Brettspiel-Test: Android: Netrunner (Sammelkartenspiel / Living Card Game)

von Jörg Luibl



Android: Netrunner (Brettspiel) von Heidelberger Spielverlag
Hacker-Tricks gegen Konzern-Barrieren
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Hacker oder Konzerne – wer hat im Cyberkrieg die Nase vorn?  In Android: Netrunner dreht sich alles um einen futuristischen Konflikt innerhalb eines weltweiten Netzwerks. Zwei Spieler kämpfen dabei mit sehr unterschiedlichen Mitteln gegeneinander. Warum die Kartentaktik von Richard Garfield (Magic: The Gathering) aus dem großen Angebot an „Living Card Games“ heraussticht, klärt der Test.

Man kann nie genug ICE haben

Android: Netrunner ist ein Kartenspiel für zwei Personen, das komplett auf Deutsch für knapp 30 Euro erschienen ist.
Android: Netrunner ist ein Kartenspiel für zwei Personen, das komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spielverlag für knapp 30 Euro erschienen ist. Es basiert thematisch auf der futuristischen Welt des konspirativen Brettspiels "Android" von 2008. Das Konzept stammt schon aus dem Jahr 1996, als Richard Garfield das Sammelkartenspiel "Netrunner" veröffentlichte.
Mist, ich bin viel zu angreifbar! Dabei führe ich den Megakonzern Haas-Bioroid an, habe schon drei Siegpunkte, noch dreizehn Credits und fünf ausgelagerte Systeme inklusive einiger Upgrades installiert. Meine Seite des Tisches ist jedenfalls reichlich mit offenen und verdeckten Karten bestückt – und genau das ist das Problem, diese verdammt breite Front. Selbst mein Ablage- und Nachziehstapel können theoretisch attackiert werden. Oder mach ich mir zu viel Sorgen? Nein, ich habe vor all diesen Systemen einfach zu wenig Schutzprogramme (Intrusion Countermeasures, kurz: ICE) ausliegen. Und gleich ist der hinterhältige Hacker am Zug…

…das Gute ist: Er weiß noch nicht, hinter welcher der drei verdeckten Systemkarten sich die wertvolle Agenda befindet. Und um ihn noch weiter zu verwirren, baue ich eine Falle auf: Ich entwickle ein Abwehrprogramm „Aggressiver Assistent“ so als wäre es eine Agenda – dazu lege ich Marker auf die verdeckte Karte. Aber anstatt dem Hacker Siegpunkte zu bringen, würde ich damit seine Programme zerstören. Die Frage ist nur, ob er in den Köder beißt! Um die Wichtigkeit des Systems zu unterstreichen, lege ich ein weiteres ICE davor aus und schau besonders besorgt darauf. Das müsste ihn doch neugierig machen! Diese kleinen Bluffs mit umgedrehten Karten können vor allem dem Konzernspieler helfen.

Auf die Plätze, fertig, run!

Neben der 35-seitigen Anleitung sowie knapp hundert Pappmarkern sind sieben Kartendecks enthalten: Vier Fraktionen für Konzerne, drei für Runner sowie neutrale Karten.
Neben der 35-seitigen Anleitung sowie knapp hundert Pappmarkern sind sieben Kartendecks enthalten: Vier Fraktionen für Konzerne, drei für Runner sowie neutrale Karten. Bald sind auch auf Deutsch Erweiterungen wie "Kontrolle und Schöpfung" (20 Euro) oder "Zweifel" (9 Euro) mit weiteren Karten erhältlich.
Ansonsten muss man sich die Abwehrtaktik wie eine mehrstufige Firewall vorstellen: Ich kann meine Systeme mit mehreren ICE schützen, die ich zunächst quer und verdeckt, also ungeladen, davor auslege – so viele, wie ich bezahlen kann. Sie reichen von kleinen Wächtern wie „Jäger“ bis hin zu mächtigen Barrieren wie „Heimdall“. Der Hacker muss an jedem einzeln vorbei kommen, indem er nach dem Aufdecken zum einen dieselbe Stärke erreicht und zum anderen die damit verbundenen Subroutinen umgeht oder deren Auswirkungen erträgt - das können Markierungen, Geldverluste oder Schäden sein. Je mehr und je stärkeres ICE ausliegt, desto schwieriger und teurer wird die Aktivierung für mich, aber der so genannte „Run“ auch für ihn. Also überlegt er sich meist gut, wo er wann angreift. Ich hoffe natürlich auf meine Fake-Agenda, die hinter drei ICE wartet!

