Dungeon Fighter04.05.2012, Jörg Luibl
Dungeon Fighter

Special: Lustige Monsterhatz für die ganze Familie

Die Würfel sind gefallen? Ha, wenn das so einfach wäre: In diesem witzigen Dungeon-Crawler kommt es darauf an, wie man sie wirft und ob sie dann überhaupt noch ihr Ziel erreichen! Statt bemühtem Pathos, endloser Statistiken und komplexer Kampftaktiken stellen die Italiener von Cranio Creations fingerfertige Unterhaltung mit ironischem Augenzwinkern in den Mittelpunkt ihres Abenteuers.

Drei Helden, ein Gejammer

Dungeon Fighter ist im März auf Deutsch erschienen, für bis zu sechs Spieler geeignet und kostet knapp 30 Euro.
Dungeon Fighter ist im März auf Deutsch erschienen, für bis zu sechs Spieler geeignet und kostet knapp 30 Euro.
Ein dämlich grinsender Muskelmann, ein versoffener Zwerg und eine zickige Lady jammern verzweifelt um die Wette: Oh je, wie soll das bloß gehen? Gleich sind wir wieder tot! Ob man es wieder nicht zur Kammer des Endgegners schafft? Und wer hat sich das fiese Würfeln bloß ausgedacht? Sollen wir den Schwierigkeitsgrad nicht besser senken? Die grotesk alberne Gruppe befindet sich gerade mal auf der ersten von drei Ebenen eines Dungeons und ist mal wieder ratlos. Ein erbärmlicher Haufen Brettspieler, denn die Angst grassiert im Angesicht einer Kreatur namens „Putziger Bär“ und hat satte zwei Lebenspunkte.

Aber das Furcht Einflößende steht unten auf der Karte des Monsters, denn jede Kreatur hat eine besondere Fähigkeit, die den Helden ein kleines, aber gemeines akrobatisches Handicap aufzwingt: Den modifizierten Wurf. In diesem Fall den so genannten „Armbrustschuss“. Das heißt, der Spieler muss den Würfel auf seinen Handrücken legen und ihn dann mit einem Finger auf die Zielscheibe schnipsen – ansonsten kann er dem Bären keinen Schaden zufügen. Wenn man nur noch ein Häufchen Elend an Leben und dazu hämisch grinsende Freunde besitzt (man ist zwar als Team unterwegs, aber irgendwie hat man das Gelächter der letzten Runde ja immer im Kopf), dann kommt man da schon mal ins Zittern…

Die monströse Dartscheibe

Da das aktive Würfeln mit vorherigem Auftitschen wichtig ist, empfiehlt sich Platz um die Zielscheibe herum.
Da das aktive Würfeln mit vorherigem Auftitschen wichtig ist, empfiehlt sich Platz um die Zielscheibe herum.
Wie, was, Zielscheibe? Gelächter? Richtig gehört: In der Mitte des Tisches befindet sich eine rotweiße, von sauber abgenagten  Knochen umrandete Zielscheibe. Wie beim Dart sind dort Zahlen abgebildet, die sich von außen nach innen erhöhen – der große Rand bringt einen, der kleine Fleck in der Mitte satte zehn Schadenspunkte. Nur wer mit seinem Würfel dort landet, brennt dem Bären auch eins über den Pelz. Falls man Glück hat und die sonnige Spezialseite des Würfels oben liegt, wird neben dem Schaden zusätzlich das Talent des Helden aktiviert – z.B. Heilung, Extraschaden oder Bonusgold. Etwas Taktik kommt ins Spiel, indem die Gruppe pro Runde drei farbige Würfel untereinander verteilt, die immer nur ein Talent aktivieren. Wer macht bloß was?

Falls man jedoch Pech hat und die Scheibe nicht trifft oder gegen eine Regel verstößt, muss man seinem Helden die Schadenspunkte auf dessen Charakterkarte abziehen – sind alle auf null, haben die Monster gewonnen. Und das passiert ähnlich wie in Dark Souls sehr häufig. Manchmal darf man auch ohne Handicap würfeln, dann gilt es lediglich zu beachten, dass der Würfel einmal auf dem Tisch aufkommt, bevor er die Scheibe erreicht. Hört sich sehr einfach an, aber selbst das birgt so seine Risiken, wenn man sich nicht konzentriert. Besonders fies: Es gibt vier Löcher und große Knochenbereiche, die beim Erreichen auch als Fehler gelten. Und natürlich gilt auch hier Murphys Gesetz.

