Galaxy Trucker: Die GROßE Erweiterung28.07.2011, Jörg Luibl
Galaxy Trucker: Die GROßE Erweiterung

Special: Für Harcdore-Raumfahrer

Als die Kategorie der Brettspieltipps im März 2010 bei 4Players eingeführt wurde, haben wir mit Galaxy Trucker eines der innovativsten Abenteuer für Tischtaktiker vorgestellt. Der unheimlich spannende Wettlauf durchs All hat bereits 2007 international für Begeisterung gesorgt und wurde 2008 um dieses Zusatzpaket (im Englischen mit dem Untertiel "BIG") ergänzt, das die Spielmechanik verfeinert und den Nervenkitzel erhöht.

Erweiterung für Kenner

Galaxy Trucker
Galaxy Trucker "Die große Erweiterung" ist für knapp 30 Euro beim Heidelberger Spielverlag erschienen.
Der Fluch der Add-Ons war lange Zeit nur auf Bildschirmen zu spüren, aber er hat seit einigen Jahren auch die Tische der Nation erreicht – wie viele Erweiterungen zu „Die Siedler von Catan“ oder „Der Palast von Alhambra“ gibt es? Man verliert so schnell den Überblick...

Eigentlich wollte ich diese Zusatzboxen nicht in die Brettspieltipps aufnehmen, aber ab und zu gibt es Ergänzungen, die ein ohnehin sehr gutes Hauptspiel verfeinern. Und genau das macht "Galaxy Trucker - Die GROßE Erweiterung", hinter der sich mehr verbirgt als eine Aufstockung für fünf Spieler mit mehr Raumschiffplänen. Das ist drin in der Box: 42 Bauteile, sieben Raumschiffpläne, sechs Bonus-Flugkarten, 24 Karten "Üble Untaten", 25 Karten "Krasse Strecken", fünf Alien-Spezialisierungskarten, 24 Credits, zwölf Darlehensmarker, 14 Astronauten, sieben Aliens, zwei Raketen, sechs Energiesteine, acht Warensteine in vier Farben und ein witziges Regelheft.

Gleich vorweg: Diese Erweiterung ist nicht empfehlenswert für Einsteiger, die auch besser in diesem Bericht schmökern, wenn sie wissen wollen, wie dieses Spiel funktioniert und warum es so fasziniert. Wer sich beides kauft und einfach mischt, wird hoffnungslos überfordert und schnell schrottreif geschossen. Nur wer das gefährliche Weltraumabenteuer von Vlaada Chvatil bereits sehr gut kennt, wer die vorhandenen Routen meistert und sein Raumschiffdesign mit einem müden Lächeln ausklamüsert, sollte sich an die Gefahren dieser Hardcore-Variante wagen – sie bringt frischen, aber auch unheimlich strammen Wind ins Spiel, der selbst Veteranen umpusten kann.

Modulare Zusatzbox

es gibt interessante neue Bauteile für Raumfahrer.
Es gibt nicht nur interessante neue Bauteile wie Boosts oder Tiefschlafkammern für Raumfahrer...
Keine Angst, das ist kein Galaxy Soul's: Der Schwierigkeitsgrad lässt sich stückweise anpassen – und das ist eine große Stärke der Erweiterung. Es gibt also keine geschlossene Kampagne oder ein festes Sortiment, sondern ein Bündel von neuen Karten, Plänen und Teilen, die man Schritt für Schritt integrieren kann, aber nicht muss. Und dieser modulare Aufbau sorgt dafür, dass man sich sehr lange mit den frischen Möglichkeiten dieser Zusatzbox beschäftigen kann. Was einem zu schwer vorkommt, wird einfach ignoriert!

Was lässt sich in das Hauptspiel einfügen? Da wären zum einen 42 Bauteile, darunter viele neue mit teilweise gefährlichen Technologien, die die Qual der Wahl und das Risiko beim Raumschiffdesign erhöhen: Man kann mit Boosts z.B. gezieltseinen Antrieb, die Feuerkraft oder die Schilde verstärken. Das hört sich gut an, aber man muss nach der Benutzung das davon profitierende Bauteil abwerfen. Sprich: Wer eine Kanone bei einem Piratenkampf mit Energie aufmotzt, muss sie direkt danach verschrotten – nur das Boostmodul bleibt intakt; autsch! Auf der anderen Seite sorgt zusätzliche Power für mehr Sicherheit...

Zwitterbauteile & Tiefschlafkammern

...sondern auch eine neue Alienrasse mit fünf nützlichen Fähigkeiten.
...sondern auch eine neue Alienrasse mit fünf nützlichen Fähigkeiten.
Hinzu kommen weniger gefährliche, aber sehr nützliche Zwitterbauteile wie etwa gemischte Ladeflächen für Gefahrengut, Handelsware oder Batterien sowie eine Kanone, die gleichzeitig einen Antrieb hat. Wer sein Raumschiff gerne mit vielen Energie fressenden Teilen bestückt, profitiert evtl. auch von der neuen Reaktorbrennkammer: Sie kann mit Waren gefüttert werden, die Batterien aufladen – auch mit jenen, für die man nach einem Planetenbesuch keinen Platz hat. Das verführt dazu, beim Aufbau gezielt auf Batterieplätze zu verzichten.

Sehr nützlich sind zudem die Schlafkabinen für mehr Besatzung: Dort hortet man im Tiefschlaf vier Menschen und sie sind abgeschottet vor Seuchen oder anderen Gefahren geschützt. Man kann sie kurzfristig aufwecken, wenn man z.B. verlassene Stationen besucht. Hinzu kommen Luxuskabinen für zahlungskräftige Passagiere sowie ultimative Schutzplatten, die alles aus einer Richtung abwehren – selbst Kanonenbeschuss sowie große Meteoriten. Wer alle Bauteile in die vorhandenen mischt, wird beim Spielstart vor einem Berg an verdeckten Möglichkeiten stehen, während die Sanduhr rieselt. Da es gerade von den neuen Modulen nicht sehr viele gibt, werden Gier und Hektik beim Aufbau nochmal angestachelt.

