Special: Die edle zweite Edition
Intrigen & Überraschungen
Sechs Herrscher legen verdeckt ihre Befehle. Ein paar Sekunden später gleicht die Karte zwischen der Mauer und Sunspear einem bunten Flickenteppich. Was haben sie vor? Wird sich das Haus Stark weiter nach Süden
Gleich wird aufgedeckt, geflucht und gekämpft. Und danach warten alle Spieler auf die nächsten Ereignisse, um vielleicht um die drei wichtigen Plätze der Macht zu bieten: Den Thron, die Valyrische Stahlklinge, den Botenraben. Nur wer dort an der Spitze steht, kann auf exklusive Rechte wie die Bestimmung eines Siegers bei Gleichständen (oh, was für ein herrliches Monopol!), die zusätzliche Stärke im Kampf oder den Austausch von bereits gelegten Befehlen zugreifen. All das dient nur einem Ziel: Nach zehn Runden die meisten Burgen und Festungen in Westeros zu besitzen.
Im Jahr 2003 erschien "Der Eiserne Thron" erstmals und wurde von zwei Erweiterungen ergänzt: „Die Thronkriege“ kam 2004 und „Der Sturm der Schwerter“ folgte 2006. Diese Spannung zwischen Bluffs, Einflusswechsel und Gefechten zeichnet die clevere strategische Unterhaltung aus. Bereits letztes Jahr habe ich dieses Brettspiel empfohlen, das entgegen aller Lizenzskepsis für sehr gute Qualität auf dem Tisch sorgte. Nicht zuletzt, weil es die machtpolitischen Fehden der literarischen Vorlage abbilden konnte – mehr dazu in der ausführlichen Besprechung. Hier geht es um die Frage, was die zweite Edition zu bieten hat, die acht Jahre nach dem Original und zwei Erweiterungen erschienen ist.
Das Auge kämpft mit
Schade ist, dass man bei den Spielsteinen nicht auf Miniaturen gesetzt hat: Es gibt lediglich grobe Figuren von Soldaten, Rittern und Booten anstatt detaillierte Plastikmodelle, die hervorragend zum Thema gepasst hätten. Immerhin hat man die 138 Kunststoffeinheiten in sechs Farben „marmoriert“ – so wirken sie etwas wertiger. Unterm Strich überzeugt die komplette Box mit den knapp dreihundert Markern, hundert Karten bis hin zur vorbildlichen Anleitung mit einer deutlich edleren Ausstattung. Zum Vergleich findet man die Bilder des Originals in dieser Galerie.
Verfeinertes Spieldesign
Wer das Original von 2003 besitzt, wird hier auf den ersten Blick keine grundsätzlich neue Spielmechanik entdecken, zumal es bei den fünf bekannten Befehlen Überfall, Marsch, Verteidigung, Unterstützung sowie Machtzuwachs bleibt.
Zum einen profitieren die Kämpfe von den Belagerungsmaschinen, die dem Angreifer mit ihren vier Punkten (ein Ritter hat zwei, ein Soldat einen) mehr Wucht verleihen – schön ist, dass sie in der Verteidigung keinen Wert haben; sie sind also verwundbar. Und wer die 24 neuen Schlachtenglück-Karten einsetzt, kann die Gefechte nochmal mit Spannung würzen, denn dann zieht jeder Spieler bei einem Gefecht einmal von diesem verdeckten Stapel – dabei hat der Besitzer der Stahlklinge noch den Vorteil des Austauschs. Jetzt werden die dort gelisteten Boni und Spezialfähigkeiten hinzu gerechnet; außerdem zwingt der Totenkopf sowohl Sieger als auch Verlierer dazu, eine Einheit umgehend zu vernichten. All das sorgt für mehr Verluste und Unberechenbarkeit in den Kämpfen.
Wildlinge, Häfen & Garnisonen
Neu sind zudem die Garnisonen, die die Heimatprovinz verstärken. Jedes Haus legt zu Spielbeginn einen Marker auf seine Hauptstadt, der einen Verteidigungswert besitzt und als verteidigende Einheit gilt – Lannisport verfügt z.B. über zwei Zusatzpunkte. Auch die Westeroskarten wurden aufgestockt: Gab es im Original lediglich elf, sind es mittlerweile fünfzehn Ereignistypen, die in drei Stapeln sortiert werden. Besonders interessant sind „Dunkle Schwingen, dunkle Worte“ oder „Lasst die Schwert sprechen“ , in denen ein Spieler entscheiden darf, was bei drei Möglichkeiten passiert.
Die neun Wildlingskarten sind ebenfalls eine Neuerung gegenüber dem Original: Sie geben der Bedrohung von jenseits der Mauer quasi ein Gesicht, indem sie z.B.
Das für maximal sechs Parteien ausgelegte Spiel kann man sehr schnell für drei, vier oder fünf Teilnehmer anpassen, indem man die verfügbaren Häuser gemäß der Anleitung begrenzt und die Karte über neutrale Mächte verkürzt. So kommt es auch zu dritt nicht zu einem langweiligen Vakuum. Noch eine Fußnote zur deutschen Version: Zum Glück hat man nicht so holterdipolter übersetzt wie der Blanvalet-Verlag die aktuellen Romane - man muss also kein "Casterly Stein" oder anderes Denglisch befürchten.
Ausblick
Schade, dass es keine Miniaturen gibt! Aber ansonsten gibt es nicht zu meckern: Der Eiserne Thron gehörte schon zu den besten Strategiespielen und wurde mit dieser zweiten Edition in vielen Bereichen verfeinert. Das Artdesign sorgt mit der malerischen Karte, den neuen Sichtschirmen sowie den edlen Karten für mehr mittelalterliches Flair und die Regelergänzungen bereichern die bisherige Spielmechanik. Lohnt sich der Kauf für Besitzer des Originals? Das kommt vielleicht darauf an, wie oft man um Westeros kämpft und ob man bereits Zusätze gekauft hat. Insbesondere wer das Spiel häufiger auf den Tisch bringt und die bisherigen Erweiterungen nicht kennt, wird diese zweite Edition zu schätzen wissen. Denn mit den Zusätzen fühlt sich das Spiel runder, spannender und etwas komplexer an, ohne überfrachtet zu sein.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
Weitere Brettspieltests im Archiv!
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.