Gal Gun 219.04.2018, Mathias Oertel
Gal Gun 2

Im Test: Dämonenjagd mit Pheromonkanone

Obwohl Gal Gun: Double Peace bei seiner Veröffentlichung im Jahr 2016 mit seiner 50-Prozent-Wertung wahrlich keine Bäume ausreißen konnte, hat sich Entwickler Inti Creates an eine Fortsetzung gemacht. Wir haben uns erneut die Pheromon-Kanone geschnappt und versucht, der vollkommen auf Fan-Service setzenden Ballerei Spaß abzugewinnen – mehr dazu im Test.

Nur noch Mittel zum Zweck

Im Gegensatz zum Vorgänger weist Gal Gun 2 (ab 50,01€ bei kaufen) kein USK-Siegel auf1 und ist daher nur im Ausland erhältlich. Der Grund dafür ist allerdings nicht in einer übermäßigen Gewaltdarstellung zu finden, sondern liegt eher in der Schlüpfrigkeit der Geschichte sowie der Sexualisierung der Highschool-Schülerinnen, die in japanischer Animespiele-Tradition eher jünger als ihrem echten Alter entsprechend dargestellt werden. Doch obwohl ich abgefahrenen (zumeist fernöstlichen) Spielkonzepten nicht abgeneigt bin und auch dem Vorgänger mit all seinen verpassten Railshooter-Chancen die eine oder andere Facette abgewinnen konnte, werde ich mit Gal Gun 2 nicht warm.

Mechanisch unterscheidet sich Gal Gun 2 gar nicht so sehr von seinem Vorgänger. Doch das deutlich veränderte Story-Fundament macht hier aus dem vermeintlichen Helden einen Schmierlappen, der Highschool-Mädchen jagt.
Dabei sind die Voraussetzungen gar nicht schlecht: Basierend auf dem Konzept des Vorgängers ist man wieder einmal damit beschäftigt, mit seiner Pheromon-Knarre die auf einen zustürzenden Schulmädchen zu betören, bis sie jauchzend vor einem niedersinken und sich auflösen. Doch was in Gal Gun: Double Peace erzählerisch noch einigermaßen plausibel begründet und in eine durchaus ansprechende Geschichte rund ums Erwachsenwerden eingebettet war, ist hier reiner Selbstzweck. Denn nicht nur, dass man hier der einzige männliche Schüler der High School zu sein scheint. Auch die hanebüchene Ausgangslage, nach der die Mädchen und Lehrerinnen von Dämonen besessen sind, die man mit seiner endlosmunitionierten Knarre austreibt, ist extrem konstruiert und wirkt schrecklich bemüht.

Verschenkte Chancen

Die mitteilungsbedürftigen Figuren sind passabel getroffen, driften aber sehr schnell in unnötige Klischees ab.
Dabei begegnet man sogar einigen interessanten Figuren wie z.B. dem Nachbarsmädchen, das  ihr Zimmer nur verlässt, wenn es nötig ist und die sich als Geek, Nerd und Spielefan sondergleichen präsentiert. Wenn sie sich darüber beschwert, dass die Hersteller sich zu sehr auf nichtssagende Multiplayer-Spiele konzentrieren, anstatt anständige Solo-Abenteuer zu kreieren, spricht sie mir aus der Seele. Andererseits hätte eine derartige Vernunft auch zu Inti Creates sprechen sollen. Denn der Großteil der mitteilungsbedürftigen Figuren, ist derart klischeehaft dargestellt, dass man selbst als Fan von Nippon-Spielen die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Und wenn man der Spielfigur schon eine AR-Brille überstülpt, mit deren Hilfe man die Dämonen sieht, frage ich mich, wieso man Gal Gun 2 nicht optional hinter der PSVR-Brille spielen kann.

Nicht, dass das Spiel dadurch insgesamt besser geworden wäre. Doch die zusätzliche räumliche Dimension hätte zumindest die Chance gehabt, einige der auftretenden Mankos zu kaschieren. Denn im Gegensatz zu dem Railshooter des Vorgängers mit seiner vorgegebenen Bewegung ist man hier bei den jeweils gut zehn bis 15 Minuten dauernden Missionen damit beschäftigt, auf einer statischen Position die auf aus allen Richtungen angreifenden Mädchen-Wellen unter Beschuss zu nehmen. Trifft man den durch einen Schriftzug erkennbaren "Hotspot", lässt sie sofort von ihrem Angriff ab. Doch eine Hand voll "normale" Treffer räumt sie ebenfalls aus dem Weg. Ab und zu muss man erst Schutzschild produzierende Mini-Dämonen treffen und sie danach idealerweise mit dem an der Knarre angebrachten Dämonenstaubsauger aus der Welt schaffen.  Ist die letzte seufzend, jauchzend oder lasziv stöhnend aus dem Weg geräumt, kann man sich zu einer anderen vorgegebenen Position teleportieren, wo die nächsten Wellen warten.

