne, Waffenwerkstatt, Küche oder im Magielabor einsetzt.

Bezahlt wird das mit Einfluss, der jedes Mal ansteigt, wenn man etwas Neues erforscht. Mechanisch ist das Prinzip sehr simpel umgesetzt, die Verknüpfung zur Hauptstory macht es jedoch zu etwas Besonderem. Wenn das Mädchen, dem man geholfen hat, plötzlich völlig dankbar in der hauseigenen Suppenküche arbeitet und wenn man aktiv beeinflussen kann, welche Charaktereigenschaften die Soldaten besitzen, die im Skirmish-Modus gegen andere Truppen antreten, gewinnt das Spiel eine große Portion an Menschlichkeit. Und die spielt zumindest in der Aufbau-Strategie eher selten eine Rolle. Man bewegt die liebevoll gestalteten Charaktere nicht nur wie Schachfiguren von A nach B, sondern lernt, wenn auch nur im Kleinen, ihre Hintergrundgeschichte kennen. Wie bei einem guten Ghibli-Film scheinen auch in Ni No Kuni 2 Themen wie Hoffnung und Hilfsbereitschaft im Fokus zu stehen.

Bunte Rollenspiel-Kost

Die Stärke von Ni No Kuni lag schon immer in seiner Kulisse und dem sehr gut darauf abgestimmten Soundtrack. Nicht ohne Grund sprachen einige von einem "spielbaren Ghibli-Film". Auch die Musik von Ni No Kuni 2 ließ mich mit ihren pompösen, teils verträumten, teils wuchtig aggressiven Stücken sehr schnell in die Spielwelt abtauchen. Neben den verträumten mystischen Wäldern und kargen Wüsten, die man diesmal wie bei World of Final Fantasy u.a. in Chibi-Form durchläuft, hat mich vor allem "Goldorado" beeindruckt. Die laut den Entwicklern an Taiwan angelegte Zockerstadt glüht förmlich mit ihren leuchtenden Gebäuden und Laternen, asiatischen Kunstwerken und kleinen Gassen, die man in konstanten 60 Frames durchläuft.

Zudem fühlt man sich stark an das erste Dorf aus "Chihiros Reise ins Zauberland" erinnert. In Goldorado werden die Bewohner zwar nicht in Schweine verwandelt, dafür aber mit gezinkten Würfeln hinters Licht geführt. So bestand die erste Story-Quest in Kapitel 3 daraus, die Machenschaften des Mops-Herrschers Sixtinius aufzudecken, der zusammen mit seinen Schergen die Bewohner abzockt. Die angehäuften Schulden werden übrigens durch einen „You owe me“ krächzenden Raben dargestellt, der nicht mehr von meiner Seite wich, nachdem ich beim Würfeln verloren hatte. Es steckt also erneut sehr viel Fantasie im  Design der Charaktere und Spielwelt, doch gleichzeitig fehlt erneut den Anspruch.

Das Artdesign ist erneut malerisch verträumt und Goldorado beeindruckt mit seinen asiatischen Gebäuden und Kunstwerken.
Im Rahmen der Hauptquest galt es herauszufinden, was in Goldorado vor sich geht. Bereits seit der ersten Zwischensequenz war klar, dass die Bewohner mit gezinkten Würfeln abgezockt werden, trotzdem musste man erst mehrere Dinge erledigen, bis es auch den Helden ganz überrascht endlich auffiel. Die von Entwickler Hino versprochene thematische Tiefe konnte ich zumindest bisher nicht feststellen. Vielmehr scheint man erneut eine kindlich verspielte Geschichte zu erzählen, die vor allem durch humorvolle Einlagen getragen wird. So zerstörte das kleine Wesen Remmi den Abzock-Mechanismus, indem es in Slow-Mo einen fetten grünen Pobel auf den Würfel warf. Es war schön mal wieder in ein buntes Rollenspiel einzutauchen, das sich nicht zu ernst nimmt. Diese Stimmung könnte allerdings irgendwann kippen, wenn die Hauptaufträge auf Dauer ständig zu simpel gestrickt sind und wie in meiner Anspielsession vorrangig aus Hol-und Bringdiensten bestehen.

Flotte Echtzeit-Kämpfe mit allen Charakteren

Neben der Implementierung des Regierungs- und des Skirmish-Modus, indem man seine Einheiten im Schere-Stein-Papier-Prinzip auf einem Schlachtfeld gegen gegnerische Mini-Soldaten antreten lässt, hat Level 5 sich auch einige Neuerungen zum Kampfsystem einfallen lassen. Die Kämpfe in Echtzeit laufen diesmal nämlich um einiges dynamischer ohne Wartezeiten zwischen den Attacken ab.

