Marvel's Spider-Man15.06.2018, Benjamin Schmädig

Vorschau: Batman in bunt?

Ich brauche diesen Spider-Man nicht. Ich mag es nicht, wie Insomniac Games die Arkham-Formel nimmt, in etwas Kunst-Seide einwebt, in Gotham City einfach das Licht anschaltet und das Ergebnis Manhattan nennt. Dazu die flotten Sprüche eines kecken Jungspunds statt des überragenden Bruce Wayne. Das Kampfsystem haben sie sowieso geklau… Hossa, die Waldfee, wieso ist dieses Spider-Man denn bitte so extrem gut?!?

Mehr Zeit als erlaubt

Zehn Minuten waren genug. Dann wusste ich, dass es mal wieder gut war, Vorurteile in die Tonne zu kloppen und dem ungeliebten Neuankömmling eine Chance zu geben. Zehn Minuten – und dann noch mal zehn, und dann noch mal. Zehn Minuten, in denen ich vor allem eins gemacht habe: mich wie verdammter Superheld durch Häuserschluchten schwingen, an Mauern entlang rennen, mich davon abstoßen, in die Tiefe stürzen und mit besonders viel Schwung punktgenau am Ziel landen.

Ich hab so lange nichts anderes gemacht, bis die erlaubte Zeit mit der Demo vorüber war. Danach erst habe ich die E3-Version neu gestartet und auch mal Verbrecher gejagt. Seitdem ist dieses Abenteuer für mich das Spiel der Messe!

Es macht unheimlich viel Spaß, in der Haut von Spider-Man zu stecken! Mühelos reiht er akrobatische "Tricks" aneinander.

Das richtige Gefühl

Dass die Bewegungen ebenso leicht von der Hand gehen wie sie das Gefühl einer physischen Präsenz vermitteln, ist in einem Actionspiel das Wichtigste für mich. Und es ist ein Traum, wenn man dabei akrobatische Dinge tun kann, die... nun... einfach cool sind. Mirror's Edge sei erwähnt, Doom, BioShock Infinite. Und Insomniac Games gelingt mit Spider-Man genau das: Nach nur wenigen Minuten schwingt, rennt und gleitet man so lässig durch New Yorks Häusermeer, dass es eine helle Freude ist.

Keine Sorge: Wem es zu stressig ist, etwas mehr als eine Hand voll „Tricks“ aneinanderzureihen, der hält einfach R2 gedrückt und schon geht‘s immer der Nase lang zwischen den Wolkenkratzern entlang. Wer allerdings nur ein paar Minuten mit den Möglichkeiten der erstaunlich simplen Steuerung herumspielt, der wird schon zum Helden, während er im Grunde noch gar nichts tut. Zumal Insomniac den haptischen Eindruck mit vielfältigen Animationen zum Leben erweckt. Das hier ist genau der Peter Parker, den man aus Filmen kennt!

Im Schatten des Ritters

Und der kann ja nicht nur Seilfliegen. Er vermöbelt auch Gauner – was tatsächlich nur entfernt an Batman & Co. erinnert. Zwar reiht Spider-Man per Viereck ganz ähnlich wie sein schlecht gelaunter Kumpel normale Angriffe aneinander, „zieht“ sich dafür ebenfalls über relativ große Weiten an Gegner heran und löst über Tastenkombinationen Spezialangriffe aus. Er webt seine Gegner allerdings auch durch schnelle Seiden-Schüsse, -Bomben und -Minen ein. Außerdem greift er markierte Gegenstände seiner Umgebung, dazu zählen Kofferraumklappen sowie Mülltonnen, wirbelt sie ein paarmal umher und schleudert sie anschließend in Blickrichtung. Das fetzt ungemein! Es fetzt deshalb, weil Insomniac das Kunststück gelungen ist, viele coole Aktionen so geschickt auf wenige Tasten zu verteilen, dass man sie blitzschnell verinnerlicht und abruft.

