Der Verzweiflung nahe...
Erst wird Diana Stanley in San Francisco wahnsinnig, dann wird Mark Harrigan auf einer Expedition in Afrika verschlungen und Jim Culver endet als verstümmelte Leiche in Tokio. So euphorisch die Stimmung in unserer Gruppe nach dem Aufbau dieses prächtig illustrierten Brettspiels war: Nach knapp eineinhalb Stunden hatte man fast das Gefühl, dass dieses Eldritch Horror tatsächlich verflucht ist - so schnell starben die Ermittler. Man kann zwar nach dem Tod sofort in eine neue Rolle schlüpfen, aber maximal zwölf Figuren stehen zur Verfügung! Sie haben alle eine eigene kleine Vita, etwas andere Werte und Spezialaktionen. Bis zu acht Spieler
Eldritch Horror ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spielverlag erschienen. Es kostet knapp 40 Euro und ist für einen bis acht Spieler ausgelegt.
können gemeinsam gegen den übernatürlichen Schrecken à la H.P. Lovecraft antreten, der sich im Jahr 1926 ausbreitet. Aber Vorsicht: Je mehr mitmachen, desto mehr Tore und Monster erscheinen.
Unter der edlen Oberfläche, die mit beidseitig illustrierten Charakterkarten, hunderten toll gezeichneten Zaubern, Waffen und Kreaturen umgehend für gediegenes 20er-Jahre-Flair sorgt, verbirgt sich ein gnadenloses Abenteuer. Recht früh breiten sich Chaos und Verzweiflung aus, wenn auf der ganzen Welt plötzlich Monster und Seuchen auftauchen. Also diskutiert man über all die offenen Tore von Amerika bis Asien, wählt die beste Reiseroute und klammert sich an jeden helfenden Strohhalm. Immerhin muss man nicht alles besiegen, was da kreucht und fleucht. Ziel des Spiels ist es "lediglich", mehrere Mysterien aufzuklären, die sich je nach Großem Alten unterscheiden. Hier wird z.B. Folgendes vorgelesen:
"Dunkle Vorzeichen: Der Blutmond erscheint am Nachthimmel und kündet vom bevorstehenden Weltuntergang."
Auf der Jagd nach Mysterien
Was muss man dann tun? Das steht quasi als permanente Quest auf der Mythoskarte. In diesem Fall gilt es gegen Azatoth mehrmals Tore über die Abgabe eines Hinweismarkers zu
Das Spielmaterial ist ausgezeichnet illustriert und man braucht für hunderte Karten und Marker viel Platz am Tisch. Die Weltkarte ist angenehm massiv, es gibt ein Regelwerk und ein Lexikon zum Nachschlagen.
schließen, die dem aktuellen Sternzeichen entsprechen, das wie so vieles jede Runde bewegt wird - auch deshalb hat man das Gefühl, dass die Horrorwelt "lebt". Um dem Mythos auf die Spur zu kommen, muss man also erstmal astronomisch Glück haben und die passenden Tore markieren. Dann gilt es die kostbaren grünen Hinweismarker an den Orten zu gewinnen, an denen sie ausliegen. Dort angekommen werden sie aber nicht einfach eingesammelt, sondern es gilt eine Begegnung zu überstehen: Zufällig wird ein Ereignis gezogen, dem man sich stellen muss - meistert man es, bekommt man diesen oder sogar mehr Hinweismarker. Überlebt man schließlich noch den Kampf um eines der Tore, nachdem man in die Anderwelt gereist und auch dort eine noch heiklere Begegnung überstanden ist, nähert man sich der Aufklärung der ersten von drei Mythoskarten.
Man sieht schon: Wer nicht ständig etwas riskiert, kann nicht gewinnen. Und die Ermittler sind immer unter Zugzwang, stehen permanent unter Druck. Welche Tore schließt man zuerst? Hat man überhaupt noch genug Zeit, wo doch der Verderbenmarker schon auf drei gesunken ist? Bei der Null würde Azatoth erwachen und mit ihm würden noch mehr Schrecken auftauchen.
Wenn in so einer Situation auch noch ein Haudegen wie Leo Anderson in einem Kampf kurz vor dem Tod steht, der mit doppelläufiger Schrotflinte, Zaubern und Begleitern am besten von allen Spielern ausgerüstet ist, erreicht die
Wenn ein Ermittler wie Leo stirbt, wird sein Aufsteller umgekippt und seine Todesart über Marker festgehalten - das hat später Auswirkungen.
Spannung am Tisch mitunter tragische, fast schon fatalistische Höhepunkte. Würde Leo sterben, wäre auch die Moral gebrochen.
Eldritch Horror ist ein harter Gegner
Als Leo nicht starb, war der Jubel ein lauter. Denn die Würfel fielen endlich mal komplett zu unseren Gunsten und Leo konnte nicht nur drei Monster hintereinander töten, sondern auch das Tor in Arkham schließen und drei wertvolle Hinweismarker auf einmal gewinnen - fette Beute.
Damit keimte ein wenig Hoffnung auf, es tatsächlich noch schaffen zu können. Dass man quasi vom Schrecken umzingelt wird, schweißt die Gruppe natürlich auch zusammen. Als die Welt dann nach knapp vier Stunden trotzdem in die Fänge Azatoths geriet, waren sich alle einig: Ja, das war eine verlorene Schlacht. In der nächsten Schlacht würden wir aber besser zusammenarbeiten. Dass es viele nächste Male geben wird, liegt auch daran, dass dieses Abenteuer selbst die zwei, drei mal gestorbenen Neulinge begeistern konnte. Warum das so ist und wo die Unterschiede zu Arkham Horror liegen, erläutern die nächsten Abschnitte.