Dragon's Crown08.05.2018, Mathias Oertel
Dragon's Crown

Im Test: Chaotische Kämpfe jetzt auch in UHD

VanillaWare hat es mit Titeln wie Odin Sphere (PS2) oder Muramasa (Wii) stets verstanden, einfache Mechaniken mit einem wunderschönen 2D-Grafikstil zu einem motivierenden Kunstwerk zu verbinden. Dragon’s Crown schlug bei seiner Erstveröffentlichung im Herbst 2013 in die gleiche Kerbe, doch das Action-Rollenspiel scheiterte seinerzeit denkbar knapp am Gold-Award. Kann Dragon’s Crown Pro auf der PS4 die Hürde nehmen? Im Test geben wir die Antwort.

Pro-Gold oder weiter Amateur-Blech?

Dragon’s Crown gehört zu den Spielen, die sich eine treue Fangemeinde sichern, aber außerhalb dieser Gruppe kaum profilieren konnten. Dabei bot und bietet die Mischung aus spannenden Hack&Slay-Kämpfen und Beute-Jagd à la Diablo, angefeuert von einem klasse Artdesign, unterhaltsame Prügeleien. Und das für bis zu vier Spieler, die kooperativ auf der Couch oder online antreten dürfen - mit dieser Fassung sogar systemübergreifend mit Vita- oder PS3-Spielern. Ebenfalls neu in der Pro-Version ist die Unterstützung für hohe Auflösungen: Bis zu 4K sind jetzt möglich. Und das nach wie vor polarisierende, aber mir enorm gut gefallende Artdesign im Stile alter Gemälde kommt in UHD noch besser zur Geltung, ohne sich allerdings gravierend auf die Wertung auszuwirken. Interessant ist allerdings, dass man seinen Spielstand von damals fortsetzen darf, wenn man ihn in die spieleigene Cloud lädt. Im direkten Vergleich zu damals stellt man dann fest, dass der stimmungsvolle Soundtrack neu eingespielt wurde, während man den Stimmen jetzt nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Japanisch lauschen darf. Zu guter Letzt darf man auf PS4 vom Start weg quasi die „ultimative“ Version spielen – alle Patches, nachträglich hinzugefügten Features und vor allem der DLC „Storyteller Voice Pack“ wurden integriert. Doch auch der kann nichts daran ändern, dass sich weder inhaltlich noch strukturell etwas an der Story geändert hat.

Die Präsentation der Geschichte mit ihrem Mix verschiedener visueller Stile ist immer noch außergewöhnlich. Inhaltlich ist sie allerdings so schwach wie eh und je.
Denn die Gesichte ist erschreckend bieder und nach wie vor einer der großen Schwachpunkte: Das Fantasy-Reich Hydeland ist in Gefahr. Ein paar unerschrockene Helden sind das einzige Bollwerk gegen kleinere oder größere Monster in den zahlreichen Dungeons sowie den Drachen, der am Horizont mit einem Angriff droht. Zwar werden sämtliche Story-Elemente in der Standard-Variante von einem gut besetzten Sprecher vorgetragen, der mit seiner sonoren Stimme an Sky Dumont erinnert. Doch nur durch einen interessanten Erzähler bekommt die Geschichte noch lange nicht dieses Merkmal. Zumal bei vielen Standard-Aktionen in der Stadt, die als Ausgangspunkt für alle Abenteuer dient, die Samples ohne Varianten ständig wiederholt werden und dadurch zunehmend an Faszination verlieren. Das neue Sprecher-Paket, bei denen man zwischen den Helden umschalten darf, sorgt hier zumindest temporär für Abhilfe, stößt aber schließlich auch an seine Grenzen.

Animierte Gemälde

In seiner Historie hat VanillaWare sich an diverse Genres vom Action-Adventure über Echtzeit-Strategie bis hin zu rundenbasierten Gefechten gewagt – und das auf unterschiedlichsten Systemen von Saturn bis nun PlayStation 4. Doch mit Ausnahme des DS-Titels Kumatanchi hatten sie alle eine Gemeinsamkeit: Ein nahezu unheimlich zielsicheres Gespür für außergewöhnliches Artdesign. Und genauso wie seinerzeit Odin Sphere auf PS2 oder Muramasa auf Wii gehört Dragon’s

Die actionreichen Kämpfe können zwar mitunter unangenehm chaotisch werden, machen aber dennoch eine Menge Spaß.
Crown Pro auch jetzt noch zu den schönsten 2D-Spielen. Die Artdesigner haben ganze Arbeit geleistet, ihrer kreativen Fantasie freien Lauf gelassen und bedienen sich bei unterschiedlichsten Quellen.

