Taktische Würfelmodifizierung
Das Artdesign wirkt zwar recht fade, aber das Spielprinzip sorgt aufgrund seiner taktischen Vielfalt langfristig für Laune.
Pech! Oder: Arbeiter einsetzen, falls man welche hat. Denn auch für ihre Rekrutierung müsste man eine Aktion opfern, in der die Konkurrenz einem vielleicht das schöne gelbe Entwicklungsplättchen mit den finalen Bonuspunkten weg schnappt. Gerade in dieser Beschränkung auf zwei Aktionen angesichts der Vielfalt an Möglichkeiten, die jeder Runde auch der Konkurrenz zur Verfügung stehen, entsteht eine angenehme taktische Qual der Wahl. Man kann nicht nur direkt beim Bau zusätzliche Siegpunkte über Türme einsacken, mehr Arbeiter über Wohnhäuser einstellen, Silber über Banken oder Minen scheffeln oder gar Gratisgebäude über Rathäuser auslegen. Hinzu kommen permanente Auswirkungen, wenn man eine der 26 gelben Entwicklungen auslegt – z.B. ständig mehr Silber bei Warenverkäufen oder Gratis-Modifikationen des Würfels.
Dieses Spiel bietet unheimlich viele kleine und große Möglichkeiten des Punktgewinns: Wer die blauen Flüsse mit Schiffen besetzt, kann Handel treiben und nur wer das frühzeitig tut, sackt mehr Punkte ein. Nur wer genug Silber hat, kann eine zusätzliche dritte Aktion ausführen und sich ein Plättchen aus der schwarzen Mitte kaufen – sehr effizient! Hinzu kommt das eigene Territorium als Machtgrundlage: Jeder Spieler erhält einen Plan mit einem vorgegebenen Zufallsgebiet, das er erschließen kann. Dazu baut er Gebäude oder Schiffe auf den 37 bunten, mit einer Zahl versehenen Hexfeldern. Wer eine zusammen hängende Farbe komplett besetzt, bekommt umgehend Bonuspunkte – für ein drei Felder kleines Gebiet gerade mal sechs, bei fünf Feldern schon fünfzehn und für ein acht Felder großes Gebiet satte 36. Es lohnt sich auch, die sechs Farbzonen frühzeitig zu erschließen, denn auch der erste Komplettentdecker bekommt Boni. Sehr schön ist, dass man nicht sofort überall loslegen darf, sondern nur in Nachbarschaft bereits ausliegender Gebäude.
Ausblick
Manchmal wird man erst warm mit Brettspielen, wenn man ihnen eine zweite Chance gibt. So ging es mir mit Puerto Rico. Und so geht es mir mit Burgen von Burgund. Der Name suggerierte vielleicht etwas mehr Festungstaktik im Mittelalter, das Artdesign wirkte fade und der Funke wollte angesichts der vielen Mikroplättchen zunächst nicht überspringen. Aber wenn man das Regelwerk verinnerlicht und die Möglichkeiten erkannt hat, macht es richtig Laune! Ist man einmal drin, entsteht ein angenehmer Spielfluss, weil man ständig Punkte gewinnt und vorwärts kommt. Die Faszination steckt nicht nur in der Qual der Wahl, die man angesichts von zwei Aktionen bei zig expansiven Möglichkeiten pro Runde hat. Hinzu kommen das kreative, weil taktisch modifizierbare Würfeln sowie die territoriale Komponente, die über den Einzelbau von Gebäuden nochmal eine effiziente Zonenstrategie legt. Trotz dieser Vielfalt ist das Spiel kein komplexes Monster, so dass der Wettlauf der Fürsten auch in der Familie mit Kindern stattfinden kann. Übrigens auch zu zweit empfehlenswert!
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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