Special: Von Missouri zum Pazifik
Fotofinish am Fort
Nach eineinhalb Stunden wird es nochmal richtig spannend am Tisch: Alle vier Spieler stehen dicht beieinander in den Rocky Mountains, alle könnten theoretisch gewinnen. Wem gelingt es jetzt, seine Figuren und Karten möglichst effizient einzusetzen, um „Schluss zu machen“? Die Spannung in dieser Phase erinnert an Rommé oder Zug um Zug,
Aber gleichzeitig bewegt man ganz klassisch Figuren und Marker auf einer schön illustrierten Karte Amerikas – oben der Missouri in seinen Fluss- und Berg-Etappen, darunter das riesige Indianerdorf, das die Kontakte der konkurrierenden Reisegruppen mit den Einheimischen symbolisiert. Sie sorgen für Kanus und Pferde, Fleisch, Holz, Ausrüstung und Felle. Das charmante Artdesign kann sich sehen lassen: Auf den 54 Karten werden nicht nur die prominenten Captain Meriwether Lewis und William Clark, sondern viele historische Figuren der Expedition abgebildet, darunter auch Indianer wie "Little Thief" oder "Broken Arm" - in schön gemalten Bildern inklusive kleiner Beschreibungen in der Anleitung.
Im Namen von Thomas Jefferson
Zu Beginn befinden sich alle Reisegruppen in St. Louis. Jeder Spieler darf in seinem Zug eine Aktion ausführen – entweder einen Indianer im Dorf einsetzen oder eine Karte spielen. Alle Spieler verfügen zunächst nur über identische Standardaktionen sowie begrenzte Plätze für Rohstoffe und Indianer in der Flotte.
Das Schöne ist, dass man diese mit der Zeit ausbauen kann. Aber auf welche Floß- oder Kanu-Art setzt man? Setzt man auf schnelle Ein-Mann-Boote oder auf zeitraubende große Varianten, die mehr transportieren können? Oder einen Mix?
Einmal pro Zug kann man zudem eine der fünf ausliegenden Karten kaufen, die nützliche Begleiter darstellen. So lässt sich die eigene Taktik nochmal gezielt unterstützen, zumal es kein Kartenlimit gibt. Sehr gelungen ist die Verstärkungsmöglichkeit, mit der man Aktionen mehrfach ausführen kann:
Man kann seine Mitspieler zwar nicht angreifen oder aktiv aufhalten, aber man kann z.B. bestimmte Aktionen im Indianerdorf blockieren, indem man als Erster seinen Indianer dort platziert, oder eben schneller die besten Karten kaufen, die ständig in der Auslage wechseln. Wer hier gut aufpasst und den Preis an Fellen sowie Ausrüstung entrichten kann, wird sich große Vorteile im Wettrennen verschaffen können – ganz einfach, weil einige Karten sehr hohe Stärke, niedrige Rohstoffpreise für Transportmittel, Boni bei der Zeitberechnung oder Bewegungsvorteile bringen.
Kundschafter vor, Lager hinterher!
Die Abhängigkeit von Kundschafter und Lager sowie die Berechnung des Zeitverlustes ist das Interessanteste an der Spielmechanik: Es geht nicht nur darum, die letzten Etappen über die Berge der Rocky Mountains als Erster mit seinem Vorauskommando zu überwinden, sondern auch darum, das Lager ohne Zeitabzüge dort aufzuschlagen. Falls das nicht gelingt, weil man seine Figuren und Rohstoffe auf den Booten sowie Handkarten nicht effizient gemanagt hat, muss man quasi zurückgehen und das Lager vielleicht einige Felder hinter dem Kundschafter aufbauen.
Es geht also einerseits darum, seinen Kundschafter über Berge und Flussetappen zu bewegen, indem man z.B. Pferde oder Kanus einsetzt, die man für Rohstoffe getauscht hat. Andererseits geht es darum, alle Zeitverluste zu
Schön ist, dass es auch eine Solovariante gibt, in der man bei fast identischem Regelwerk gegen den fremdgesteuerten Kundschafter Alexander Mackenzie antritt - auch er ist übrigens eine historische Person, die in der Anleitung kurz vorgestellt wird. Falls euch der Lauf des Missouri langweilt, könnt ihr die Reiseroute auch über Marker.
Was gefällt nicht so gut?
Der Schamanismus ist vielleicht zu mächtig. Er erlaubt es nämlich, eine auf dem Tisch ausliegende Karte zu kopieren. Wenn man ihn für das Einsammeln von Indianern nutzt, können andere Spieler ganz schön in die Röhre gucken, zumal der Schamanismus so auch seine Exklusivität pro Zug verliert: Man kann den blockierenden Indianer ja wieder aufnehmen, so dass das Feld wieder frei wird - wir haben die Regeln so angepasst, dass das nicht möglich ist. Ansonsten gibt es wenig zu beklagen, nur kann sich das Spiel in der Mitte etwas hinziehen, wenn es scheinbar nicht vorwärts gehen will. Das Wettrennen ist zu zweit gut spielbar, macht aber erst ab drei Teilnehmern richtig Laune - optimal sind vier oder fünf.
Fazit
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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