Gelegentlich erinnert der Stil der Zwischeneinblendungen an den amerikanischen Künstler Benjamin West. Die Frauendarstellung mit ihren üppigen Rundungen kreuzt japanische Manga-Kultur mit Rubens, dann wiederum erinnern die Figuren an Rembrandt-Gemälde. Die Umgebungen erinnern mal an klassische Fantasy-Comics mit klaren Strukturen, nur um dann doch wieder mit leichten impressionistischen Einflüssen in eine andere Richtung getrieben zu werden. Sie legen sich nie wirklich fest und überraschen dadurch vor allem beim Gegnerdesign und den feinen Animationen immer wieder, ohne das Gespür für Stimmungen oder den Einsatz von Licht und Schatten aus den Augen zu verlieren. Mitunter geht ihr Arbeitseifer zwar mit ihnen durch, so z.B. beim üppigen Auf-und-Ab bestimmter Teile der weiblichen Anatomie, die selbst Team Ninjas Dead or Alive-Ladies vor Neid erblassen lassen dürfte. Doch das Gesamtbild ist sehr stimmig, zeitlos und einfach nur schön anzuschauen – auch beim x-ten Anlauf, nach dutzenden Stunden oder für Veteranen nach gut viereinhalb Jahren.

Sechs Helden, sechs Stile, ein Team

In den Gewölben gibt es nicht nur viele Monster, sodnern auch Geheimnisse zu entdecken.
Sechs Archetypen stehen zur Verfügung, um das Abenteuer in Angriff zu nehmen, das übrigens von bis zu vier Helden lokal oder online gespielt werden kann. Während sich die erzählerischen Wege zum Ziel zwar nicht in Abhängigkeit von der gewählten Figur verändern, sorgen die unterschiedlichen Spielweisen bzw. Anforderungsprofile für ein erstaunlich vielfältiges Erleben der Rettung Hydelands. Selbst Zwerg, Kämpfer und Amazone, die drei auf Nahangriff fokussierten und daher für Anfänger empfohlenen Figuren, spielen sich im Detail dank ihrer Spezialangriffe sowie des ausufernden Fähigkeitenbaumes unterschiedlich. Entscheidet man sich für den Magier, die Zauberin oder die Bogen schießende Elfe, die alle lieber auf Distanz bleiben und deutlich mehr Finesse erfordern, lernt man wiederum andere Nuancen der Spielmechanik kennen. Insofern ist es ratsam, zumindest ein Mal pro Figur das Tutorial zu durchlaufen, damit man an die grundlegenden Unterschiede herangeführt wird.

Doch egal, mit wem man schließlich durch die Dungeons zieht, die vielfältigen Gegnerhorden bekämpft, Schätze oder geheime Räume findet und schließlich die abwechslungsreichen Bosse zu plätten versucht: Man ist nie allein unterwegs. Zum einen wird man sehr schnell von einer Fee sowie dem Dieb Rannie begleitet, der sich im Kampf vornehm zurückhält, aber immer in der Lage ist, Schatztruhen oder Türen zu öffnen. Allerdings löst er auch die eine oder andere Falle aus, die einen fluchend zurücklässt, während wieder ein gehöriges Stück der häufig zu knappen Lebensenergie verschwindet. Zum anderen gesellen sich auch offline immer wieder Kämpfer zur Gruppe, die maximal vier Recken aufnehmen kann. Falls man sich nicht auf diese Zufallsbegegnungen verlassen möchte, sollte man die überall zu findenden Gebeine gefallener Helden mitnehmen und diese später in der Kirche gegen eine kleine Gebühr wiederbeleben lassen. Alle Wiederbelebten lassen sich in der Taverne aufrufen und in die Party verschieben. In den Kampfgebieten fällt dabei auf, dass die KI-Freunde angenehm effektiv helfen, die Feinde zu dezimieren. Sie nehmen temporäre Gesundheitsupgrades ebenso eigenständig auf wie Bonuswaffen mit limitiertem Einsatz und nutzen auch Reittiere selbstständig. Dabei warten sie generell zumeist darauf, was der Spieler macht (bzw. was der Spieler ihnen übrig lässt). Und nehmen sie doch mal auf einem Vieh Platz, mit dem man eigentlich selbst die Gegner erledigen wollte oder schnappen sich eine bestimmte Waffe, kann man sie problemlos auffordern, einem alles zu überlassen.

