Street Fighter 519.01.2018, Mathias Oertel

Im Test: Ein Prügler für alle

Im Vorfeld von Street Fighter 5 (ab 5,89€ bei kaufen) legte Capcom großen Wert darauf, zu betonen, dass es im Gegensatz zu den Ultra-, Hyper- oder Super-Editionen der Vorgänger hier keine abweichenden Veröffentlichungen mit Balance-Änderungen etc. geben würde. Und doch kommt jetzt mit der Street Fighter 5 Arcade Edition ein neues Paket auf den Markt. Ob Capcom trotz der Wiederveröffentlichung seiner ursprünglichen Aussage treu geblieben ist, klären wir im Test.

Endlich komplett

Als Street Fighter 5 vor beinahe zwei Jahren erschien, spaltete es die Kampfspiel-Gemeinde. Während man sich über die annähernd perfekte Mechanik und die schicke Kulisse freuen konnte, beklagten sich insbesondere Solisten und Gelegenheitsspieler über die für ihre Zwecke zu kurz kommenden Inhalte – alles schien auf den Online-Wettbewerb und eSport zugeschnitten zu sein. Gerade mal 16 Kämpfer gab es, man musste auf einen Arcade-Modus verzichten. Selbst der Story-Modus wurde erst später nachgereicht. Da zudem der Online-Modus in der Anfangsphase von Abbrüchen und unsauberen Verbindungen geplagt wurde, hielt sich die Euphorie auch bei uns in Grenzen – am Ende stand ein "Gut" mit 77% (zum Test). Auch weil die Kämpferriege nur im Rahmen des Season Passes oder gegen mühsamen Zeitaufwand und dadurch erworbenes Kampfgeld (Fight Money) erweitert werden konnte. Zwei zusätzliche Charakter-Packs mit jeweils sechs frischen Kämpfern wurden veröffentlicht und waren Ende 2016 auch Bestandteil der so genannten "2017 Deluxe Edition", die nur digital erhältlich war.

Die Arcade-Edition bietet den längst überfälligen Arcade-Modus, der versucht, die aktuelle Mechanik mit nostalgischen Erinnerungen zu verknüpfen.

Und sie gehören auch zur jetzt erschienenen Street Fighter 5 Arcade Edition, die sowohl im Einzelhandel als auch in den Digitalstores zu haben ist. Die hat allerdings auch noch mehr zu bieten – wobei alle mechanischen und inhaltlichen Änderungen abseits der Duellanten auch allen Besitzern der bislang veröffentlichten Version von Street Fighter 5 zur Verfügung stehen. Aber: Obwohl man auch als Früheinsteiger die neuen Spielmodi sowie die überarbeitete Benutzerführung oder die zweite Stufe der V-Attacken erhält, die mit der Arcade Edition Einzug halten, wird das Ur-Street-Fighter-5 inhaltlich nicht automatisch auf den gleichen Stand gebracht. Die beiden Staffeln an neuen Download-Kämpfern z.B. sind nicht Bestandteil des Updates. Hier gilt weiterhin, dass man sie mit Kampfgeld oder für Echtgeld, sprich: als Season Pass freischalten muss. Und um die Verwirrung komplett zu machen, wird digital zusätzlich eine Deluxe-Edition angeboten, in der auch die noch erscheinenden Kämpfer aus Staffel 3 enthalten sind.

Rundumschlag

An der Kampfmechanik sowie der Kulisse gab es schon zur Urveröffentlichung von Street Fighter 5 vor fast zwei Jahren kaum etwas zu beanstanden.

Dass sich Street Fighter 5 auch etwas zwei Jahre nach Erstveröffentlichung einer hohen Beliebtheit erfreut, ist auch der von Beginn an über nahezu jeden Zweifel erhabenen Steuerung, der akkuraten Kollisionsabfrage sowie dem gelungen Zusammenspiel der verschiedenen Angriffs- sowie Verteidigungsmöglichkeiten zuzuschreiben. EX-Angriffe, die V-Trigger (von denen es mit der Arcade-Edition neue Varianten gibt), die "normalen" Spezialattacken und Standardschläge: All das funktioniert in Kombination so gut wie eh und je und wurde durch Anpassungen der Balance seit der Veröffentlichung verfeinert,  weswegen ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen werde, sondern die neuen Inhalte in den Mittelpunkt stellen möchte. Denn die haben es in sich und heben Street Fighter 5 für Solisten auf eine Stufe mit der Konkurrenz aus dem Hause Bandai Namco bzw. Netherrealm. Bei den neu integrierten Arcade-Gefechte fehlt zwar eine moderne Inszenierung, wie sie z.B. Injustice 2 bietet. Das jedoch wird durch einen gehörigen Schuss Nostalgie ausgeglichen. Denn es stehen hier satte sechs Gefechtreihen zur Verfügung, von denen fünf auf älteren Serienablegern von Street Fighter über Street Fighter Alpha bis hin zu Street Fighter 4 beruhen – der sechste ist auf den aktuellen Ableger fokussiert. Bei einigen Episoden hat man sich zwar kreative Freiheiten gegönnt und z.B. die Anzahl der Kämpfe in Street Fighter 1 von zehn auf vier reduziert, während man die Gegnerauswahl an die vorhandenen Kämpfer angepasst hat, wie u.a. der Wechsel von Mike (im Original ein Boxer) zu Balrog zeigt. Doch im Wesentlichen bemüht man sich, mit der vorhandenen Charakter-Auswahl so nah wie möglich an die Originale zu kommen. Und  man hat in einigen Teilen sogar ähnliche Minispiele wie das Zerstören von Fässern integriert. Als Belohnung warten hier nach dem Finale Artworks, die man in der ebenfalls neuen Galerie aufrufen darf.