Immer und immer wieder

Bei den optionalen Rendezvous darf man die jungen Frauen zur Hauptrolle einer Fantasie machen, in der man sie nicht nur von Dämonen, sondern auch ihrer Oberbekleidung befreit.
Auch andere Missionstypen, bei denen man u.a. "unschuldige" Mädchen vor heranrauschenden Mini-Dämonen schützen oder für andere Mädels Gegenstände finden muss, setzen unter dem Strich nur auf das Wellenprinzip oder lassen sich schließlich darauf zurückfallen. Und das wird schon nach kurzer Zeit fade. Apropos fade: Ein Beigeschmack bleibt auch hinsichtlich der Hauptfigur zurück. Zwar wird durch die Dämonenbedrohung suggeriert, dass man der Retter bzw. der Held ist. Doch andererseits teleportiert man sich mitunter an Positionen, an denen man sich eher wie ein Schmierlappen vorkommt. Man geht in die Mädchendusche, findet sich an Laternenmasten wieder und legt sich auch schon mal unter eine Bank, um die nichts ahnenden Schülerinnen mit dem Pheromon-Blaster zu attackieren – ein Schelm, wer dies öbszon interpretiert. Natürlich ist Gal Gun 2 mit seinen stets wippenden Brüsten, den mitunter versteckten, dann wieder ganz offenen sexuellen Anspielungen sowie dem Figurendesign im Allgemeinen das Paradebeispiel für einen bestimmten Bereich des „Fan-Service“. Dies wird auch bei den Dates deutlich, die man mit einigen der Schülerinnen unternimmt, nachdem man ihre Telefonnummer als Belohnung für eine erledigte (Neben-)Mission bekommen hat.

Als scheinbar einziges männliches Wesen in der Highschool lauert man den von Dämonen besessenen Schülerinnen auch in der Dusche auf.
Zuerst macht man sie sich mit Süßigkeiten gefügig – diese werden ebenfalls als Belohnung ausgeschüttet. Hat man sich darüber erst einmal ihre Sympathie gesichert, kann man nicht nur die Location wechseln, sondern die Holde auch in ein anderes Kostüm oder einen Badeanzug stecken. Man kann ihr Posen zuweisen und sie schließlich sogar zur Hauptfigur einer Fantasie machen – eine Rolle, die alle nur zu gern und ohne Reflektion oder Widerspruch ausfüllen. Hier räkelt sich das Gegenüber in einer mehr oder weniger lasziven, aber stets wechselnden Position, während der Spieler die Kamera um sie kreisen lässt und versucht, Zonen zu finden, um sie mit dem Blaster zu beschießen. Dies wiederum sorgt dafür, dass Dämonen aus ihr herauskommen, die man wie in den übrigen Missionen attackieren oder aufsaugen darf. Der Clou: Befreit man innerhalb des meist großzügigen Zeitlimits genug Dämonen, werden besondere Stellen aktiviert und eines neues, recht knappes Limit gesetzt. Innerhalb dessen muss man erneut alle Dämonen freisetzen, so dass das Date mit dem letzten auch ihre Kleidung abstreift und in Unterwäsche vor einem sitzt. Wenn das alles auch nur in irgendeiner Form erotisch oder sexy wäre, könnte ich den Sinn dieses banalen Minispiels noch verstehen. Doch die Art und Weise, wie Gal Gun 2 Sexualität mit dem Anime-Design in Verbindung zu bringen versucht, ist nicht einmal peinlich oder regt zum Fremdschämen an. Es ist einfach nur schlechtes Spieldesign und ein billiger Versuch, sich über vermeintlich sexy Figuren zu profilieren.

Fazit

Trotz mechanischer Schwächen konnte ich dem Vorgänger den einen oder anderen positiven Aspekt abgewinnen – vor allem hinsichtlich der Geschichte, die zwar vor Klischees triefte, aber mit ihrem Blick aufs Erwachsenwerden auch einen gewissen Charme hatte. Doch genau in diesem Bereich trifft Gal Gun 2 nicht mehr ins Ziel. Nicht nur, dass die Story, in der man von Dämonen besessene Schulmädchen bekämpft, mit haufenweise Klischees und Stereotypen gefüllt ist. Man fühlt sich häufig eher wie ein schmutziger Schmierlappen denn als strahlender Held, wenn man unter Bänken oder auf Laternenmasten wartet und von dort die nichts ahnenden Schülerinnen attackiert oder ihnen in der Dusche auflauert. Auch bei den Rendezvous fühlt man sich zu häufig als Aggressor, dem die durch Süßwaren gefügig gemachten Mädels uneingeschränkt hörig sind. Hier wäre etwas mehr Demut angesagt. Zudem wird das Konzept mit seinen dauernden Angriffswellen, die man von seinen wechselnden Stationen abarbeitet, sehr schnell redundant. Man versucht zwar, mit abweichenden Missionstypen für Abwechslung zu sorgen. Doch da diese sich ebenfalls sehr schnell auf die Wellenangriffe zurückfallen lassen, wird man Gal Gun 2 trotz einer prinzipiell sauberen Kulisse sowie einer direkten Steuerung schnell überdrüssig. Und dass man trotz des erzählerischen Fundaments mit der Einbindung einer VR- bzw. AR-Brille das Spiel nicht ebenfalls in VR erleben kann, ist eine frevelhafte Nachlässigkeit.

Pro

man trifft ein paar interessante Figuren
saubere, direkte Steuerung
saubere, aber unspektakuläre Kulisse

Kontra

schwache Geschichte
äußerst redundantes Missionsdesign
komplett unsexy/unerotisch
mechanisch eintönig

Wertung

PlayStation4

Uninspirierte Stationär-Ballerei auf Schulmädchen, die auf übertriebenen (wenngleich nur angedeuteten) Fanservice setzt, anstatt sich auf eine solide Mechanik zu verlassen.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.