Einer für alle

Die Bosse warten mit besonderen Herausforderungen.
Doch nicht nur hier wurde konzeptionell gut gearbeitet, um Frust zu minimieren. Alle Gegenstände, die man findet, also auch die, die eventuell nicht für die eigene Figurenklasse geeignet sind und die man nicht verkaufen möchte, lassen sich lagern und von einer anderen Klasse im selben Speicherstand aufnehmen. Mit 500 zur Verfügung stehenden Lagerplätzen, die für alle 16 in einem Spielstand möglichen Charaktere zugänglich sind, sollte genug Stauraum vorhanden sein. Bei den wiederbelebten Gefährten sieht es etwas anders aus: Diese stehen zwar ebenfalls allen Figuren zur Verfügung, aber mit nur 30 Plätzen muss man taktisch haushalten, wenn man über ein breites Levelspektrum hinweg auswählen möchte. Geld teilen sich ohnehin alle. So könnte man z.B. mit niederstufigen Helden versuchen, die mitunter kostspieligen Abenteuer der hochrangigen Waffenbrüder und –Schwestern zu finanzieren. Dass man nicht so einfach von Dragon’s Crown loskommt, sobald man sich einmal in die ersten Gewölbe begeben hat, liegt nicht nur an der Kompaktheit der Abschnitte – nur selten dauert es vom Betreten des Levels bis zum Sieg über den Boss länger als 20 Minuten. Und damit ist es prädestiniert für das berühmt-berüchtigte „Ein Spiel geht noch“. Dank übersichtlicher Steuerung, die aber dennoch abhängig vom Charakter beeindruckende Angriffsketten ermöglicht, kommt schnell ein angenehmer Spielfluss auf. Dieser kann aber mit voller Gruppe und reichlichem Gegneraufkommen schnell hektisch und chaotisch werden. Mit all den Feinden sowie Effekten, die auf dem Bildschirm explodierten, hat man mitunter Schwierigkeiten, seine Figur auszumachen und effektiv zu steuern. Doch zum Glück passiert es nur selten, dass man in diesen Momenten das Zeitliche segnet. Das wiederum kann zu einer kostspieligen Angelegenheit werden kann. Hat man sein Kontingent, heißt es nämlich noch lange nicht „Game Over“.

Man kann gar nicht oft genug betonen, wie außergewöhnlich das Artdesign ist.
Mit dem mühsam ergatterten Gold kann man den Tod bestechen und ihm gerade nochmal von der Sense hüpfen. Gleiches gilt natürlich auch für KI-Kameraden, wobei man hier irgendwann abwägen muss, ob sie die Investition noch wert sind. Andererseits werden sie permanent entfernt und stehen nicht mehr im Kampf zur Verfügung, wenn man sich nicht zur Reanimation durchringen sollte. Ein anderer Grund, weshalb man immer wieder gerne in Hydeland abtaucht, sind die ständigen Erweiterungen und Ergänzungen, die einen vor neue Herausforderungen stellen. Mit Nebenquests kann man relativ einfach Erfahrung, Gold und Fähigkeitspunkte erlangen. Mit dem Zusammenstellen von Runenkombinationen (was parallel zum Kampf nicht immer einfach von der Hand geht) kann man das Spielgeschehen verändern und z.B. Waffenkisten beschwören, Schutzzauber aktivieren oder sich gar ein zusätzliches Leben ergattern. In der zweiten Hälfte der Kampagne bekommt man nicht nur die Option, aus zwei verschiedenen Wegen samt unterschiedlicher Bosse in den Abschnitten wählen zu können. Zusätzlich kann man immer wieder entscheiden, ob man in den schützenden Schoß der Stadt zurückkehrt oder sich im gegenwärtigen Zustand der Party vielleicht in den nächsten zufällig ausgewählten Dungeon traut. Dort besteht die Chance auf einen üppigen Bonus beim ausgeschütteten Gold oder gar im Bereich der Erfahrungspunkte sowie die Option, sich beim Kochen besondere Speisen und damit Boni zuzubereiten.

