Firefly - Das Spiel16.02.2015, Jörg Luibl
Firefly - Das Spiel

Special: Science-Fiction mit Westernflair

Science-Fiction mit Westernflair? Das war das ungewöhnliche Konzept der TV-Serie Firefly von Joss Whedon. 2002 feierte sie ihre amerikanische Premiere auf Fox, bevor sie 2009 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Zwar war der Crew um Captain Reynolds nur eine Staffel sowie ein Film vergönnt, aber jetzt locken im gleichnamigen Brettspiel weitere Abenteuer.

Pioniergeist im `Verse

Was kann man aus 3000 Credits, zwei Ersatzteilen und sechs Treibstofftanks machen? Fast alles, denn der wilde Weltraum besteht aus zig bewohnten Sonnensystemen! Wer die angenehm stabile Karte ausbreitet, erkennt von „Georgia“ bis zur „Roten Sonne“ über 30 Planeten. Und wer die TV-Serie verfolgt hat, wird sich natürlich gleich heimisch fühlen.

Firefly - Das Spiel ist komplett auf Deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen. Es kostet knapp 50 Euro und ist für einen bis vier Spieler konzipiert.
Weil auch in der Zukunft das Geld regiert, finden ehrgeizige Piloten schnell interessierte Partner, die mal mehr, mal weniger legale Aufträge anbieten: Man kann u.a. Passagiere oder Flüchtlinge, Fracht oder Schmuggelware in die acht offiziellen sowie die vier versteckten Plätze packen. Manchmal soll man auch einfach nur etwas auf einem Planeten stehlen, in eine Bank einbrechen oder provozieren.

Die Raumschiffe sind zwar der berühmten „Serenity“ nachempfunden, aber nicht besonders detailliert. Dafür punktet das Spiel mit dem tollen Artdesign abseits der Modelle: Nicht nur, weil man auf Fotos der originalen Schauspieler zurückgreift, sondern weil die Illustrationen der Karten, Marker und selbst der bunten Geldscheine klasse sind. Die Qualität erinnert an jene von BioShock – Das Brettspiel.

Profit machen und Jobs erledigen

Viele Karten, viele Marker, großer Spielplan: Hier eine Aufstellung für zwei Spieler; zu viert braucht der Weltraum noch mehr Platz. Die Mischung aus Science-Fiction und Western wird gut übertragen: Es gibt Raumschiffe und Revolvermänner, Codeknacker und Viehdiebe.
Viel Profit ist hilfreich, aber nicht das alleinige Ziel. Man entscheidet sich vor dem Spiel für eine von sechs Story-Karten, die das Szenario erzählerisch umrahmen, vielleicht eine Crew oder Zusatzregeln vorgeben und meist bis zu drei Etappen für den Sieg beschreiben - so kommt es auch in der zweiten oder dritten Partie zu Abwechslung. Da kann es z.B. darum gehen, das Vertrauen zu einigen zwielichtigen Dealern aufzubauen, bevor man einen bestimmten Planeten ansteuert und dort mehrere Provokationen meistert. Für ein Spiel braucht man etwa zwei Stunden zu zweit und bis zu drei Stunden bei mehr Piloten. Schön übrigens, dass es auch eine Solovariante gibt.

Trotzdem ist eine gefüllte Kriegskasse sehr wichtig: Denn wer sein Raumschiff mit besserer Technologie, fähiger Crew und Waffen bestücken will, um die späteren Herausforderungen zu bestehen, muss auf den fünf Planeten mit ihren kunterbunten Shops ordentlich einkaufen. Allerdings liegen da immer nur maximal drei Karten, auf die alle zugreifen können. Es entsteht also recht früh ein Wettlauf um die beste Ausrüstung. Erledigt man erst den Job oder kauft man schnell noch was ein, damit der Superantrieb, der Codeknacker oder das Scharfschützengewehr nicht stibitzt wird?

Zwei Aktionen pro Zug

Man kann natürlich nicht alles auf einmal erledigen und voller Schub kostet Sprit. In seinem Zug darf man zwei von vier Aktionen ausführen – fliegen, kaufen, dealen, arbeiten. Ersteres kostet Treibstoff und bringt einen so weit wie der Antrieb anzeigt; es sei denn, man entscheidet sich für die Schleichfahrt, die nichts verbraucht, aber nur einen Sektor weit führt. Der Kauf wurde oben erklärt, das Dealen bringt neue Jobs und mit dem Arbeiten erledigt man die

Ordnung in der Box dank vieler kleiner Fächer.
Bedingungen dafür, um vielleicht eine fette Belohnung einzustreichen.

