Battlelore - Zweite Edition11.09.2014, Jörg Luibl
Battlelore - Zweite Edition

Special: Fantasy-Tabletop für Einsteiger

Das erste Battlelore erschien 2006 bei Days of Wonder. Damals wurde Historisches und Fantastisches noch vermischt: So kämpften auf Seiten der mittelalterlichen Engländer und Franzosen auch Goblins, Zwerge oder Riesenspinnen. In der zweiten Edition konzentriert sich Robert A. Kouba auf Fantasy pur. Warum sich die mit 92 Figuren gefüllte Box gerade für Einsteiger in die Welt der Tabletop-Schlachten lohnt, klärt der Brettspiel-Test.

Geheimer Aufmarsch

Wo befindet sich der verflixte Greif? Wo verstecken sich seine Bogenschützen? Sind die schnellen Reiter an der linken Flanke? Oder in der Mitte? Bevor man in Battlelore zum Angriff mit seinen blauen Daqan (Menschen, Golems, Greif) oder roten Uthuk (Monster, Mutanten, Dämon) bläst, muss man erstmal spekulieren, wo man seine Einheiten aufstellt – zumal der Feind verhüllt erscheint. Die Idee ist gut: Die Spieler lassen ihre Armee vor der Schlacht verdeckt aufmarschieren, so dass der Gegner nicht genau weiß, welcher der fünf Truppentypen wo lauert.

Beide legen dafür Karten auf dem Gelände aus, darunter auch einige Attrappen. Dann werden diese gleichzeitig

Battlelore - Die zweite Edition ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spielverlag erschienen. Es kostet knapp 50 Euro und ist für zwei Spieler ausgelegt.
umgedreht und durch entsprechende Figuren ersetzt. Das erinnert zunächst angenehm an den Klassiker Stratego, aber der Verhüllungseffekt verpufft doch recht schnell. Zwar gibt es für einen Moment angenehme Spannung, aber weil dann sofort alles sichtbar wird, resultieren daraus keine weiteren taktischen Maßnahmen - etwa durch Aufklärung und damit verbundene Truppenbewegungen. Hier hätte man mehr rausholen können!

Modulare Schlachtfelder

Aber Battlelore inszeniert ohnehin eher Tabletop für Einsteiger, ohne allzu komplexe Regeln – und das macht es gut, zumal eine Schlacht nicht länger als eine Stunde dauert. Nicht nur die neue Verhüllung sorgt für frischen Wind in der zweiten Edition: Hinzu kommt nämlich, dass man sich vor dem Aufmarsch seiner Armee für eine von drei zufällig gezogenen Szenariokarten entscheiden muss.

92 Miniaturen sind für die beiden Fraktionen enthalten, darunter der Greif und der Chaoslord als größte Figuren. Sie werden zusammengesteckt.
Diese zeigt nicht nur an, wo man Einheiten oder Attrappen auslegen darf, sondern auch wie das Gelände auf der eigenen Seite aussieht, wer die Initiative besitzt und welche speziellen Siegpunkteregeln gelten.

Sprich: Die Schlachtfelder und die Bedingungen ändern sich mit jedem Gefecht! Und das erhöht nicht nur den Wiederspielwert, sondern ist motivierend, denn es sorgt für etwas mehr Abwechslung und Dynamik als noch in der ersten Edition. Jeder baut quasi vor dem ersten Angriff seine Hälfte aus, indem er die Plättchen mit Wäldern, Hügeln, Flüssen, Gebäuden, Furten oder Brücken platziert. Außerdem werden Siegpunktebanner mit dem Wert 1 oder 2 ausgelegt. Dann liest jeder laut vor, welche Boni er wann bekommt – also muss man seine Taktik vielleicht an die Ziele des Feindes anpassen.

Territoriale Schwerpunkte

Es kann z.B. sein, dass der Feind immer dann Siegpunkte erhält, wenn er mehr Truppen auf Hügeln vorweisen kann, wenn es keine Truppen in der Nähe von Gebäuden oder spezielle Truppen genau auf einem Feld gibt. Gleichzeitig muss man seine eigenen Ziele möglichst lange sichern. Denn derjenige gewinnt das Spiel, der als erster sechzehn Siegpunkte vorweisen kann. Die einzige Alternative: Man vernichtet die komplette Armee des Gegners.

Jede Armee besteht aus fünf Einheitentypen, die man als Krieger, Schütze, Reiter, Riese und Elite bezeichnen kann.
Man muss seine Truppen also geschickt über die Hexfelder manövrieren, wenn man territoriale Vorteile nutzen will. Dazu legt man wie gehabt die Manöverkarten aus, die immer anzeigen, auf welcher der drei Seiten (oder welcher Kombination) man seine Einheiten aktivieren darf. Man bewegt seine Truppen also nicht abwechselnd oder alle auf einmal, sondern je nachdem, was man auf der Hand hat, nur in bestimmten Bereichen. Das ist natürlich ärgerlich, wenn man gerade Pech hat und den rechten Flügel nur deshalb nicht entlasten kann, weil einem die Karte fehlt. Aber immerhin gibt es die Sonderregel, dass man jederzeit zumindest eine Einheit in jedem Abschnitt aktivieren darf – und spätestens mit den Portalen kann man auch etwas mehr Überraschung in die Truppenbewegung bringen.

