Brettspiel-Test: StarCraft - Das Brettspiel (4X-Strategie)

von Jörg Luibl



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Die Qual der Wahl

Aber wer mit komplexen Strategiespielen auf dem Brett vertraut ist, kennt dieses Phänomen des zähen Einstiegs - wichtig ist, ob danach die motivierende Einsicht folgt? Und genau so ist es: Die Kontrapunkte betreffen also nur das erste Spiel; sie wiegen auf lange Sicht nicht all zu schwer. Hat man die Startschwierigkeiten und Verwirrungen hinter sich gebracht, entfaltet das Spiel seine taktischen Reize. Das beginnt schon bei der Wahl des Anführers. Wer sich für eine Fraktion entscheidet, übernimmt gleichzeitig die Rolle eines von sechs bekannten Anführern wie Jim Raynor, Tassadar oder den Overmind mit individuellen Siegbedingungen und Fähigkeiten: Zwar kommt der Held selbst nicht als Spielfigur auf das Brett, aber dafür sorgt er für entscheidende Boni für seine Armee, die auf der Übersichtskarte vermerkt sind.

Wer Aldaris von den Protoss spielt, zwingt seine Feinde z.B. dazu, 20 anstatt 15 Siegpunkte erobern zu müssen und darf Schilde im Kampf aktivieren. In der Rolle der Zergkönigin der Klingen gewinnt man bei der Besetzung dreier
Pro Spieler werden zwei Planeten platziert - in diesem Fall sechs für drei Spieler. Sie bilden die Galaxie und sind über Transportrouten verbunden.
Pro Spieler werden zwei Planeten platziert - in diesem Fall sechs für drei Spieler. Sie bilden die Galaxie und sind über Transportrouten verbunden.
Siegpunktegebiete und kann wesentlich schneller Aliens züchten - sie werden quasi im Rundentakt ausgeworfen. Und als menschlicher Arcturus reichen zwei komplett besetzte Planeten für den Sieg; außerdem darf man auf die mobile Basis sowie mehr Kartenauswahl zurückgreifen. Schon hier erkennt man: Die Rassen agieren mit ähnlichen Stärken wie im Computerspiel - Zerg wachsen schnell, Protoss verteidigen stark und Terraner sind vielseitig. Das ist also keine schnelle Lizenzumsetzung, sondern eine überaus durchdachte Spielmechanik, die auf optische und inhaltliche Wiedererkennungswerte setzt. Und sobald man sie verstanden hat, macht das richtig Laune.

Befehlstaktik in der Planungsphase

Auch die Platzierung der ersten Basis will gut überlegt sein: Denn je nach Planet gibt es eine andere Anhäufung der beiden Rohstoffe Gas und Kristall sowie mögliche Siegpunkte. Hier sollte man darauf achten, dass man gerade für die Anfangseinheiten genug Rohstoffe hat. Außerdem kann man die Himmelskörper beim Aufbau so legen, dass die Route zum Feind länger oder kürzer ausfällt - dieses auf den ersten Blick angenehme Distanzgefühl wird allerdings durch die Z-Achsen wieder relativiert: Das sind quasi Warpstraßen von einem Planeten zum anderen, die jeder Spieler setzen und über einen Transporter nutzen darf. So soll die dritte Dimension veranschaulicht werden. Und letztlich sorgt das auch dafür, dass man ohne große Routenplanung schneller beim Feind ist. Schon hier merkt man, dass das Spieldesign den schnellen Kampf forciert - es gibt eine kleine Zeit des Aufbaus und danach riecht man die Laser quasi schon. Tipp: Wer es gemütlicher mag und viel Zeit hat, legt einfach noch mehr Planeten aus! Vor allem im Spiel zu zweit kann man so sehr gut in die Mechanik reinschnuppern.

Im Zentrum der Spieltaktik stehen die Befehle der Planungsphase: Hier kann jede Fraktion verdeckt bis zu vier Anweisungen auf einen Planeten legen - das kann eine Bewegung, ein Bau oder eine Forschung sein. Da das nacheinander stattfindet, bilden sich auf manchen Planeten verdeckte Stapel mit Befehlen, die dann in der nächsten Phase von oben nach unten ausgeführt werden. Wenn sie besonders groß wurden, haben wir sie "Aggro-Stapel" genannt, denn das bedeutete, dass es auf diesem Planeten bald kracht.  Hier kann man über geschickte Platzierungen seine Gegner blockieren und Aktionen gezielt kontern: Wenn man sieht, dass die Zerg einen Befehl auf
Bevor sich etwas im Universum tut, legt jeder Spieler bis zu vier verdeckte Befehle, die dann nacheinander ausgeführt werden - so kann man geschickt taktieren und blockieren.
Bevor sich etwas im Universum tut, legt jeder Spieler bis zu vier verdeckte Befehle, die dann nacheinander ausgeführt werden - so kann man geschickt taktieren und blockieren.
den Planeten Braken legen, wo sie noch keine Basis haben, muss es sich also um eine erste Bewegung dorthin handeln! Oder ist es ein Fake? Jetzt könnt man natürlich selbst eine Eroberung dorthin starten, wenn man sein Plättchen auf das des Gegners legt. In dieser überaus spannenden Phase beobachtet jeder jeden und lauert auf seine Chancen.

