Special: Das Schicksal der freien Völker
Der Schatten breitet sich aus
Die Wehranlage bei den östlichen Ausläufern wurde geschliffen und die dortige Armee komplett von Orks vernichtet. Außerdem halten die Goblins das Lager südlich des Nebelgebirges und die Ruinen von Thal sind ebenfalls von Wargen und Orks besetzt. Ein Blick auf die Karte mit den vielen blutroten Miniaturen sowie etwas Mathematik sorgt für Unbehagen: Der Spieler des Schattens hat schon acht von zehn erforderlichen Siegpunkten - das Schicksal der freien Völker rund um Bilbo steht auf Messers Schneide. Unter der Führung seines einzigen Charakters Bolg kann der Schatten bereits in den nächsten Runden siegen. Das liegt daran, dass ich militärtaktisch einige Fehler gemacht habe.
Eingekesselt von Bolg und seinen Orks
Wie auch immer: Jetzt stehen nur noch wenige blaue Miniaturen auf dem ansehnlich illustrierten Spielplan mit seinen vier großen Territorien. Das
Und man fühlt sich als Spieler von Gandalf, Bilbo & Co von Beginn an eingekesselt, denn aus den Bergen links und oben können über zwei Pässe auch noch die Goblins eindringen – zwar nicht sofort, aber sobald sie dort fünf Truppen gesammelt haben. Ähnlich wie in „Der Ringkrieg“ gelingt es den Italienern, die militärischen Geschehnisse und plötzlichen Überraschungen aus dem Buch in das Spiel zu übertragen.
Die Zeit spielt also für den Schatten? Nicht ganz: Erreicht der
Aktionen über Würfelsymbole einleiten
Wie in „Der Ringkrieg“ werfen beide Spieler zu Beginn ihre Aktionswürfel, die je nach Symbol andere Züge in wechselnder Reihenfolge ermöglichen: Einen Charakter oder eine Armee bewegen, einen Feind angreifen oder beides; Truppen rekrutieren oder heilen; eine Ereigniskarte spielen oder eine Karte ziehen etc. Auf 92 Karten werden Ereignisse und Manöver illustriert sowie kleine Geschichten aus der Buchvorlage skizziert; wie im Vorgänger haben sie teilweise zwei Bereiche.
Dabei hat der Spieler des Schattens von Beginn an einen Vorteil, da er einen Würfel mehr nutzen kann. Dafür haben die freien Völker nicht nur einen, sondern theoretisch acht Charaktere mit nützlichen Fähigkeiten zur Verfügung – allerdings kommen Bilbo, Thorin Eichenschild, der Fürst der Adler sowie Beorn ja erst nacheinander im Laufe der Schlacht hinzu.
Fähigkeiten nutzen oder Schicksal beschleunigen?
Allerdings erreicht das Spiel damit nicht die doppelte Faszination und Tiefe des Vorgängers, bei dem man neben der Militärtaktik auf der Karte auch noch die Gemeinschaft des Rings bis zum Schicksalsberg führen konnte, um zu gewinnen.
Und der Schattenspieler hat hier auch keine Ringgeister zur Verfügung sowie mit Bolg nur einen Heerführer. Er muss auch nicht fürchten, dass die Heere der Elben, Zwerge und Menschen in sein Reich vorstoßen, denn da gibt es ja nichts zu erobern. Dafür kann er immerhin große Fledermäuse als Bonusaktionen einsetzen, die mit ihrer Wolke entweder eine Armee bewegen oder als Vampire für zusätzlichen Schaden in der Schlacht sorgen. Gerade zu Beginn kann diese Lufthoheit für empfindliche Nadelstiche sorgen.
Zwischen Furten und Hängen
„Die Schlacht der Fünf Heere“ ist keine komplexe Militärsimulation. Da es rund um die Berge eine sehr lange unpassierbare Grenze gibt, entsteht auch eine klare Einfallsroute für die Orks im rechten Bereich. Für geostrategische Überlegungen sorgen neben den drei Wehranlagen allerdings Hänge, Flüsse und Furten, denn Erstere geben dem Angreifer von oben einen Vorteil und nur an Letzteren kann man Gebiete überqueren. Außerdem spielt der Untergrund eine Rolle: Je nachdem, ob man auf einem Hügel, in der Ebene, im Sumpf, im Gebirge oder einer Ruine bzw. Siedlung kämpft, bekommen darauf spezialisierte Einheiten vor dem Kampf einen Bonus: Wer die numerische
Neu ist das System der Schadensermittlung: Hat man die Zahl der Treffer über die Sechserwürfel bestimmt, legt man entsprechende dreieckige Marker an die Armee. Übersteigt ihre Zahl die der zugehörigen Einheiten, muss der Spieler eine Einheit als Verlust entfernen, um damit gleichzeitig auch zwei Marker entfernen zu dürfen. Das wird so lange fortgesetzt, bis man mehr oder gleich viele Einheiten wie Schadensmarker hat. Das war zu Beginn recht gewöhnungsbedürftig, aber letztlich doch interessant, zumal man auch über eine Aktion seine Truppen heilen kann.
Fazit
"Die Schlacht der Fünf Heere" ist quasi der geistige Nachfolger zu "Der Ringkrieg" – und das ist eines der besten Taktikspiele für zwei Personen. Diese Variante lebt von einer ähnlich hochwertigen Ausstattung mit über 100 Miniaturen und toller Karte, spielt sich allerdings etwas knackiger und direkter. Es ist also mehr als ein schnöder Schauplatzwechsel und hat durchaus eigenständigen Charakter. Zum einen wurde die Spielmechanik angepasst, so dass man die neue Schicksalsleiste genau beobachten muss und Treffer indirekt über Schadensmarker abrechnet. Zum anderen ist die taktische Ausgangslage nicht so offen. Es ist ein bisschen wie mit den Romanen: Auch das Brettspiel zu „Der Hobbit“ erreicht nicht die epische Faszination von „Der Herr der Ringe“. Aber selbst wenn sich „Die Schlacht der Fünf Heere“ im direkten Vergleich zu „Der Ringkrieg“ etwas geradliniger spielt, ist es eine Empfehlung wert. Mit der Schicksalsleiste kommt etwas Pokerflair in die geostrategischen Überlegungen, die den Anführer der freien Völker immer zwischen den positiven Effekten der Generalsfähigkeiten und dem langsamen Voranschreiten des Schicksals abwägen lassen. Und ganz wichtig: Auch diesmal gelingt es Roberto Di Meglio, Marco Maggi und Francesco Nepitello die Dramaturgie der literarischen Vorlage auf den Tisch zu übertragen. Und das heißt für Bilbo & Co: Zittern bis zum Schluss!
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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