Leider geht mein Plan so richtig schief. Der Hacker rennt nicht einfach blind los, sondern spielt das Ereignis „Infiltration“. Damit darf er eine meiner Karten enthüllen – er entscheidet sich natürlich für meine Falle, die damit überflüssig geworden ist. Während er breit grinst und viel Geld spart, schwant mir Böses, denn das war nur die erste von seinen vier verfügbaren Aktionen. Die zweite besteht darin, dass er mein schwach geschütztes Hauptquartier angreift – das eine ICE davor umgeht er mühelos und darf eine Karte aus meiner Hand ziehen. Was er zieht? Eine verdammte Agenda im Wert von drei Punkten – Mist! Wieso hab ich die nicht abgeworfen? Das Spiel simuliert die Angreifbarkeit eines Megakonzerns sehr gut, denn auch der Nachziehstapel, hier Forschung & Entwicklung genannt, und selbst Karten auf dem Ablagestapel, hier Archiv genannt, kann der Hacker attackieren. Und das bis zu viermal pro Zug!


Kommentare

danibua schrieb am
Jup der gesamte Genesis Zyklus sollte Montags in gut sortierten Läden erhältlich sein, ausserdem soll wohl im August noch die erste grosse Erweiterung "Kontrolle & Schöpfung" rauskommen - man darf gespannt sein :-)!
@ParadoX Naja das gesamte Grundspiel hatte sich ja schon sehr verschoben sollte ja eigentlich Ende 2012/Anfang 2013 rauskommen und kam im Endeffekt Ende Juni - angekündigt war eigentlich auch das Grundspiel samt Genesiszyklus zu bringen um die folgenden Erweiterungen zeitgleich mit den Amis rauszubringen - man ist hier halt stark von FFG abhängig und in welcher Reihenfolge die letztendlich im Druckwerk drucken lassen.
Wie dem auch sei, nachdem ich ziemlich lange auf die dt. Ausgabe gewartet habe freue ich mich natürlich nun um so mehr auf die ersten Datapacks - mal sehen ob ich mir die Packs kommende Woche organisieren kann - dauert ja immer ne zeitlang bis es das Zeug nach Österreich schafft!
Was die Erhältlichkeit der diversen Erweiterungen anbelangt kann ich dir Recht geben, da wird bei zahlreichen FFG/Heidelbergerspielen immer viel zu wenig gedruckt - das ist leider nicht nur bei den LCG`s der Fall.
=paradoX= schrieb am
danibua hat geschrieben:@Tipper
Du scheinst da ja überaus optimistisch zu sein, bei den Heidelbären können sich solche Veröffentlichungen ganz furchtbar in die länge ziehen!
Das ist bei FFG ähnlich, aber bei Netrunner halten sich die Verzögerungen überraschenderweise sehr in Grenzen. Das einzige, womit sie nicht klar kommen, ist das Nachdrucken der Erweiterungen, weil sie scheinbar immer noch nicht raffen, wie schnell die Teile aus den Regalen fliegen.
danibua schrieb am
@Tipper
Du scheinst da ja überaus optimistisch zu sein, bei den Heidelbären können sich solche Veröffentlichungen ganz furchtbar in die länge ziehen!
TipperWrex schrieb am
Es ist tatsächlich das beste Spiel, was ich je gespielt habe. Bin absolut süchtig danach.
Leider gibt es die kleinen Erweiterungen noch nicht auf Deutsch, die müssten allerdings in ein paar Tagen verfügbar sein.
schrieb am