Zwei Spiele in einer Box
Bisher habe ich die für Einsteiger empfehlenswerte Variante "Klassisches Spiel" beschrieben, die etwas flotter und stringenter abläuft - hier können auch alle Völker miteinander handeln. Aber in der Box steckt noch eine zweite Anleitung für das "Standardspiel", das etwas mehr Abenteuerflair verströmt, aber auch etwas vertracktere Abläufe besitzt. Dort gibt es nicht nur eine andere Karte, nämlich die Rückseite, sondern einen komplett neuen Spielaufbau mit siebzehn (!) weiteren Materialien, mehr Gefahren und etwas anderen Regeln. Erst in dieser Variante kommen z.B. in
Diese aufrüstbaren Schiffstypen gibt es nur im "Klassischen Spiel". In der Version "Standardspiel" legt man stattdessen Armaturentafeln aus und kann Piloten aufwerten.
drei Stufen aufrüstbare Piloten mit unterschiedlichen Fähigkeiten sowie Herausforderungen und Aufträge, Ruhm und Schande sowie Piraten hinzu. Hier hat man auch nicht eines von vier Raumschiffen vor sich ausliegen, sondern eine Armaturentafel inkl. Laser, Schild, Antrieb, Verbesserungen und Frachtraum.
Trotzdem geht es auch hier um den Spielsieg über die meisten Credits und viele Mechanismen ähneln sich: Kauf und Verkauf von Waren sowie der Transport von Passagieren (der oben erwähnte Delikatessen-Händler darf eigentlich nur hier auf ein Taxi warten) stehen im Vordergrund. Auch die Routenwahl über die Karte erfolgt über Navigantionsfelder; allerdings kann man hier nicht nur die Richtung, sondern auch einen Extraschub über einen Würfel zuweisen. Nur gibt es weder Fabrikverträge noch Raumhäfen oder steigende Nachfrage; sprich: der wirtschaftliche Fokus, den man über exklusive Rechte schaffen kann, ist nicht ganz so stark. Ausgeglichen wird das wiederum dadurch, dass es nur hier Bohrlizenzen für Planeten sowie drei Verkaufswerte einer Ware gibt - also auch der grüne starke und der rote schwache Markt. Schließlich gibt es auch nur hier Gefechte mit Piraten, die aber sehr einfach ablaufen. Das eigene Laser-, Schild- oder Pilotengeschick muss größer sein als der Piratenwert plus lila Würfel; so kann man dann
Melf-Felle? Jup, und es gibt noch viel mehr Waren. Fast 500 Plättchen werden ausgestanzt...die Box ist prall gefüllt.
u.a. Ruhm gewinnen, den es aber auch für ein verbessertes Raumschiff gibt. Und was macht man damit? Am Spielende lässt er sich in Credits umwandeln.
Was gefällt nicht so gut?
Für Merchant of Venus braucht man viel Zeit und geduldige Mitspieler. Selbst in der flotteren Variante ist man zu zweit minimal eine Stunde beschäftigt, wobei das Spiel erst zu dritt oder viert so richtig Fahrt aufnimmt, weil dann alles spannender ineinander greift - nur geht es dann auf drei Stunden und mehr zu. Die Bezeichnungen "Klassisches Spiel" und "Standardspiel" haben uns zunächst irritiert, zumal auf beiden Anleitungen "Richard Hamblen" steht, obwohl "Robert Kouba" laut Boxrückseite die klassische Version entwickelt hat. Besser wäre es vielleicht gewesen, die unterschiedlichen Versionen klarer zu trennen - etwa "Modernisiertes Spiel" auf der einen und "Ursprüngliches Spiel" auf der anderen Anleitung. Ansonsten gibt es nur Kleinigkeiten, die an der Präsentation stören: Das Auslegen der vielen Plättchen ist etwas unübersichtlich, weil sich z.B. das Lila der Fabrikwarenmarker kaum von den normalen Warenmarkern abhebt. Und wer sich in dem Wust aus Plättchen nicht verlieren will, braucht unbedingt sehr viele Plastiktüten.
Fazit
Ein Planet bietet nicht nur Waren zum Verkauf, es gibt auch Passagiere, Fabriken und Handelshäfen.
Lust auf episches Monopoly im Weltraum? Mit etwas mehr Abenteuer, skurrilen Aliens und bescheuerten Waren vom "Megalith-Briefbeschwerer" bis zur "psychotischen Skulptur"? Dann könnte der lange Zeit vergriffene und jetzt endlich ins Deutsche übersetzte Klassiker Merchant of Venus interessant sein. Hier geht es nicht wie in der 4X-Strategie Eclipse auch um Kampf und Eroberung, sondern nur um Handel und Forschung. Zwar kann man je nach Spielvariante sein Schiff bzw. seinen Piloten aufrüsten, aber Angebot und Nachfrage sowie die clevere Routenwahl auf der tollen Sternenkarte stehen im Vordergrund. Und in der wuchtigen Box stecken gleich zwei markante Spielvarianten, die sich hinsichtlich des Materials und des Rhythmus deutlich unterscheiden. Selbst Solisten kommen auf ihre Kosten, denn man kann mit Extraregeln auch alleine loslegen. Aber so richtig Spaß macht der Wettlauf um Credits vor allem, wenn man sich zu dritt oder viert die besten Angebote vor der Nase wegschnappt! Für Vielspieler mit Anspruch und Geduld ideal; wer es futuristisch, aber knackiger mag, greift zu Galaxy Trucker.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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