Spartacus: Ein Spiel über Blut und Verrat01.04.2014, Jörg Luibl
Spartacus: Ein Spiel über Blut und Verrat

Special: Arenakämpfe & Machtpolitik

Friede, Freude, Kooperation? Nein, das antike Rom bevorzugte die Konfrontation. Und für Harmonie ist auch kein Platz in Spartacus. Hier geht es um knallharte Machtpolitik und blutige Arenakämpfe. Das Brettspiel von Sean Sweigart bleibt der schonungslosen TV-Serie von Steven S. DeKnight treu. Ihr solltet einen großen Bogen darum machen, falls ihr soziale Beziehungen oder familiäre Bindungen festigen wollt.

Traue ihnen nicht, mein Kind…

Du Schwein! Entschuldigung, aber diese Worte sind tatsächlich so gefallen. An einem einfachen Tisch, in einer gewöhnlichen Familie, als ein Mann seine Frau schamlos hinterging – vor den Augen der Kinder. Aber in einem Brettspiel, wohlgemerkt. Oder besser: Als sich der ehrgeizige Dominus des Hauses Tullius (Papa) den Zorn der Domina des führenden Hauses Batiatus (Mama) zuzog. Warum? Weil er in der Intrigenphase auf sehr unverschämte Art intrigierte.

Zunächst bat der Schuft charmant um Unterstützung, denn er hatte zu wenig Einflusspunkte für das Ausspielen einer Machenschaft – das sind meist hinterhältige Manöver, die man als Karten verdeckt in der Hand hält. Daraufhin schüttelten zwar die Spieler des Hauses Glaber (Kind 1) und Solonius (Kind 2) mit dem Kopf, aber die Spielerin von Batiatus zeigte sich gönnerhaft und spendete die fehlenden Punkte. Wer hat, der hat! Der Zorn entstand, als der Beschenkte doch tatsächlich seine Machenschaft gegen die Gönnerin ausspielte…

Gewalt erzeugt Gegengewalt

Spartacus beruht auf der gleichnamigen TV-Serie und ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spielverlag erschienen. Es kostet knapp 40 Euro und ist für drei bis vier Spieler ausgelegt.
Autsch. Ist das frech? Ja, aber man muss dazu sagen: Ziel des Spiels ist es, zwölf Einflusspunkte für sein Haus zu gewinnen – egal wie. Und Batatius hatte ja schon neun. Außerdem konnte sich Tullius nicht lange über diesen miesen Schachzug freuen: Denn mit einem schüchternen Grinsen bot der Spieler des Hauses Glaber der Betrogenen an, eine„Reaktion“ als Karte zu spielen und die Machenschaft zu kontern. Für einen kleinen Obolus von fünf Gold,  versteht sich.

Die Domina schlug ein, aber sie hatte daraufhin keine Lust mehr auf gewiefte Realpolitik, sondern auf blutige Rache – auch dafür ist das Brettspiel Spartacus bestens geeignet. Um es kurz zu machen: Papa Tullius konnte sich von der anschließenden Fehde mit Mama Batatius nicht mehr wirklich erholen. Und am Ende gewann Kind 1 mit einem breiten Grinsen und der wirklich altklugen Schlussfolgerung: Wenn zwei sich streiten, freut sich…ach so: Kind 2 spielt übrigens „nie mehr“ Spartacus, weil die Eltern so „zickig wurden“.

Die Frage der Hausmacht

Zwar erinnern erschöpfte und wieder aufgefrischte Karten, diverse Spezialfähigkeiten sowie Konter an gängige Trading-Card-Mechanismen, aber dieses Spartacus bietet mehr: Jeder Spieler kann sich eine Hausmacht aufbauen, indem er die anderen schwächt und sich clever entwickelt. Dazu gehört auch der Kauf von Gladiatoren, Sklaven und Wachen. Die Hausmacht wird von einer Tafel symbolisiert, auf der man neben seinem Wappen, auch den aktuellen Einfluss sowie die Spezialfähigkeiten erkennt – wer Solonius anführt, darf z.B. jederzeit Sklaven erschöpfen und Karten abwerfen, um neue zu erhalten. Auch sonst starten alle Häuser etwas unterschiedlich mit Gold, Sklaven, Gladiatoren und Wachen. Mit Letzteren kann man bei einer gewürfelten 4, 5 oder 6 Machenschaften gegen sich verhindern; also Karten kontern.

Nachdem man in der ersten Intrigenphase noch Karten ausspielte, geht es in der zweiten Marktphase um ein geschicktes Händchen bei den Auktionen – das fühlt sich fast an wie ein antikes Ebay. Zunächst kann man seine Karten gegen Goldwerte an die Bank oder untereinander nach Verhandlungen verkaufen bzw. tauschen. Danach beginnen dieAuktionen, wobei man seinen aktuellen Goldvorrat versteckt und in einer geschlossenen Faust verdeckt einen Betrag auf die Karten setzt, die nacheinander ausgelegt werden; das können bessere Kämpfer sein, aber auch effizientere Ausrüstung wie etwa ein Dreizack oder ein Helm.

Die Macht des Veranstalters

Man kann Gladiatoren kaufen, mit Waffen ausrüsten und über gewonnene Kämpfe entwickeln.
Sind alle fertig, geht es um das finale Gebot über das Recht, die nächsten Gladiatorenkämpfe zu veranstalten. Und das ist sehr wichtig, denn der Sieger gewinnt als Veranstalter nicht nur automatisch einen Einflusspunkt, sondern bestimmt später auch, wer sich in der Arena bekämpfen darf oder ob ein besiegter Gladiator mit dem Daumen nach unten getötet wird. Last but not least darf er auch als Erster in der Intrigenphase handeln.