Das Wechseln der Charaktere im Kampf geht gut von der Hand und macht das Kampfsystem angenehm dynamisch.
Zwar darf man seinen Partymitgliedern leider erneut keine strategischen Befehle geben, jedoch kann man im Kampf blitzschnell zwischen den Charakteren wechseln. Diese kann man mit unterschiedlichen Waffen ausstatten, um im Nahkampf oder aus der Distanz anzugreifen. Wie unterschiedlich die individuellen Eigenschaften der Charaktere sind, wird sich in der finalen Version zeigen. Beim Anspielevent konnte ich ohne finanzielle Limitierung die besten Ausrüstungsgegenstände erwerben und auch die Gegner ließen sich in Windeseile erledigen.

Es muss sich also zunächst zeigen, ob die abwechslungsreich gestalteten Wesen, die von Feen, über Feuerkolosse bis hin zu Skeletten reichen, eine Herausforderung darstellen. Bisher erschienen mir die Kämpfe erneut viel zu leicht. Dennoch gibt es mit dem „Kampfequalizer“ eine nette Möglichkeit, die Gefechte strategisch zu beeinflussen. Denn man kann bestimmen, gegen welchen der sechs Monstertypen oder gegen welches der acht Elemente man einen Vorteil haben möchte. Auch kann man frei wählen, welche Belohnungen man durch einen Kampf erhält und anhand von vier Stufen Verteidigung oder seine

Mit dem "Kampfequalizer" kann man sich gegen verschiedene Monstertypen und Elemente rüsten.
Schnelligkeit verstärken.

Alles in allem wirkt Ni No Kuni 2 erneut wie ein Rollenspiel light, das keine Tiefe besitzt, allerdings durch die kreative Gestaltung der Spielwelt und seiner Charaktere trotzdem immer wieder motiviert, sich auf einen neuen Kampf einzulassen. Auf das Sammeln von Monstern wird diesmal verzichtet. Im Kampf unterstützt wird man diesmal von kleinen Wesen namens „Higgledies“, von denen man einige seltene in der Spielwelt findet. Auf Nachfrage wurde mir allerdings bestätigt, dass man sich von dem Sammeln und Aufleveln von Monstern im Stil von Pokémon verabschiedet hat. Meiner Meinung nach definitiv eine Verbesserung, da das Leveln im Verlauf des Spiels zum nervigen Grind wurde und schnell an Faszination verlor.

Das Sammeln der Monster hat ein Ende. Dafür helfen einem "Higgledies" mit Heilung oder Zaubern im Kampf.
Im Kampf bildeten die Higgledies immer wieder Kreise, in denen man sich heilen oder Magie einsetzen konnte, die neben dem Einsatz von Heilgegenständen gerade bei größeren Gegnern sehr hilfreich sein können. Erneut ist die Spielwelt nur zum Teil begehbar, jedoch gibt es abseits der Pfade jede Menge Gegenstände und Kisten zu finden, so dass es Spaß machte verschiedene Abzweigungen zu finden. Auch wurde ein Element von Zelda: Breath of the Wild übernommen, das zusätzlich zur Erkundung der Spielwelt motivieren könnte: Man erhielt mit der Zeit immer mehr Bilder, deren kurze Beschreibung einen ersten Hinweis darauf gab, welches Geheimnis sich an diesen Orten verbergen könnte. Den zahlreichen Zufallsgegnern konnte man erneut jederzeit ausweichen, jedoch machte das Kämpfen mit seinem dynamischen System viel Spaß. Man wird sehen müssen wie lange diese Faszination anhält, wenn sich die Gegner irgendwann wiederholen. Denn ein Blick auf die Karte zeigt, dass auch Ni No Kuni 2 eine riesengroße Spielwelt zu bieten hat.

Ausblick

Ni No Kuni 2: Schicksal eines Königreichs scheint erneut eine fantasievolle Geschichte in märchenhafter Ghibli-Kulisse zu erzählen, deren Charaktere mir unheimlich schnell ans Herz gewachsen sind. Auch die Verknüpfung von Hauptstory und Regierungsmodus ist auf den ersten Blick sehr gelungen. Nur wirken sowohl die Aufträge als auch die Kämpfe gegen zahlreiche Monster noch zu leicht. Die finale Version wird zeigen, ob Ni No Kuni 2 nicht nur stimmungsvoll inszeniert wird, sondern als Rollenspiel auf lange Sicht genug Tiefe bieten kann.<

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