Special: Vom Helden zum Feldherren
Heroische Fantasy
Aller Anfang ist klein: Genauso wie im Computerspiel startet man seine Eroberung mit einem Helden, der nur wenige Truppen kommandiert, dazu eine Stadt, etwas Rohstoffe sowie Gold. Schaut man über den Tisch, erkennt man die hölzernen Hauptstädte der Konkurrenz. Bis zu vier Spieler stehen sich am jeweiligen Ende der Karte gegenüber - je mehr mitmachen, desto größer wird die modular ausgelegte Welt. Zu zweit werden nur neun, zu dritt schon zwölf und zu viert alle sechzehn Spielplanteile ausgelegt. Darauf erkennt man u.a. unzugängliche Gebirge, lukrative Orte oder wichtige Portale zur Schnellreise.
Basis ausbauen und kämpfen
Was kann man tun? Man hat zunächst drei Aktionskarten, mit denen man seinen Helden aktivieren bzw. bewegen oder alternativ etwas bauen, Truppen rekrutieren oder Rohstoffe sammeln lassen kann - dann dreht man die Karte um. Ganz wichtig: Man sollte schnell die vierte Aktionskarte anstreben, dann hat man natürlich mehr Möglichkeiten.
Da man zunächst lediglich sechs Soldaten hat, sollte man mit seinen vier Bewegungspunkten pro Held z.B. den stärksten Monster ausweichen, deren drei Stufen an ihrer Farbe (Gelb, Violett, Gold) zu erkennen sind. Die Crux ist: Monster besetzen nicht nur das Feld, auf dem ihre Plättchen liegen, sondern sie bewachen auch eines in der Nachbarschaft - und meist befindet sich dort etwas Lukratives. Das ist ein System, das den Kampf in den Mittelpunkt rückt, für etwas Anspruch in der Routenplanung sorgt und die neutralen Monster aufwertet, denn so kann man nicht alles abgrasen, bevor man vielleicht auf gegnerische Helden trifft.
Vom Helden zum Feldherren
Das Erkunden und Sammeln läuft also nur über den Kampf - man kann nicht einfach im Vorbeigehen etwas abgreifen wie im Computerspiel und es gibt hier weder Quests noch Rätsel. Allerdings kommt ein kleiner geostrategischer Aspekt hinzu: Erobert man z.B. blau markierte Felder wie Minen, darf man dort einen Stein seiner Farbe platzieren und bekommt später bei der Aktion der Ernte höhere Einnahmen. Aber es gibt keine territoriale Eroberung im Sinne einer Gebietsbildung mit Grenzen. Gelungen ist das Prinzip der Kontrollzone: Ein Feld um den Helden herum darf der Gegner keine Gebiete mit Steinen beanspruchen - so kann man gerade im späteren Spiel auch mit seiner Anwesenheit etwas absichern.
Helden besitzen neben individueller Macht, Magie, Initiative und Führungskraft bis zu drei der zwölf Spezialfähigkeiten wie Entdecker, Kaufmann, Portalreisender oder Aggressor. Und die können sehr interessant sein: Wenn man exklusiv über Berge ziehen, zwei Rohstoffe zusätzlich ernten, Portale zur Schnellreise benutzen oder einen weiteren Angriffswürfel einsetzen darf, bringt das situative Vorteile. Genauso wie die Anführer- oder Meisterfähigkeiten sowie die verfügbaren Magieschulen. Schon mit der Wahl des ersten Helden kann man sich also etwas spezialisieren.
Kampf und Initiative
Schön ist, dass sowohl Monster als auch Helden mit passiven Fähigkeiten taktischen Einfluss nehmen: Ein "Vernichter" sorgt für doppelten Schaden und "Kampfrausch" gewährt immer fünf Angriffswürfel - selbst bei dezimierter Truppe. Auch schön einfach: Das Schadenssystem. Verwundet man eine reguläre Truppe, wird ihr Plättchen entfernt; verwundet man eine Elite-Truppe, wird es erstmal umgedreht, die Truppe damit regulär und auf der Leiste nach oben geschoben; ein Monster sammelt Blutmarker bis es vernichtet ist. Hat man Letzteres besiegt, dreht man das Plättchen um und darf sich nicht nur Schatzkarten Gold oder Rohstoffe nehmen. Außerdem gewinnt man vielleicht Ruhmpunkte und der eigene Held kann evtl. aufsteigen. Der Kampf zwischen Helden läuft fast genauso ab; der Sieger darf entweder eine Fertigkeits- oder Schatzkarte rauben sowie Felder besetzen. Gerade mit drei oder vier Leuten macht dieses Stibitzen richtig Laune.
Was gefällt nicht so gut?
Fazit
Might & Magic Heroes: Das Brettspiel ist eine gelungene Hommage an den Computerspielklassiker. Es ist kein knackiges Spielchen für zwischendurch, sondern erreicht mit drei Stunden und mehr "epische" Ausmaße. Insofern und angesichts der bekannten Mechanik aus Basisbau, Ernte und Kampf erinnert es wohltuend an das, was man als Veteran damit verbindet. Hinzu kommen einige nette Kniffe hinsichtlich der Spezialfähigkeiten, der Gebäude sowie der Absicherung. Außerdem kann man mit vier Völkern und drei Helden seinen Spielstil anpassen. Eine Kampagne oder Quests fehlen, daher wirkt der Kampf auf Dauer recht dominant und es kann etwas zäh werden, wenn man mit drei Helden und all seinen Truppen ständig die Initiativeleiste befüllen und leeren muss. Das vergleichbare Mage Knight: Das Brettspiel ist da deutlich interessanter, anspruchsvoller und vielseitiger. Aber bei aller Kritik ist es für Fans der 3DO-Serie eine ansehnlich designte Alternative mit kompetitiver Spannung und fiesen Eroberungen. Ihr wollt fette Beute machen und Schätze stibitzen? Dann los!
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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