Pandemie28.01.2011, Jörg Luibl
Pandemie

Special:

Dioxin - überall! Oder hat man es wieder im Griff? Wer hat in den letzten Wochen Eier gegessen? Oder Nudeln? Die Angst war ja selbst im Supermarkt spürbar, als plötzlich ganze Regalwände verschwanden und Leute mit Eiern (in der Hand) wie potenzielle Überträger umgangen wurden. Damit diese Seuchen nicht noch die ganze Welt entvölkern, müssen wir alle zusammen halten, clever forschen und global kooperieren - willkommen in Pandemie.

Kooperative Seuchenbekämpfung

Pandemie ist 2009 bei Pegasus erschienen und kostet 25 bis 30 Euro.
Ziel des Spiels ist es, Gegenmittel zu allen Epidemien zu erforschen: Hier kämpft man nicht gegen-, sondern miteinander. Bis zu fünf Spieler sitzen an einer vernetzten Weltkarte und schlüpfen für ein gutes Stündchen in die Rolle von Experten, während sich vier Seuchen in Form gelber, roter, blauer und schwarzer Holzsteine ausbreiten. Bevor man sich gemeinsam der Gefahr stellt, wählt man entweder den Wissenschaftler, die Forscherin, den Arzt, den Logistiker oder den Betriebsexperten - jeder kann ein bis zwei exklusive Spezialaktionen hinsichtlich seiner Bewegung oder dem Kartenzug ausführen, so dass Teamwork wichtig ist.

Denn was zu Beginn des schnell erledigten Spielaufbaus vielleicht noch harmlos aussieht (och, da ein bisschen gelbe Seuche in Kairo, da etwas schwarze Pest in Sydney - das kriegen wir schon hin!), mutiert mit der Zeit. Pandemie nutzt dabei ein sehr cleveres System der Eskalation: Jeder farbige Stein symbolisiert eine Seuche in einer der knapp fünfzig Städte. Zu Beginn liegen lediglich in neun Metropolen drei, zwei und ein Stein. Aber jedesmal, wenn man Karten vom Infektionsstapel zieht, werden weitere ausgelegt und die Angst am Tisch wächst.

Tödliche Kettenreaktion

Sobald in einer Stadt mit drei Steinen nochmal einer hinzu kommt, greift die Seuche über - auf alle benachbarten

Bis zu vier Spieler schlüpfen in die Rolle von Seuchenbekämpfern - in jeder Metropole kann eine von vier Seuchen wüten.
Städte! Istanbul ist z.B. mit Moskau, Mailand, Algier, Kairo, Bagdad und St. Petersburg über rote Linien verbunden. Und jetzt kann es sogar zu Kettenreaktionen kommen, wenn in einer dieser Städte ebenfalls schon eine Seuche dieser Farbe dreifach wütet.

Hier simuliert das Brettspiel das Übergreifen eines lokalen Erregers auf ganze Kontinente sehr gut, zumal jeder Kartenzug für Spannung sorgt: Oh nein, die schwarze Seuche wird doch nicht noch in Essen ausbrechen? Doch. Meist genau da, wo man sie nicht will...

Ein zweiter Mechanismus sorgt für Panik am Tisch: Die Infektionsrate. Sie bestimmt nämlich, wie viele Karten man vom Infektionsstapel ziehen muss - und sie kann bis auf vier steigen! Zu Beginn steht sie bei zwei, aber mit jeder Epidemie steigt sie an. Bis zu sechs Epidemiekarten kann man vor dem Spiel in den Zugstapel mischen und damit natürlich den Schwierigkeitsgrad anpassen; man startet das Einsteigerszenario mit vier dieser fiesen Zeitbomben. Die Welt ist verloren und das Spiel vorbei, wenn es keine Seuchensteine einer Farbe mehr gibt, wenn es zum achten Ausbruch kommt oder keine Spielerkarten mehr zur Verfügung stehen.