Fies und feige

Und was stellt Spidey damit an? Er rettet die Welt! Nur war davon in der E3-Demo nicht viel zu sehen. Ganz Manhattan durfte man ja nicht bespinnen, sondern lediglich ein begrenztes Areal. In dem konnte man immerhin einem roten Faden folgen sowie ein paar Nebenmissionen erledigen. Eine davon tauchte wohl zufällig in Peters Nähe auf; Bösewichte stänkern plötzlich auf der Straße. Also schwinge ich mich auf den Boden, schicke ein paar Ganoven ins Reich der Träume – da springen zwei plötzlich ins Auto und hauen ab. Spidey spinnt natürlich hinterher und sobald er nah genug ist, per Knopfdruck aufs Dach. Auf dem kann er sich weiter bewegen, um auszuweichen und aus dem Fenster schauende Unholde zu schlagen, damit er sie anschließend aus dem Wagen zerren kann. Zum Abschluss spannt er sich dann vor den Wagen, um ihn nach kurzem Knopfdruck-Stakkato zum Stehen zu bringen. Die Übergänge vom Kämpfen zum Verfolgen zum Prügeln auf dem Auto und dem aktiven Anhalten: Das war super!

Klasse gefiel mir auch ein Missionstyp, bei dem Spider-Man Wellen von Gegnern beseitigt. Nun kann er das auf die harte Tour erledigen, was gegen die durchaus potenten Handlanger aber beileibe kein Zuckerschlecken ist. Der bessere Weg ist daher das leise Ausschalten der Feinde und so läuft und schwingt er über Geländer, Balken oder Regale hinter bzw. über eine Wache, um sie auszuschalten, während hoffentlich keiner ihrer Kollegen ein Auge auf drauf hat. Das erinnert frappierend an das, was der Schwarze Ritter von Wasserspeiern aus tut, kommt aber ohne extra dafür vorgesehene Aktionspunkte aus und

Die Bewegungen sind klasse - doch was ist mit der Abwechslung im eigentlichen Spiel?
fühlt sich dadurch freier, sprich besser an.

Umwelt geht vor

Außerdem war da noch eine Aufgabe, bei der Spidey erst Proben verschmutzter Luft sammeln musste, um  anschließend die Fahrzeuge mit unzulässig schlechtem Kat zu fotografieren. Der alte Umwelt-Streber! Ich bin mir außerdem sicher, dass es noch mehr geben wird – von zentralen Kampf gegen das Böse mal ganz abgesehen, aus dem Sony in Vorstellungen des Spiels ja schon verschiedene Höhepunkte präsentiert hatte.

Bleibt zu hoffen, dass Abwechslung und Spielwitz in den Hauptmissionen die Fähigkeiten des Superhelden voll ausschöpfen. Bleibt außerdem zu hoffen, dass der fesche Weber interessante Geschichten abseits des roten Fadens erlebt und auf Charaktere trifft, die nicht nur eine spielerische Herausforderung sind. Das alles war in der E3-Demo noch nicht zu sehen.

Ausblick

Natürlich muss man bei allem Optimismus skeptisch bleiben. Immerhin war vom gesamten Spiel bisher nicht viel zu sehen. Aber dass es sich so gut anfühlen würde, mit Spider-Man durch New York zu brausen, das ist für sich schon eine große Leistung. Der Junge hat ja nicht nur coole Tricks auf Lager – man reiht sie auch völlig mühelos aneinander. Wie einfach man sich an Turmspitzen empor zieht, von ihnen abspringt, ins Laufen an einer Wand übergeht, von dort viel Schwung für einen schnellen Ausflug über den Broadway sammelt und wie elegant Peter all das macht... phänomenal! Und es hört beim normalen Fortbewegen nicht auf, sondern setzt sich in den Kämpfen fort. Da entlädt Spidey seine energische Akrobatik in starke Finisher, wechselt nahtlos vom Heimlichtun zu lauter Action, kurz: Es ist in jedem Augenblick ein Hochgenuss, in seiner Haut zu stecken!

Einschätzung: sehr gut

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