Das Kampfsystem mit Symbolwürfeln

Ansonsten hat sich – bis auf Feinheiten - am Kampfsystem nicht viel geändert. Wer

Wälder, Hügel, Flüsse und Gebäude werden vor der Schlacht platziert. Hinzu kommen Siegpunktemarker. Das Gelände ist in drei Bereiche unterteilt, in denen man Truppen bewegen kann.
Battlelore kennt, wird also recht schnell loslegen können: Man wirft die Symbolwürfel, die entweder Nahkampf- oder Fernkampftreffer, dazu Magie (man nimmt sich Mana) oder Fahnen (Moralverslust, der Feind muss sich zurückziehen) anzeigen. Zusätzlich gibt es ein Helmsymbol, mit dem man heroische Spezialfähigkeiten auslöst: Wenn es die Bogenschützen der Viperlegion vorweisen, vergiften sie z.B. die Zieleinheit, die daraufhin entsprechend markiert wird. Die Berserker kommen z.B. in einen Kampfrausch und verursachen zusätzlichen Schaden.

Hinzu kommen magische Angriffe über Karten sowie Geländeboni oder Sondermanöver je nach Situation: Im Wald oder Gebäude muss man sofort stoppen und hat weniger Durchschlagskraft, Bogenschützen können auf Hügeln eine blockierte Sichtlinie ignorieren, man kann einem fliehenden Feind nachsetzen und muss aufpassen, dass man nach einem erzwungenen Rückzug nicht eine Sackgasse oder Feinde hinter sich vorfindet, sonst verliert man Einheiten. Schön ist, dass geschwächte Einheiten nicht zum Gegenschlag ausholen können. Die Abrechnung des Schadens ist simpel:

Das Artdesign ist gelungen und entspricht weitgehend der ersten Edition.
Sobald eine Einheit getroffen wird, entfernt man eine der Figuren; bei den Elitefiguren Greif und Dämon legt man Schadensmarker daneben, bis ihre Lebenspunkte futsch sind.

Weniger, aber besser modellierte Figuren

Wenn man bedenkt, dass das erste Battlelore im Jahr 2006 noch 217 Miniaturen enthielt, wirken die 92 Miniaturen aktuellen der zweiten Edition wie eine radikale Sparmaßnahme. Aber man darf nicht vergessen, dass die Qualität diesmal eine ganz andere ist: Im Gegensatz zu den viel kleineren, meist übel verbogenen Rittern und Bogenschützen der ersten Edition, bekommt man jetzt größere und deutlich besser modellierte Figuren, die man teilweise zusammen stecken muss (funzt nicht immer, ich empfehle Kleber) – gerade der Roc-Krieger und der Chaoslord könne sich sehen lassen. Die Einheiten wirken nicht nur markanter auf dem Schlachtfeld, sondern lassen sich auch besser anmalen.

Hier ein Blick auf die monströsen Uthuk. Schade, dass es keine zusammenhängende Kampagne gibt.
Was ich hingegen in der Box vermisse, ist eine fortlaufende Kampagne, in der man zumindest einer rudimentären Story folgt und mehr über die Spielwelt erfährt. Bis auf den Brief von Sir Patric Murtagh bekommt man quasi keinerlei erzählerische Hintergründe über die „Herren von Daqan“ oder die „Uthuk Y’llan“. So kämpft man sich quasi durch zufällig erstellte Module und hat trotz des gelungenen Artdesigns keinerlei Anbindung an den austauschbar wirkenden Fantasyhintergrund. Dabei spielt das Ganze in einer Welt, zu der es schon einiges an Material bzw. Spielen gibt: "Terrinoth". Wir haben u.a. den Dungeon-Crawler Descent besprochen.

Fazit

Falls ihr in die Welt der Tabletop-Spiele einsteigen wollt, ist die zweite Edition von Battlelore eine Empfehlung wert:  Die Regeln sind schnell verinnerlicht, das Artdesign ist gelungen und der Aufbau macht Spaß. In der prall gefüllten Box stecken u.a. 92 Fantasy-Miniaturen von kleinen Bogenschützen bis hin zum großen Greif, die größer, stabiler und markanter modelliert sind als in der ersten Edition von 2006. Schön ist auch, dass man etwas frischen Wind in die Spielmechanik gebracht hat: Zwar ist das Bewegungs- und Kampfsystem nahezu identisch, aber dafür sorgt die Verhüllung der Armee zumindest vor Spielbeginn für etwas mehr Spannung und der zweigeteilte Aufbau mit unterschiedlichen Bonuseffekten fördert mehr territoriale Scharmützel. Schade ist zwar, dass man den Stratego-Effekt nicht konsequenter ausgebaut hat und dass es keine zusammenhängende Kampagne gibt, aber dafür erhöht der modulare Aufbau den Wiederspielwert. Battlelore ist ähnlich wie "Die Schlachten von Westeros" für den Schlagabtausch zwischendurch gut geeignet. Aber falls ihr dieses Jahr nur in ein Fantasy-Epos mit Miniaturen investieren könnt und es komplexer mögt, empfehle ich noch ein paar Wochen auf „Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere“ im Oktober zu warten - das ist quasi der Nachfolger eines der besten kompetitiven Brettspiele für zwei Personen: "Der Ringkrieg".

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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