         

Teamwork gegen die Seuche

Blick in die Box: Fünf Holzfiguren und 96 Seuchenwürfel, knapp hundertdreißig Karten und sechs Marker.
Aber bisher haben wir nur von den Gefahren gesprochen: Es gibt ja auch Abwehrmaßnahmen!  Und hier beginnt das Spiel, denn alle Experten reisen mit ihren Figuren auf der Weltkarte umher, um die Seuche einzudämmen (nur der Logistiker darf alle Spielfiguren bewegen).

Dabei kann jeder vier einfache oder besondere Aktionen ausführen: Man kann per Auto z.B. eine Stadt weiter, per Direktflug zu einer Stadt, die man auf der Hand hat, oder per Charterflug an einen beliebigen Ort und schließlich per Zubringerflug von Labor zu Labor reisen. Man kann auch Labore errichten, um sich quasi ein taktisches Netz aus Teleportpunkten zu bauen. Das Ganze erinnert ein wenig an den Klassiker Scotland Yard, wo sich die Detektive in ihrer Route abstimmen müssen, um Mr. X zu fangen.

Wer macht was?

Allerdings hat der hier nicht ein, sondern bis zu vier Gesichter in zig Metropolen. Um dem Herr zu werden, kann man die Seuchen zunächst vor Ort eindämmen (einen Würfel entfernen; der Arzt darf sogar alle einer Farbe entfernen) oder später über ein Gegenmittel ganz ausrotten.

Fünf Experten stehen zur Wahl - oder man zieht zufällig eine Rolle.
Sobald man als Spieler fünf Karten derselben Seuchenfarbe besitzt (der Wissenschaftler braucht nur vier) und sich in einer Stadt mit Labor aufhält, darf man den globalen Antiseuchenmarker aufdecken. Damit ist es noch nicht getan: Ab jetzt sollten die Spieler sehr schnell alle Steine dieser Farbe entfernen, denn erst wenn der letzte beseitigt wurde, darf diese Seuche auch nicht mehr auftauchen - selbst wenn man eine Karte mit ihrer Farbe zieht!

In Pandemie entsteht also ein kooperativer Wettlauf gegen den Rhythmus der Seuche. Dabei steht nicht nur die Routenwahl, sondern auch der clevere Tausch der Spielerkarten im Zentrum - denn man zieht nicht so einfach fünf Karten derselben Farbe. Und man darf sie zwar offen auslegen, aber nicht einfach so untereinander tauschen; dafür gibt es z.B. die besondere Aktion "Wissen teilen". Und weil alles mehr oder weniger Aktionspunkte kostet, muss man sich gut überlegen, was man am besten macht. Immerhin gibt es auch fünf positive Ereignisse: Luftbrücke, Prognose oder ruhige Nacht gönnen den Spielern etwas Ruhe im Chaos der globalen Seuche.

Fazit

 Pandemie ist schnell, spannend und als kooperatives Brettspiel unheimlich dynamisch! Wenn die Infektionsrate steigt und die Seuche in einer Kettenreaktion von San Francisco bis Sao Paulo wütet, dann ist die Panik am Tisch fast greifbar: Schaffen wir es noch? Was ist, wenn gleich wieder Sao Paulo gezogen wird? Wer muss wo seine Fähigkeit einsetzen? Wie können wir am schnellsten ein Gegenmittel erforschen? Im Angesicht der Weltentvölkerung ist cleveres Handeln im Team erforderlich; das Ganze erinnert an ein hochgradig und im besten Sinne dramatisiertes Scotland Yard. Hier muss man auch kein komplexes Regelwerk wälzen wie in Arkham Horror oder hundert Aktionen auswendig lernen, um in einen rasanten Rhythmus zu kommen: Die Anleitung ist kurz und knackig, die Zugmöglichkeiten sind klar und prägnant - das macht es auch zum idealen Familienspiel! Für mich gehört Pandemie zu den besten kooperativen Brettspielen, die man derzeit kaufen kann.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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