Präsentation und Menüführung wurden ebenfalls überarbeitet. Die Download-Figuren der Staffeln 1 und 2 sind in der Kaufversion der Arcade-Edition bereits integriert. Besitzer der bisherigen Version von Street Fighter 5 können ein Inhaltsupdate herunterladen, das u.a. den Arcade-Modus hinzufügt, die DLC-Charaktere aber nicht beinhaltet.

Schade ist allerdings, dass man hinsichtlich der visuellen Umsetzung komplett auf Retro-Ansätze verzichtet. Nichts gegen die aktuelle Engine, die mit feinen Animationen und schicken Effekten überzeugt. Doch mit an dieser Stelle pixeligeren Figuren bei den Teilen 1 bis 3 hätte man der Stimmung ein I-Tüpfelchen verpassen können. Dennoch hat man nicht nur hier für Solisten gewaltig nachgelegt. Im "Extra-Battle-Modus" warten zeitlich begrenzte Herausforderungen, die nicht nur extrem fordern, sondern für die man auch sein Kampfgeld einsetzen muss, aber als Belohnung u.a. mit besonderen Titel oder Outfits locken. Bei den Trainings-Missionen und –Herausforderungen wurde seit der Veröffentlichung ebenfalls aufgestockt. Und ganz allgemein sorgen die Überarbeitungen und Anpassungen bei der Benutzerfläche für einen aufgeräumten Eindruck. Alles ist übersichtlich angeordnet sowie leicht zu erreichen. Und der Online-Modus? Der hat nach zwei Jahren Dauerbetrieb natürlich im Vergleich zur unrunden Erstveröffentlichung auch an Qualität zugelegt. Verbindungsabbrüche? Fehlanzeige! Und mittlerweile muss man auch nicht mehr lange warten, um einen adäquaten Gegner zu finden – nicht einmal für zwanglose "Freundschaftsmatches", die keinen Einfluss auf die Rangliste haben.

Fazit

Capcom hat in den letzten zwei Jahren kontinuierlich Inhalte für das zum Start zwar mechanisch überzeugende, aber ansonsten weitgehend blutleere Street Fighter 5 nachgeliefert. Allerdings handelte es sich dabei neben dem ein paar kurzweilige Stunden dauernden Story-Modus hauptsächlich um neue Kämpfer. Doch jetzt, mit der Arcade Edition, ist der Prügler endlich auch für Solisten so interessant wie z.B. Injustice 2 oder Tekken 7. Hinsichtlich der reinen Kampfmechanik war Street Fighter 5 schon zur ursprünglichen Premiere über nahezu jeden Zweifel erhaben. Die Kulisse zeigt sich ebenfalls wie gehabt von ihrer Schokoladenseite. Doch mit den erweiterten Herausforderungen, dem Story-Modus (der allerdings schon etwa ein halbes Jahr nach Ur-Release eingebaut wurde), mittlerweile fast 30 Kämpfern und vor allem dem längst überfälligen Arcade-Modus werden die Mosaiksteine nachgeliefert, die aus einem überaus gelungenen Prügler mit Mehrspieler-Fokus ein Beat-em-up machen, das auch für Gelegenheits- und Spaßspieler interessant ist. Ebenfalls schön: Die bisherigen Käufer erhalten die inhaltlichen Erweiterungen kostenlos per Update. Weniger schön: Die Figuren der ersten und zweiten Download-Staffel bleiben für diese gesperrt bzw. müssen weiterhin wie bisher erworben oder freigeschaltet werden. Dennoch ist das Gesamtpaket Street Fighter 5 in dieser Form endlich uneingeschränkt konkurrenzfähig.

Pro

fast 30 größtenteils ausgewogene Kämpfer
makellose Kampfmechanik
saubere Kollisionsabfrage
Arcade-Modus, der sich an den klassischen Serienablegern orientiert
Fightstick-Unterstützung (auch PS3-Hardware)
lagfreie Online-Kämpfe
ansehnliche Kulisse
plattformübergreifende Duelle zwischen PS4- und PC-Spielern möglich
inhaltliches Update kostenlos für Besitzer bisheriger Versionen
umfangreiche Trainingsmöglichkeiten, inkl. Herausforderungen
überarbeitete Benutzeroberfläche

Kontra

keine Turniere, keine Ligen (weder on
noch offline)
magere Story-Schnippsel der Einzelcharaktere
nicht alle Multiplattform-Fightsticks kompatibel
Kämpfer aus Season 1 und 2 nur in der Arcade Edition kostenlos integriert, nicht für Besitzer bisheriger Versionen

Wertung

PlayStation4

Als "Arcade Edition" ist Street Fighter 5 endlich der inhaltlich vollwertige Prügler, den man sich zum Start vor fast zwei Jahren gewünscht hat.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Season Pass für neue Figuren (nicht über Spielzeit freischaltbar)
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
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