Akrobatische Wurftechniken

Im Turm stecken Monsterkarten in drei Stufen: Je weiter man im Dungeon kommt, desto stärker werden sie.
Im Turm stecken Monsterkarten in drei Stufen: Je weiter man im Dungeon kommt, desto stärker werden sie.
Recht schnell entsteht am Tisch nicht nur eine angenehme Spannung vor dem Aufdecken der nächsten von über 50 Monsterkarte, die in drei Leveln natürlich immer fieser und stärker werden, von Skeletten über Werwölfe und Kopflose bis  hin zu Drachen. Die Karten sind witzig illustriert und das Absteigen in den Dungeon wird sehr schön durch den Pappturm symbolisiert, in dem sie in drei Packen untereinander geordnet stecken. Hinzu kommt einfach jede Menge Spaß angesichts der akrobatischen Verrenkungen, die man im Angesicht der Fieslinge auf sich nehmen muss. Es gibt über zwanzig Handicaps, die für witzige Situationen und fingerfertige Herausforderungen am Tisch sorgen.

Manchmal muss man nur ein, zwei Schritte weggehen, manchmal blind, sitzend oder mit der schwachen Hand werfen. Manchmal muss der Würfel zweimal aufkommen, irgendwo abprallen, gepustet, durch die Beine oder gedreht geworfen werden. Aber selbst der Rückwärtswurf, der Sprungwurf, der Kopf- und Nasenwurf sind noch nichts im Vergleich zu jenen olympischen Herausforderungen wie dem „Kartensprungschuss“: Der Würfel muss tatsächlich über eine quer liegende Karte hopsen! Oder der „Katapultschuss“: Man muss eine Karte über die Tischkante hinaus ragen lassen, sie an der einen Seite festhalten, auf der anderen den Würfel platzieren und ihn nach oben schleudern – Wahnsinn.

Klassische Rollenspielreize

Das Erdelemntar hat es in sich: Es verlangt den "Katapultschuss" - seeeeeeehr knifflig.
Das Erdelemntar hat es in sich: Es hat 13 Lebenspunkte und verlangt den "Katapultschuss" - seeeeeeehr knifflig.
Zugegeben sind gerade die letzten beiden Würfe nahezu gleichbedeutend mit einem kollektiven Heldensterben voller Flüche - aber man kann sie tatsächlich schaffen, wenn man drei  Jahre in einem gut beleuchteten Keller nichts anderes trainiert. Das Scheitern gehört allerdings zum Spielspaß dazu, denn in den ersten Anläufen haben wir nie die Kammer des Bosses erreicht, aber wurden trotzdem richtig gut unterhalten. Ähnlich wie bei Dark Souls macht Übung den Meister, zumal zwischendurch auch klassische Rollenspielreize bedient werden.

Man sammelt Gold und kann in den Shop-Bereichen des Dungeons an die 50 überzeichnete Waffen, Rüstungen und Gegenstände wie „Eau de Napalm“ oder „Kopfstecher“ kaufen, die das lustige Flair von Munchkin verströmen. Die Helden werden nicht über Level oder Werte entwickelt, aber sie  können drei Dinge tragen und sollte sie clever einsetzen: Denn mit ihnen kann man auch bei schweren Würfen noch etwas rausholen oder sich und die Gruppe wenigstens in den nächsten Raum retten. Schön ist auch, dass sich die neun Helden etwas unterschiedlich spielen, das sie immer nur drei von 16 möglichen Spezialfähigkeiten besitzen.

So kann Lady Mary ein Monster über Betörung auf ihre Seite ziehen, der Zauberer verwandelt Bestien in Kröten, der Elf markiert Feinde mit seinem Pfeil für Extraschaden, der Zwerg Brockenstock kann mit seinem Bierschutz jedem Schaden entkommen und der Dieb stibitzt selbst dann zwei Goldstücke, wenn sein Wurf nicht die Zielscheibe erreicht. Es

Helden, die zum Jammern geboren wurden - aber sie haben je drei Spezialtalente!
Helden, die zum Jammern geboren wurden - aber sie haben je drei Spezialtalente!
ist zwar schade, dass die drei Dungeonkarten selbst so mickrig ausgefallen sind, aber dafür baut man vor jedem Spiel quasi eine neue Kerkersituation.

Ausblick

Witzig, kreativ, fies! Wer abseits komplexer Regelwerke nach einem kurzweiligen Dungeon-Crawler für die ganze Familie sucht, wird hier fündig. Der ironische Fantasystil erinnert an Munchkin, die Frequenz des Scheiterns an Dark Souls und sehr schnell entsteht eine unterhaltsame Partystimmung zwischen Seufzern des Entsetzens sowie üblen Flüchen und grenzenlosem Jubel. Aber selbst die Niederlage gegen die Monster gehört einfach mit zum Spielspaß, der von kleinen Rollenspieltugenden, aber vor allem großer Fingerfertigkeit beim akrobatischen Würfeln lebt: Man muss mal blind, rückwärts, von der Nase aus oder pustend so würfeln, dass man die Zielscheibe erreicht. Und wer einmal einen „Kartensprungschuss“ gemeistert hat, der fühlt sich wirklich wie ein Held – auch wenn er Brockenstock heißt oder so dämlich aussieht wie Torm.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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