Vorschau: Der letzte Samurai
Geschichte und Fiktion
Immer wieder betont Chris Zimmerman, einer der Gründer des Studios Sucker Punch (Infamous), dass die Entwickler großen Wert darauf legen, Japan und auch die Samurai möglichst authentisch darzustellen – mit den stilistischen Mitteln, die man z.B. aus Filmen Akira Kurosawas (Ran, Kagemusha, Seven Samurai) kennt. So sei das für Japan typische viele Grün ebenso wenig Zufall wie die Tatsache, dass vieles im Bild ständig in Bewegung ist. Eine realitätsgetreue Nachbildung der Insel Tsushima hat Sucker Punch dabei nicht erschaffen. Die frei begehbare offene Welt spiegelt aber natürlich die tatsächlichen geografischen und kulturellen Besonderheiten wider. Gegeben hat es außerdem die Mongoleninvasion im Jahr 1274 – zu der die Geschichte des frei erfundenen Jin Sakai spielt.
Entscheidungen, Konsequenzen, Fragezeichen
Jin ist der letzte der Samurai, einer Gruppe, die nicht nur auf legendäre Kämpfer hervorbrachte, sondern auch zur gesellschaftliche Oberschicht gehörte. Mit diesem Selbstverständnis begegnet er den Mongolen und seinen Mitbürgern – ein Selbstverständnis, das sich laut Zimmerman ändern muss, nachdem die Jin vertraute Ordnung zusammengebrochen ist. Diese
Hätte man sich auch auf die Seite der Freundin stellen und den Mönch ermorden können? Bzw. welche Art von Entscheidungen muss man treffen und welche Auswirkungen haben diese? Darauf hat Sucker Punch noch keine Antwort. Zimmerman betont, dass sein Studio Erfahrungen mit Veränderungen auf Grundlage der Entscheidungen des Spielers hätte, doch was genau das für Ghost of Tsushima bedeutet, konnte oder wollte er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.
Samurai oder Videospielheld?
Was er sagen konnte, ist dass man den Mönch auch auf anderem Weg hätte befreien können, also indem Jin durch den Haupteingang poltert. Er erklärte weiter, dass das schnelle aufeinanderfolgende Ausschalten von gleich drei Mongolen eine Fähigkeit ist, die sich Jin erarbeiten muss – das Wie blieb auch hier noch offen. Nicht zuletzt war es Zimmerman wichtig zu betonen, dass die Kämpfe fordernd sein sollen. Damit ist vermutlich kein Dark Souls gemeint, doch als ich mich im Anschluss
Ich wollte außerdem wissen, wie sehr Sucker Punch um eine zumindest glaubwürdige Darstellung der Kämpfe bemüht ist. Immerhin zeigt Jins allererster Schwertstreich am ehesten, wie schnell ein Duell mit Klingen in Wirklichkeit zu Ende ging. Und solche Momente soll es in der Tat geben, auch weil es natürlich cool sei, einen mächtigen Protagonisten zu spielen. Selbstverständlich betont Zimmerman nicht zuletzt, dass Ghost of Tsushima zuallererst als Spiel funktionieren muss. Sein Team sei aber darum bemüht, den Faden nicht zu überspannen. Viele Angriffe sollen deshalb auf Waffen oder Rüstungen prallen, anstatt ständig auf den Körper zu treffen.
Die Bildschirm-Anzeigen sollen dabei übrigens nur das Notwendigste anzeigen, also nicht das Eintauchen in die eigentliche Spielwelt blockieren. Die Frage danach kam nicht von mir – die Antwort freut mich umso mehr! Ach, und tatsächlich wird man das Abenteuer wohl komplett in der Muttersprache der beteiligten Charaktere erleben können. So drückte sich Zimmerman jedenfalls in einem Nebensatz aus. Ein gutes Zeichen dafür, wie wichtig den Sucker Punch eine glaubwürdige Nähe zu dem Szenario und seiner Geschichte ist.
Ausblick
Selbst auf die Frage nach konkreten spielerischen Inhalten des Open-World-Abenteuers hatte der Mitbegründer des Entwicklerstudios auf dieser E3 keine Antwort – offenbar ist die Entwicklung von Ghost of Tsushima noch lange nicht abgeschlossen. Statt des eigentlichen Spiels beschreibt Sucker Punch mit dem E3-Video also eher eine fortgeschrittene Vision der Geschichte um den fiktiven Jin Sakai zur Zeit der ersten Mongoleninvasion. Und die sieht nicht nur fantastisch aus, sondern ist auch inhaltlich vielversprechend! Vielversprechend ist die Hauptfigur, die als Samurai nicht mythisch überhöht wird, sondern als letzter Verbleibender einer ehemaligen Oberschicht in einer neuen Ordnung seinen Weg finden muss. Vielversprechend ist auch die Tatsache, dass die Geschichte zu einem großen Teil über Begegnungen und Erlebnisse abseits der zentralen Handlung erzählt wird – eine Spur, die The Witcher 3 hinterlassen haben dürfte. Und vielversprechend ist natürlich auch der angedeutete Wechsel zwischen anspruchsvollen Kämpfen und heimlichem Schleichen. Das Spiel ist also bisher kaum greifbar. Ein interessanter Ausblick aber allemal.
Einschätzung: gut
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