Kleine Stolpersteine

Trotz der angesprochenen Abzweigungen ist es schade, dass es unter dem Strich mit neun Katakomben nur eine verhältnismäßig kleine Auswahl gibt. Denn so ansehnlich die Landschaften und Verliese auch sind, verlieren sie nach einigen Stunden den Reiz des Besonderen. Auch hinsichtlich der Kampfmechanik stellt Dragon’s Crown trotz aller Dynamik und positiver Hektik nicht alle Wünsche zufrieden. So fehlt beispielsweise die Möglichkeit, gemeinsame Kombos zu initiieren. Zugegeben: Sich akkurat aufeinander abzustimmen und ggf. gleichzeitig den Angriff zu beginnen, ist in der Hektik zweifellos eine Herausforderung, doch mit dieser Option hätte das Koop-Spektakel eine neue Dimension erreichen können. Doch auch so ist trotz der angesprochenen Mankos gewährleistet, dass Dragon’s Crown vor allem mit drei Mitstreitern auf dem heimischen Sofa neben Diablo 3 zu den besten Titeln gehört, wenn es um gemeinsame Action geht, die man nach dem ersten Durchlauf auch im spröden PvP-Modus erleben darf.

Fazit

Dragon’s Crown ist das Ergebnis, wenn man klassische 2D-Brawler vom Schlage eines Final Fight oder Golden Axe mit der Jäger-und-Sammler-Motivation eines Diablo kreuzt und das Ganze in ein unglaublich schönes Artdesign verpackt. Die handgezeichneten Figuren und Schauplätze sind auch viereinhalb Jahre nach der Premiere immer noch ein Hingucker – auch wenn es mit gerade mal neun Abschnitten (immerhin mit A-/B-Varianten) kein üppiges Angebot an Kulissen gibt. Die Auseinandersetzungen sind angenehm hektisch und gut zu kontrollieren. Allerdings gleitet das Hacken & Slayen bei großer Gegneranzahl und explosiven Effekten mitunter von der Hektik ins absolute Chaos – wobei es nur selten dazu kommt, dass man in diesen Momenten ein Ableben zu beklagen hat. Zwar gibt es keine besonderen Team-Angriffe, doch wer neben Diablo 3 auf der Suche nach einer weiteren unterhaltsamen Koop-Action ist und sich dem Sog von Figurenentwicklung sowie immer besseren Beute nicht entziehen kann, wird hier auf lange Sicht ebenfalls glücklich. Allerdings können weder der neu eingespielte Soundtrack, die gebündelten Inhalte noch die bis auf 4K aufgedrehte Kulisse den Ausschlag dafür geben, Dragon’s Crown Pro über die Gold-Grenze zu hieven – dazu wiegen die nach wie vor vorhandenen konzeptionellen Mankos nach wie vor zu schwer.

Pro

fantastisches Artdesign
neu eingespielter Soundtrack
alle Patches, erweiterte Inhalte sowie DLC des Originals inklusive
Spielstände älterer Versionen können importiert werden
übersichtliche Steuerung
auch japanische Sprachversion wählbar
bis zu vier Spieler kooperativ (lokal, online/auch systemübergreifend)
sechs deutlich unterschiedliche Charaktere mit eigenem Fähigkeitsbaum
stimmungsvolle Musikuntermalung
motivierende Gegenstands-Jagd
Figurenwahl beeinflusst indirekt Schwierigkeitsgrad
spannende Bosskämpfe
viele Geheimnisse (versteckte Räume, Schätze, Runen, Kochen)
ordentlich mitkämpfende KI-Recken, die von allen Figuren genutzt werden können
zahlreiche optionale Neben-Missionen
Gegenstände können zwischen Figuren auf dem gleichen Speicherstand getauscht werden
Reittiere

Kontra

schwache Geschichte
Kämpfe mitunter unglaublich hektisch, unübersichtlich und chaotisch
nur wenige Katakomben
keine Team-/Komboangriffe

Wertung

PlayStation4

Die actionreichen Kämpfe, die motivierende Gegenstandshatz und das fantastische Artdesign haben auch auf der PS4 nichts ihrer Faszination eingebüßt.

Echtgeldtransaktionen

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