Verfeinertes Spieldesign
Wer das Original von 2003 besitzt, wird hier auf den ersten Blick keine grundsätzlich neue Spielmechanik entdecken, zumal es bei den fünf bekannten Befehlen Überfall, Marsch, Verteidigung, Unterstützung sowie Machtzuwachs bleibt.
Es gibt zwar keine Miniaturen, aber marmorierte Spielfiguren für die sechs Häuser.
Allerdings beginnen hier die kleinen Änderungen, denn einige Spezialbefehle wurden leicht verändert – bei einem Überfall kann man z.B. erstmals auch einen feindlichen Verteidigungsmarker vernichten. Und auf den zweiten Blick machen sich die Ergänzungen positiv bemerkbar, die schon mit den Erweiterungen eingeführt wurden.
Zum einen profitieren die Kämpfe von den Belagerungsmaschinen, die dem Angreifer mit ihren vier Punkten (ein Ritter hat zwei, ein Soldat einen) mehr Wucht verleihen – schön ist, dass sie in der Verteidigung keinen Wert haben; sie sind also verwundbar. Und wer die 24 neuen Schlachtenglück-Karten einsetzt, kann die Gefechte nochmal mit Spannung würzen, denn dann zieht jeder Spieler bei einem Gefecht einmal von diesem verdeckten Stapel – dabei hat der Besitzer der Stahlklinge noch den Vorteil des Austauschs. Jetzt werden die dort gelisteten Boni und Spezialfähigkeiten hinzu gerechnet; außerdem zwingt der Totenkopf sowohl Sieger als auch Verlierer dazu, eine Einheit umgehend zu vernichten. All das sorgt für mehr Verluste und Unberechenbarkeit in den Kämpfen.
Wildlinge, Häfen & Garnisonen
Hinter den neuen Sichtschirmen kann man seine Befehlsmarker verbergen.
Auch geostrategisch gibt es mehr zu bedenken: Auf der Karte sind Häfen zu sehen, die der Spieler mit dem angrenzenden Land kontrolliert. Dort dürfen bis zu drei Schiffe ankern, die bei bestimmten Ereigniskarten für direkten Machtzuwachs sorgen. Außerdem fungieren die Häfen als maritime Enklaven, denn selbst wenn das umliegende Seegebiet vom Feind besetzt ist, darf man dort schwimmenden Nachschub rekrutieren – allerdings ist man nicht sicher vor einer Invasion, zumal man sofort alle Schiffe an den Feind verliert, wenn sein Heer das Land erobert.
Neu sind zudem die Garnisonen, die die Heimatprovinz verstärken. Jedes Haus legt zu Spielbeginn einen Marker auf seine Hauptstadt, der einen Verteidigungswert besitzt und als verteidigende Einheit gilt – Lannisport verfügt z.B. über zwei Zusatzpunkte. Auch die Westeroskarten wurden aufgestockt: Gab es im Original lediglich elf, sind es mittlerweile fünfzehn Ereignistypen, die in drei Stapeln sortiert werden. Besonders interessant sind „Dunkle Schwingen, dunkle Worte“ oder „Lasst die Schwert sprechen“ , in denen ein Spieler entscheiden darf, was bei drei Möglichkeiten passiert.
Die neun Wildlingskarten sind ebenfalls eine Neuerung gegenüber dem Original: Sie geben der Bedrohung von jenseits der Mauer quasi ein Gesicht, indem sie z.B.
Jedes Haus verfügt über sieben Machtkarten, die Kämpfe beeinflussen - im Original waren es fünf.
„Rasselhemds Rotte“ auftreten lassen, die alle Spieler gleichzeitig bedroht – danach müssen alle wie gehabt verdeckt zusammen bieten, um den Angriffswert der Horde mindestens zu erreichen. Auf diesen Karten ist genau vermerkt, was auf den Höchstbietenden als Belohnung oder das feige Haus mit dem geringsten Engagement als Strafe wartet.
Das für maximal sechs Parteien ausgelegte Spiel kann man sehr schnell für drei, vier oder fünf Teilnehmer anpassen, indem man die verfügbaren Häuser gemäß der Anleitung begrenzt und die Karte über neutrale Mächte verkürzt. So kommt es auch zu dritt nicht zu einem langweiligen Vakuum. Noch eine Fußnote zur deutschen Version: Zum Glück hat man nicht so holterdipolter übersetzt wie der Blanvalet-Verlag die aktuellen Romane - man muss also kein "Casterly Stein" oder anderes Denglisch befürchten.
Ausblick
Schade, dass es keine Miniaturen gibt! Aber ansonsten gibt es nicht zu meckern: Der Eiserne Thron gehörte schon zu den besten Strategiespielen und wurde mit dieser zweiten Edition in vielen Bereichen verfeinert. Das Artdesign sorgt mit der malerischen Karte, den neuen Sichtschirmen sowie den edlen Karten für mehr mittelalterliches Flair und die Regelergänzungen bereichern die bisherige Spielmechanik. Lohnt sich der Kauf für Besitzer des Originals? Das kommt vielleicht darauf an, wie oft man um Westeros kämpft und ob man bereits Zusätze gekauft hat. Insbesondere wer das Spiel häufiger auf den Tisch bringt und die bisherigen Erweiterungen nicht kennt, wird diese zweite Edition zu schätzen wissen. Denn mit den Zusätzen fühlt sich das Spiel runder, spannender und etwas komplexer an, ohne überfrachtet zu sein.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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