Neubau oder technologische Verbesserung?

Hier liegt der größte Reiz des Spiels, denn man kann sich über die vorausschauende Befehlsplanung einige Vorteile verschaffen. Dazu gehört wie im Computervorbild auch die Art des Basisausbaus: Konzentriert man sich auf die maximal dreistufige Verbesserung bestehender oder den Bau von neuen Gebäuden, um z.B. auch Flugeinheiten ins Feld zu schicken? Bis zu drei Gebäude kann jede Fraktion errichten. Oder setzt man auf die Boni durch technologische Module? Hier haben die Zerg nur Platz für drei, während Terraner und Protoss fünf bauen können, um mehr Einheiten, Spezialbefehle oder Verteidigungsanlagen zu bekommen. Man kann also auf Masse oder Klasse, auf Vielfalt oder Spezialisierung setzen, um das Universum zu erobern. Gerade in späteren Partien zeigt sich, dass diese feinen Änderungen im Aufbau sehr effiziente Folgen haben können.

Die freie Wahl der Schwerpunkte bei der Entwicklung der Rasse gehört zu den motivierenden Aspekten des Spiels, obwohl der Technologiebaum letztlich ein bescheidener ist. Natürlich muss der Nachschub gesichert sein: Alles, was man baut oder erforscht, kostet eine bestimmte Menge an Kristall oder Gas. Man fördert die beiden Rohstoffe, indem man Arbeiter einfach auf eigene Gebiete mit entsprechendem Vorrat setzt (sie können sogar ausgebeutet werden)  - nach einer Runde kehren sie wieder in die Basis zurück. Schon zu Beginn kann man allerdings fleißig bauen, denn jede Rasse verfügt über einen Vorrat niemals versiegender Rohstoffe. Für meinen Geschmack ist das etwas zu viel, denn so baut man nach ein, zwei Runden schon fleißig Gebäude aus und Einheiten auf - hey, ein Zergling kostet nur ein Kristall!

Klasse statt Masse

Das Artdesign ist vom Feinsten: Die Entwickler wurden von Blizzard mit Grafiken und Material unterstützt.
Allerdings verhindert die sehr gute Spielbalance eine Überproduktion: Man kommt bald an seine Grenzen, denn ein Träger der Protoss schlägt schon mit drei Kristall und zwei Gas zu Buche. Und wer nicht aufpasst, verliert seine ertragreichen Gebiete vielleicht in der nächsten Runde an den Feind! Gerade mit vier Spielern entsteht eine spannende Raubritterdynamik, die das Kräfteverhältnis auf den Planeten schnell ändern kann. Und man bemerkt, dass es taktisch gar keinen Vorteil bringt, die Masse ins Gefecht zu schicken. Erstens darf man nur eine bestimmte Anzahl Einheiten auf die Gebiete der Planeten setzen (maximal vier) und zweitens ist im Gegensatz zu Einsteigerpartien von StarCraft am Computer das Rushen mit großen Armeen sehr viel schwerer. Alles markieren und rauf auf den Feind? Das bringt nix!

Im Gegenteil gilt auch auf dem Brett wie bei professionellen PC-Matches: Nicht wer schnell und viel baut gewinnt, sondern wer gezielt und clever baut bzw. forscht und reagiert. Das Glück beschränkt sich in diesem würfelfreien Spiel auf das Wesentliche und lässt sich erzwingen. Man hat z.B. nur dann Zugriff auf Verstärkungskarten in einem Kampf, wenn man diese vorher in den Stapel mischen durfte. Je häufiger man also forscht, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit der militärischen Unterstützung.

Kommentare

greenelve schrieb am
Wird nicht mehr hergestellt und dadurch die hohen Preise. Dabei soll das Spiel doch so gut sein.
..und elendig komplex. Eine Rezension liest sich in etwa "nach zwei Wochen Anleitung studieren, haben wir uns an das Tutorial gewagt"
SaperioN_ist_weg schrieb am
Stand 2018
500 Euronen für das Hauptbrettspiel und dann nochmal 350 EUR für die Broodwar Erweiterung mit sinnvollen Ergänzungen... was haben einige Leute geraucht ? :lol:
artmanphil schrieb am
Leider bekommt man die Expansion nciht unter 200 Euro :S
gracjanski schrieb am
ist gekauft, nächste Woche wird gespielt :D
Mindflare schrieb am
Beckikaze hat geschrieben: Zur Liste: Ich denke, ARKHAM HORROR sollte hier auch unbedingt hinein. Ebenfalls eines der besten Spiele, die FFG zu bieten hat und immer wieder geil ist.
Natürlich sollte man da irgendwann die Addons dazunehmen, damit der Schwierigkeitsgrad steigt.
Dennoch: ARKHAM HORROR ist mit DOOM eines meiner Lieblingsspiele.
Waas, das wird noch schwerer? ^^
Ich habe bisher angenommen, dass die Komplexität enorm steigt. Das Spiel hat ja generell eine sehr hohe Schwierigkeit.
schrieb am