Perfekte Idylle
Hach, was sind diese beiden Figuren trotz ihrer überdimensionalen Köpfe und den leeren Augenhöhlen süß: Da sitzen sie, Carl und June, gemeinsam auf einem Steg am See und blicken dem traumhaften Sonnenuntergang entgegen. Es ist die perfekte Idylle für ein perfektes Paar, die auch die aufziehenden Wolken und frischen Winde nicht trüben können. Trotzdem gibt June bald zu verstehen, dass es ihr kalt wird. Gesprochen wird nicht. Stattdessen teilen auch im späteren Verlauf sämtliche Figuren mit einer Mischung aus Gestik und teilweise etwas nervigen Lauten ihren Gemütszustand mit. Ein grummeliges Knurren reicht dabei genauso aus wie ein freudiges Lachen, um die Stimmung und Laune überzeugend einzufangen bzw. dem Spieler zu vermitteln.
Carl und June sind ein süßes Paar.
Als Gentleman ist es selbstverständlich meine Pflicht, in der Rolle von Carl meiner frierenden Herzensdame ihre Jacke aus dem Wagen zu holen. Dabei schreien die bunten Blumen auf dem Weg dorthin im Einklang mit der ruhigen Musikbegleitung aus der Feder von Steven Wilson (u.a. Porcupine Tree) regelrecht danach, gepflückt und überreicht zu werden. Ich verstehe den dezenten Hinweis und erweise mich als liebevoller Ehemann, hätte ihn aber genauso gut ignorieren und die anschließende Szene daher niemals zu Gesicht bekommen können. Doch spätestens bei der Ankunft im gemeinsamen Heim wird im Rahmen der Erkundung mit June und dem Inspizieren der vielen Bilder an den Wänden klar, dass hier ein Topf seinen passenden Deckel gefunden hat.
Gnadenloses Schicksal
Doch ein herber Schicksalsschlag zerstört das Glück der beiden. Kurz nach der romantischen Einführung bin ich zurück in dem Haus. Doch June sitzt nicht länger in dem gemütlichen Sessel neben ihrem Lebenspartner, Carl dafür in einem Rollstuhl. Was passiert ist? Das will ich hier nicht verraten. Aber es spielt auch eigentlich keine große Rolle. Wichtig ist nur, wie man das fatale Ereignis und die unglückliche Verkettung von Umständen wieder rückgängig macht. Was in der Realität undenkbar ist, wird hier möglich: Carl kann durch das Betrachten von Bildern in die Vergangenheit reisen und diese dabei sogar verändern –
Mit der Hilfe von Bildern kann man die Zeit zurückspulen.
Butterfly Effect lässt grüßen. Allerdings steuert man in den Rückblenden nicht länger Carl, sondern vier andere Figuren, die mit ihren Handlungen die Geschichte umschreiben können.
Zunächst schlüpfe ich in die Rolle eines kleinen Jungen, der in seinem Baumhaus mitansehen muss, wie ihm sein Flugdrachen abhanden kommt. Doch mit einem Ball ist schnell Ersatz und mit dem Hund vor dem Haus ein williger Spielkamerad gefunden. Dumm nur, dass die Handlungen am Ende des Tages in der Katastrophe münden, die man eigentlich verhindern will. Also wird die Zeit einmal mehr zurückgespult und man bekommt erst beim neuerlichen Anlauf die Chance, die Sache zu richten. Folglich lässt man Ball sowie Hund lieber links liegen und versucht stattdessen, den entflohenen Drachen zurückzubekommen und wieder flugtauglich zu machen. Dabei klappert man das überschaubare Areal der kleinen Siedlung nach Gegenständen sowie Interaktionsmöglichkeiten mit Einwohnern oder der Umgebung ab. Die benötigte Kordel erhält man z.B. nur durch eine kleine List, kann aber irgendwann den wiedergefundenen Drachen aufsteigen lassen und dadurch den Zwischenfall mit dem Spielball ungeschehen machen.