Blaue Servicekräfte & zwei neue Schiffe

Vor allem die neuen Karten sorgen für fiese Situationen.
Vor allem die neuen Karten sorgen für fiese Situationen.

Sehr gut fügen sich auch die neuen blauen Aliens ein, die ihrem Kapitän mit einer von fünf Fähigkeiten helfen – allerdings kann man nur eine davon auf seinem Flug exklusiv nutzen: Sie können z.B. diplomatisch einwirken und das unterlegene Schiff in letzter Sekunde vor Piraten schützen, sie können die Batterieleistung steigern, Bauteile versichern, direkte wirtschaftliche Vorteile beim Verkauf von Waren bringen oder die anderen Aliens so motivieren, dass sich der Antrieb oder die Feuerkraft  um einen Punkt erhöht. Wenn man sein Raumschiffdesign mit diesen außerirdischen Gästen clever kombiniert, kann man Schwächen abfedern oder Vorteile weiter ausbauen.

Außerdem lässt sich der Nervenkitzel beim Raumschiffbau über zwei neue Schiffe steigern, aber da wird es extrem brenzlig: In der Klasse Ia geht das so weit, dass man mit seinem Pac Man-artigen Fluggerät theoretisch von allen Seiten getroffen werden kann – hinzu kommt, dass man nicht bei einem, sondern bis zu drei Würfelergebnissen pro Zeile und Spalte Schaden nimmt und kein Bauteil versichert ist. Aufgrund dieses selbstmörderischen Risikos bekommt man zwar einen Bonus von zwei Credits, wenn man den Flug überlebt. Aber auch das nur, wenn man es dafür in der Flugrichtung anders ausrichtet.

In Klasse IIa fliegt man quasi ein getrenntes Duo von zwei Schiffen auf einem Plan, wobei man Batterien, Schilde & Co auch nur für eine Hälfte einsetzen darf – lediglich die Feuerkraft und Mannschaft wird zusammen gezählt. Und wie bei Ia gilt, dass kein Bauteil versichert ist. Dafür gelten diese Zwillinge automatisch als schönste Schiffe in der Abrechnung, was ein paar Credits einbringen kann, wenn man die Tour überlebt. Bei unseren Versuchen erwiesen sich die neuen Schiffe als halsbrecherische Kamikazetransporter, die man nur als Handicap für Veteranen nutzen sollte, wenn Einsteiger mitspielen. Ansonsten haben wir den Belohnungseffekt bei deren Benutzung als Hausregel verdoppelt, damit sich das Risiko lohnt.

Karten: Übel und gefährlich

Eines der neuen Raumschiffe: Sehr beweglich, aber von allen Seiten verwundbar!
Eines der neuen Raumschiffe, Klasse Ia: Sehr beweglich, aber von allen Seiten verwundbar!

Denn für Gefahr im All sorgen vor allem die 55 neuen Karten, die man in die bekannten Stapel mischen kann: Egal ob „Üble Untaten“, „Krasse Strecken“ oder „Bonuskarten“ – alle drei neuen Sets haben es in sich und sollten behutsam eingesetzt werden. Bei der Karte „Antiversum“ können z.B. große Meteoriten auch von hinten heran jagen, beim „Totalausfall“ fallen alle Batterien, Ladeflächen und Kabinen in einer Spalte aus. Man kann mit anderen Ereignissen Meteoriten auf Mitspieler hetzen, noch bösere Sabotage verüben oder gezielt nachteilige Karten in den Stapel legen. Mit diesen "Üblen Untaten" kommt auch die neue Bedrouille hinzu, früh ein Darlehen aufnehmen zu müssen, wenn man nach Schicksalschlägen ohne Bargeld dasteht.

Schön ist, dass manche Karten auch Wett- und Bluffspiele nach sich ziehen: Da muss der Letzte eine Zahl von eins bis sechs festlegen und die Führenden raten diese – wer falsch tippt, muss die Differenz in Flugtagen zurück; fies! Natürlich gibt es auch hilfreiche Karten unter den neuen Ereignissen, aber es entsteht wesentlich mehr Ungewissheit, Dynamik und Gefahr als in den normalen Stapeln des Hauptspiels.

Ausblick

Jörg Luibl (44)  Ihr habt bereits so viel Spaß mit Galaxy Trucker, dass es nur noch um die Highscore geht? Ihr kennt alle Routen und sucht lebensgefährliche Herausforderungen? Dann lohnt sich diese Erweiterung! Sie sorgt für mehr Spannung, mehr Abwechslung und mehr Tragik schon in der Aufbauphase. Damit richtet sie sich an Hardcore-Raumfahrer, die ihr Schiff weiter perfektionieren und größeren Gefahren begegnen wollen. Schön ist nicht nur, dass man endlich mit bis zu fünf Freunden um die Wette düsen darf, sondern auch, dass alle neuen Inhalte von Karten über Begegnungen bis hin zu Schiffen oder Bauteilen modular und ganz nach Wunsch an das Hauptspiel angedockt werden – so kann man sich schrittweise an die brandgefährlichen Zusätze heran tasten! Damit garantiert die Box auch langfristig mehr Spielspaß, denn manchmal reicht schon ein neues Karten- oder Bauteilset, um den galaktischen Wettstreit zu bereichern.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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