In der dritten Arenaphase geht es schließlich um das Wetten auf sowie um die Kämpfe der Gladiatoren, damit man Ruhm und Einfluss für sein Haus erlangt. In der Mitte des Tisches liegt die kreisförmige Arena mit den Hexfeldern, wobei in den Ecken die Wetten platziert werden. Der Veranstalter darf jetzt zwei Häuser zum Kampf einladen – auch seine eigenes. Dann darf der Eingeladene nicht nur Gladiatoren, sondern auch Sklaven (!) inkl. etwaiger Ausrüstung entsenden. Lehnt er ab, verliert er einen Einflusspunkt!

Ruhmreiche Gladiatoren

Nimmt man am Kampf teil, erhält man je nach Ruhm des Kämpfers einen Tribut: Erfahrene Champions bringen irgendwann sechs Gold – es lohnt sich also, Veteranen aufzubauen. Sind die Duellanten bestimmt, darf jedes Haus zwischen einem und maximal drei Gold auf den Ausgang wetten. Tippt man den Sieger richtig, erhält man das Doppelte zurück; tippt man auf eine Verletzung oder Enthauptung bekommt man sogar das Dreifache zurück. Außerdem bekommt der Hausherr des siegreichen Gladiatoren einen Einflusspunkt und der Kämpfer selbst einen Gunstpunkt. Eine schöne Regel besagt übrigens, dass der Veranstalter an Einfluss verliert, wenn er einen beliebten Gladiator durch den Daumen nach unten töten lässt – das Publikum ist also auch als eine Macht im Hintergrund erkennbar.

Das Kampfsystem ist ein sehr einfaches: Jeder Gladiator oder Sklave verfügt über die drei Werte Angriff, Verteidigung und Schnelligkeit (=Bewegung), die dann jeweils die Zahl der geworfenen Würfel symbolisieren. Nachdem die Initiative über die Schnelligkeit bestimmt wurde, darf man sich einmal bewegen und dann angreifen bzw. sich verteidigen. Dabei wird jeder Würfel einzeln in der Reihenfolge seiner Höhe gegenübergestellt. Man fügt nur dann eine Wunde zu, wenn man in diesem Direktvergleich ein höheres Ergebnis als der Verteidiger erzielt. Kann dieser nicht so viele Würfel gegenüberstellen wie der Angreifer aufbietet, zählen diese ab einem Wert von drei automatisch als Treffer; alles darunter ist ein Patzer.

Wer verwundet wird, muss eine der drei Fähigkeiten umgehend um einen Punkt reduzieren – sinkt eine auf null, endet der Kampf und man kann den Veranstalter um

Das Kampfsystem ist einfach: Angreifer und Verteidiger vergleichen ihre Würfe in absteigender Rangfolge.
Gnade bitten. Sinken zwei auf null, ist man verletzt und muss länger für die Heilung aussetzen; sinken alle drei auf null, wird der Kämpfer enthauptet. Bevor so ein Duell vorbei ist, kann es mehrere Runden hin und her gehen. Schön ist, dass man die Spielzeit von unter zwei bis an die vier Stunden anpassen kann, indem man sich für einen anderen der drei Spieltypen entscheidet.

Was gefällt nicht so gut?

Wer mit einem Spiel namens Spartacus vor allem Gladiatoren-Gefechte verbindet, könnte vielleicht vom recht oberflächlichen Kampfsystem enttäuscht werden. Mal abgesehen davon, dass die Duelle nicht der Kern des Spiels sind, gibt es trotz Spezialfähigkeiten über einen gewürfelten Pasch, dem Einsatz des Netzes oder höherer Reichweite lediglich rudimentäre taktische Möglichkeiten in der Arena. Außerdem kann sich das Gefecht recht zäh hinziehen, wenn beide eher defensiv agieren – hier sollte man sich überlegen, ein buhendes Publikum als Hausregel einzusetzen.

Man muss sich auch ein wenig in die Spielmechanik reinfuchsen, die ja recht freie Absprachen in jeder der drei Spielphasen ermöglicht. Aber was ist wirklich erlaubt?  Daher sollte man vielleicht einige Hausregeln für strittige Situationen aufstellen. Obwohl die Anleitung gut verständlich ist und anschauliche Beispiele anbietet, kann es mitunter zu Regel-Missverständnissen kommen. Schade ist zwar, dass die Miniaturen der Gladiatoren so schlicht designt sind, aber ansonsten ist die Präsentation ansehnlich. Wer die TV-Serie

Es lohnt sich, einen Champion zu entwickeln: Sechs Gold bekommt man, wenn er in der Arena startet.
kennt, wird aufgrund der vollen Lizenz auch bekannte Schauspieler auf den Tafeln finden.

Fazit

Lust auf Kampf, Intrigen und böse Blicke am Tisch? Dann ist Spartacus genau das Richtige! Drei bis vier Spieler schlüpfen in die Rolle römischer Familienoberhäupter, die wirklich alles tun, um ihre Hausmacht auszuweiten – verhandeln, bestechen, töten, wetten, lügen und betrügen inklusive. Das Spiel verlangt zwar etwas Einarbeitungszeit und läuft minimal zwei Stunden, aber die Zeit vergeht dann im Fluge, weil es sehr abwechslungsreich und spannend zur Sache geht: Man lässt seine Gladiatoren aktiv in der Arena kämpfen, kann Wetten abschließen und zig politische Gemeinheiten vorbereiten. Nichts für den harmonischen Familienabend, aber ideal für Freunde knallharter Machtpolitik. Und ein gutes Beispiel dafür, dass aus einer TV-Lizenz nicht immer Murks werden muss.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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