Brettspiel-Test: Villen des Wahnsinns (Rollenspiel (Koop-Abenteuer))

von Jörg Luibl



Spielinfo Bilder  
Bewahrer gegen Ermittler

Das Horrorkabinett: Von einfachen Kultisten bis hin zu großen Monstern, die auf großen Basen stehen.
Das Horrorkabinett: Von einfachen Kultisten bis hin zu großen Monstern, die auf großen Basen stehen.
Zwei Parteien spielen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ein nicht lineares Abenteuer  – und das ist sehr reizvoll. Auf der einen Seite stehen die „guten“ Ermittler, die als Team antreten: Bis zu vier Männer und Frauen vom cleveren Professor bis zum schießwütigen Haudegen stellen sich in fünf Geschichten unterschiedlichen Mysterien.

Sehr schön ist, dass sie sich gemeinsam die einleitende Story (z.B. den Brief eines Verschollenen oder seltsame Tagebucheinträge, die ganz im Stile von H.P. Lovecraft's Geschichten eine spätere Nachforschung einleiten) durchlesen, die schon wertvolle Hinweise enthalten kann. Außerdem bauen sie den nackten Spielpan ohne Gegenstände auf, während der „böse“ Bewahrer seine Entscheidungen im Hintergrund trifft.

Und die haben es in sich: Denn auf der anderen Seite kann der Bewahrer im Vorfeld den kompletten Verlauf einer Geschichte ändern, indem er sich teilweise bis zu sechs (!) Mal für eine von zwei bis drei Varianten entscheidet. Was ist der Grund für den Wahnsinn von Walter Lynch? Wo wurde seine Frau bestattet? Was ist sein Lieblingsversteck?

Die Antworten darauf werden mit Markern festgelegt und  bestimmen nicht nur, wie der Plot ausfällt, sondern auch wo welche Gegenstände und vor allem Hinweiskarten versteckt werden – wer da einen Fehler macht, zerstört die Logik der Story. Denn die Ermittler sind auf die korrekten erzählerischen Tipps angewiesen, um das Mysterium zu lösen. Und spätestens hier erkennt man den Wiederspielwert: Fünf Geschichten hört sich nicht umfangreich an, aber man kann sie alle auf ganz andere Art, mit anderen Motiven, Morden und Monstern erleben.

Wettlauf gegen die Zeit

Unten erkennt man zwei Rätsel: Türschloss und elektrische Schaltung.
Unten erkennt man zwei Rätsel: Türschloss und elektrische Schaltung.
Das schnellst mögliche Auffinden der drei Hinweiskarten ist das große Ziel der Ermittler, die lange Zeit im Dunkeln tappen – erst wenn sie den letzten Hinweis finden, wissen sie ganz genau, wie sie das Spiel überhaupt gewinnen können.

Dabei dürfen sie nicht trödeln, denn der Bewahrer bekommt ähnlich wie in Descent - Die Reise ins Dunkel jede Runde eine Anzahl von Drohmarkern, mit denen er Monster beschwören, Unglück verursachen und Wahnsinn verbreiten kann; von plötzlicher Dunkelheit bis hin zur kompletten Übernahme eines Ermittlers. Aber wo sind sie bloß?

Die Helden bekommen in der Vorgeschichte sowie den Hinweisen selbst kleine  Andeutungen auf den jeweiligen Aufenthaltsort. In ihren Zügen (Bewegungsphase, Aktionsphase) untersuchen sie dann das verwinkelte Gebäude, in dem sie Gegenstände finden, Rätsel lösen, Würfelproben bestehen und Monster bekämpfen müssen.

Zur Spannung trägt bei, dass sich jeder Ermittler für eine Aktion pro Zug entscheiden muss - Laufen, Durchsuchen, Angreifen, Fähigkeit einsetzen oder Gegenstand fallen lassen? Sehr interessant ist auch die Interaktion mit dem Interieur: Ab und zu kann man die Umgebung nutzen, um sich in Kisten zu verstecken, eine Tür zu blockieren
Die sehr gute Anleitung erklärt die Rätselmechanik.
Die sehr gute Anleitung erklärt die Rätselmechanik.
oder eine Abkürzung über Geheimgänge zu wählen. Das ist taktisch nützlich, wenn der Bewahrer plötzlich mehrere Monster an einem Altar beschwört, die alleine bei ihrem Anblick an der geistigen Stabilität nagen.

