Die neuen Entdecker02.12.2011, Jörg Luibl
Die neuen Entdecker

Special: Edles Entdeckerspiel mit Seefahrerflair

Unerforschte Inseln, wilden Stürmen trotzende Schiffe und das weite Meer! Ich habe eine Schwäche für die Zeit der großen Seefahrer, als die Erde noch eine Terra incognita war. Nur wenige Spiele können diese maritime Neugier und das damit verbundene Entdeckerflair einfangen, um daraus eine taktische Herausforderung am Tisch zu zaubern. Eines davon hat Klaus Teuber entwickelt.

Das weite Meer

"Die neuen Entdecker" für zwei bis vier Spieler erschien 2001 bei Kosmsos und kostet knapp 35 Euro.
"Die neuen Entdecker" für zwei bis vier Spieler erschien 2001 bei Kosmsos und kostet knapp 35 Euro.
Das Auge isst mit – vor allem, wenn mit jedem Zug eine Inselwelt entsteht. Schon die große Faltkarte mit ihrem vergilbten Pergament, auf der oben eine riesige Seeschlange und in der Mitte die Zeichnung eines Dreimasters zu sehen ist, sorgt für Stimmung. Noch zeigt dieser edle Spielplan eine unentdeckte Welt. Erst wenn man Runde für Runde die kleinen Inselkarten auslegt, auf denen manchmal nur das Meer, manchmal nur Küsten oder ganze Wälder zu sehen sind, wächst ein karibisch anmutendes Archipel.

Und wie zur Zeit der Entdecker tummeln sich dort bis zu vier Nationen bzw. Farben: Ziel des Spiels ist es, am Ende die meisten Punkte über das Besetzen von Inseln und die Erforschung des Dschungels zu erreichen. Dabei wird weder gekämpft noch eine Flotte aufgebaut: Jeder Spieler hat nur ein Schiff zur Verfügung, das auch reihum von allen eingesetzt wird. Sobald man auf seiner Fahrt eine neue Insel entdeckt, ist sie also theoretisch für alle zugänglich. Erst wenn man dort einen Kundschafter, einen Stützpunkt oder gar eine Siedlung baut, markiert man seinen Herrschaftsanspruch.

Ein karibisches Archipel entsteht

Neben dem großen Spielplan sind 180 Kärtchen, 80 Holzfiguren, knapp 50 Plättchen und ein Würfel enthalten.
Neben dem großen Spielplan sind 180 Kärtchen, 80 Holzfiguren, knapp 50 Plättchen und ein Würfel enthalten.
Die Spannung entsteht dadurch, dass eine Insel, die auch zu einem Kontinent heranwachsen kann, erst dann ausgewertet wird, wenn sie komplett entdeckt ist und eine Landmasse bildet – dabei zählt jedes Stück Land auf einem Feld einen Punkt. Bis dahin kann der Herrschaftsanspruch ständig wechseln.

Und zwar immer dann, wenn der nächste Spieler eine unvollständige Insel mit dem Schiff z.B. weiter nördlich erkundet und dort etwas baut, das einen höheren Wert hat: Eine Siedlung übertrifft einen Stützpunkt, der wiederum wertvoller als ein Kundschafter ist. Aber jeder Bau kostet Gold und das Material ist begrenzt! Wo baut man z.B. seine einzige Siedlung? Das sollte gut überlegt sein, denn man bekommt sie erst nach einer Inselwertung zurück.

Sehr verlockend sind natürlich die zu Beginn weit entfernten, aber schon sichtbaren Inseln mit den lukrativen Boni: Da bekommt man auf zweien fünf oder auf einer gar zehn Punkte mehr, wenn man sie beherrscht! Nur diese Fixpunkte werden zu Beginn ausgelegt und sie wecken natürlich die Gier. Aber der Weg dorthin ist unbekannt, denn jeder Spieler muss vom Rand der Karte aus starten. Wer von der Seite in See stechen will, um schneller zu sein, muss Wegegeld zahlen. Und man navigiert auch aus dem Süden nicht frei, sondern zieht Karten, die man aufdecken und anlegen muss. Wenn sie nicht passen, hat man Pech gehabt! Es sei denn, man hat in weiser Voraussicht, mehr von ihnen gekauft.