Bevor man etwas Nützliches findet, gilt es allerdings Türen zu öffnen – die meisten davon sind verschlossen. Die Neugier auf den Raum dahinter wird von den verdeckten Kartenstapeln geschürt, die dort liegen. Manchmal muss man in einem anderen Raum einfach einen Schlüssel oder Schalter finden, manchmal muss man aber auch Fallen bewältigen oder kleine Rätsel lösen, um sich Zugang zu einem bestimmten Zimmer oder einer Truhe zu verschaffen. Und das wird in Villen des Wahnsinns über aktives Knobeln mit modularen Plättchen sehr gut gelöst: Mal soll man einen Stromkreislauf herstellen, mal Runen, Gemäldeteile oder Zeichen so ordnen, dass sie passen. Je nach Intelligenz und Spezialfähigkeiten des gewählten Charakters hat man dabei mehr oder weniger Züge für das Drehen, Tauschen oder Nachziehen der Teile zur Verfügung. Eine tolle Idee, denn hier kommt Adventure-Flair auf!

Kommentare

zmonx schrieb am
dx1 hat geschrieben: ?30.11.2012 17:52 ... und es fetzt einfach. Sagt man das heute noch? Fetzt? :mrgreen:
Nein. Das ist Vokabular aus dem Mittelalter :mrgreen:
dx1 schrieb am
Ja. Und die erste Edition wird, falls vorhanden, auch gleich mit eingebunden.
In der App kann man anhaken, was man besitzt und daraus leitet sie dann ab, welche Szenarien sie zur Auswahl stellen kann. Ich hatte letztes Jahr die Gelegenheit, diese Version zu spielen und in zwei Wochen steht das Spiel in einem Spiel-Urlaub (eine Woche, zwölf Leute, ein großes Haus) auch einmal auf dem Programm.
Ich werde mir die zweite Edition auch noch kaufen. Vielleicht zu Eeihnachten.
SpookyNooky schrieb am
Es ist wohl die zweite Edition von Villen des Wahnsinns erschienen, bei denen dem Spieleleiter mit einer App unter die Arme gegriffen wird, so dass dieser als Ermittler mitspielen kann. Seitdem liebäugele ich wieder mit diesem Spiel.
dx1 schrieb am
Beckikaze hat geschrieben:Viele Szenarien sind wohl nicht gerade dolle.
Statt nachzufragen, welche Szenarien das sein sollen, werfe ich lieber einmal "Geschmackssache" in den Raum und dazu noch einen Haufen "Spielerkreationen" und eine Prise "eigene Missionen". Aber das ganze Spiel ist wie jedes andere auch nicht für jeden spaßig. Ich habe viel Freude damit, Du nicht. Was soll's? :wink:
Gestern haben wir zum Beispiel "Diner Dash" (2x2-Karte) gespielt, dass ich bei BGG gefunden hatte. Es war oahßomm. ?http://boardgamegeek.com/thread/842770/ ... o-scenario
EDIT
Ach ja, hier geht's ja um Villen des Wahnsinns. Dieses Spiel besitze ich ja, wie bereits erwähnt, und ich muss sagen: Einige Szenarien sind dort wirklich nicht so dolle und ich bereue den Kauf. Aber ich werde es irgendwie mit Zombicide mischen oder einfach nur die Minis als Übungsobjekte fürs Bemalen nehmen. Und jetzt freue ich mich erst mal weiter auf meine Extraminis für Z. und auf Sedition Wars.
Beckikaze schrieb am
Zombicide wollte ich mir auch immer schon zulegen, allerdings haben mir die Reviews nicht zugesagt. Viele Szenarien sind wohl nicht gerade dolle. Da ich schon viele gute KOOP-Spiele habe, habe ich damit bisher gezögert. Zuerst kommt mir wohl Mice & Mystics auf den Plan.
schrieb am