Verdeckte und offene Seekarten

Der rote Spieler dominiert diese Insel - noch.
Der rote Spieler dominiert diese Insel mit seiner Siedlung- sie bringt am Ende noch fünf Bonuspunkte.
Dieses Inselkaufen im Vorfeld ist ein cleveres Planungselement: Jeder Spieler entscheidet, wie viele Karten er vor seiner Fahrt erwerben möchte. So kann er z.B. drei ziehen und eine erste Niete, die er vielleicht nicht anlegen kann, einfach ablegen, um die zweite zu spielen. Dabei kosten diese verdeckten Karten nur ein Gold. Hinter ihnen kann sich alles Mögliche verbergen – nur Wasserstraßen, große Landmassen mit ein, zwei oder drei Seerouten, eine schmale Küste oder hinter den Fragezeichen entweder böse Überraschungen wie Piraten und Stürme oder tolle Entdeckungen wie eine Schatzhöhle oder Ureinwohner, die man direkt als Kundschafter einsetzen darf.

Man will sich nicht auf das Glück verlassen? Dann kann man von einem offenen Stapel auch direkt die passende Karte ziehen – allerdings kostet eine davon satte vier Gold! Will man sich das leisten und kann man danach noch Gebäude bauen? Die Münzen dafür erhält man jede Runde automatisch, falls man weniger als vier Gold auf der Hand hat.

Dann wird auf einem Sechser gewürfelt und alle erhalten den Betrag, der angezeigt wird plus eins – nur der Würfler selbst bekommt den exakten Betrag. Man kann auch über Wegegeld etwas Gold bekommen, wenn man seinen Stützpunkt oder die Siedlung so baut, dass andere Spieler an ihnen vorbei segeln müssen.

Die Macht der Kundschafter

Das Spiel wird nicht nur über das clevere Erobern von Inseln entschieden – auch das Land, das durch sieben

Ein karibisches Archipel entsteht.
Ein karibisches Archipel ist entstanden und jetzt wird gewertet.
Dschungelpfade am rechten Rand symbolisiert wird, kann lukrative Boni bringen. Denn immer dann, wenn eine Insel vollständig ist und gewertet wird, darf man die auf ihr platzierten Kundschafter auf unerforschte Dschungelpfade schicken. An deren Ende verbergen sich neun Hütten, in denen zu Beginn verdeckt platzierte Pflanzen warten, die zwischen fünf und fünfzehn Punkten einbringen.

Zwei Dinge machen die Sache spannend: Zum einen heimst hier nur derjenige die Punkte ein, der am Ende des Spiels die meisten Kundschafter auf dem Pfad platziert hat – es kann sich also lohnen, viele kleine Inseln zu entdecken, um schneller Kundschafter aussenden zu können! Zum anderen darf man zwischendurch spicken, was sich in der Hütte verbirgt: Wer ein Feld mit Augensymbol erreicht, schnappt sich die Hütte und schaut rein! Danach weiß man, ob es sich lohnt, seine Leute weiter auf dem Pfad zu platzieren. Sobald die Inselwelt keine Geheimnisse mehr birgt, wird abgerechnet. Und das finale Plündern der Hütten kann die Machtreihenfolge am ende nochmal durcheinander wirbeln.

Ausblick

Jörg Luibl (44)Das ist einfach ein schönes Spiel, ideal für gemütliche Winterabende! Wir entdecken seine Reize jedes Jahr aufs Neue: Die große Seekarte sorgt für Stimmung, das Aufdecken der Inseln sorgt für Spannung, das Platzieren der Kundschafter an Küsten und im Dschungel garantiert genug taktischen Freiraum. Hinzu kommt  der modulare Aufbau, der mit jeder Spielsitzung neue Karibikwelten entstehen lässt. Klaus Teuber ist eine unheimlich motivierende Mischung aus Glück, Aufbau und Planung gelungen. Wer ein durchdachtes Entdeckerspiel mit Seefahrerflair für die ganze Familie sucht, sollte zuschlagen. Die anschaulichen Regeln und die sehr gute Anleitung runden einen zeitlosen Klassiker ab.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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