Geld über Aufträge scheint schnell gemacht, aber Obacht: Man kann sich auch verzocken, denn auf dem Weg zu einem lukrativen Ziel lauern einige Gefahren. Für jeden Sektor zieht man nämlich zufällig eine Karte vom blauen (Allianzraum) oder roten Stapel (Grenzraum). Nutzt man also einen Treibstofftank für fünf oder sechs Schub, sind das auch fünf oder sechs Karten, hinter denen sich im Idealfall „Freier Flug“ verbirgt, aber im schlimmsten Fall eine Kontrolle oder ein Kampf. Für meinen Geschmack hätte es hier aber noch gefährlicher zur Sache gehen können, denn vor allem das blutrote Schiff der Reaver wird nur ganz selten zur Gefahr.

Rollenspielflair im Weltraum

Jeder wählt zu Beginn einen Piloten sowie ein Schiff: Crew, Ausrüstung und Jobs werden angedockt. Ups, da oben sollte mal nachgetankt werden - es fehlt Treibstoff!
Aber selbst wenn es nur ein harmloses „Maschinen stopp“ ist, wird man natürlich im Wettrennen etwas zurückgeworfen. Und wer bei einem aktivierten Job scheitert und vielleicht sogar per Steckbrief gesucht wird, der verliert auch umgehend seinen guten Ruf bei den fünf Dealern. Das ist schmerzhaft, denn nur wenn sie einen als zuverlässig einstufen, profitiert man auch von ihren besseren Preisen für Treibstoff, Schmuggelware & Co sowie kleinen Boni wie z.B. eine gewisse Immunität bei den Behörden.

Da nicht nur der Pilot, sondern auch die Crewmitglieder individuelle Fähigkeiten bzw. Berufe haben, weil sie z.B. Soldat, Mechaniker, Gauner oder Sani sind, weht auch etwas Rollenspielwind. Hinzu kommt, dass man sie mit Waffen, Technologie oder Kleidung ausrüsten kann, so dass sie vielleicht direkt profitieren: Ein Scharfschützengewehr in der richtigen Hand verstärkt die Kampfwerte, schicke Klamotten vielleicht das Verhandeln. Manchmal bringt sogar die Zusammensetzung wie z.B. drei „Hinterwäldler“ einen Bonus.

Flotte Proben für Kampf, Verhandlung & Technik

Die sind vor allem in den Proben wichtig. Da werden die Werte für Kampf, Verhandlung oder Technik zusammen gezählt und ergeben so die Basis für den folgenden W6-Wurf. All das geht ohne kompliziertes System sehr flott und immer gleich von der Hand. Cool, wenn es scheinbar aussichtslos scheint: Wer die Sechs bzw. das Raumschiff erzielt, darf das Ergebnis behalten und nochmal würfeln. Und wenn das Wörtchen „Bestechung“ auf der Probenkarte

Firefly besticht mit seinem tollen Artdesign.
enthalten ist, darf man sein Ergebnis für je 100 Credits um eins erhöhen.

Und wenn die Probe scheitert? Dann muss man seine Maschinen stoppen, wird gesetzlos, muss Strafe zahlen oder es sterben sogar Crewmitglieder. Oder hat man einen Sani dabei? Sehr schön: Erledigt man einen unmoralischen Auftrag, werden moralische Crewmitglieder genauso verärgert wie jene, die man nach einem Job nicht bezahlen kann – dargestellt durch einen bösen Smilie. Trifft man jetzt auf ein anderes Raumschiff, darf dessen Pilot diese Crew abwerben.

Was gefällt nicht so gut?

Die äußere Gefahr durch den Allianz-Kreuzer und vor allem das Reaver-Schiff ist nicht wirklich spürbar, weil man diesen Bedrohungen doch recht leicht ausweichen kann. Und Science-Ficition-Puristen werden vielleicht echte Schlachten zwischen den Schiffen vermissen. Es gibt zudem wenig Interaktion: Man kann zwar untereinander

Die Raumschiffmodelle sind zwar der Serenity nachempfunden, aber nicht besonders detailliert.
handeln und Crew abwerben, aber es ist nicht nötig, groß in Kontakt mit den anderen Spielern zu treten oder kooperativ etwas anzugehen. Außerdem fehlt es der 19-seitigen Anleitung manchmal an Klarheit – da hätten mehr praktische Beispiele gut getan. Unterm Strich ist Firefly aber ein leicht verständliches Spiel.

Fazit

Soundtrack laufen lassen, Raumschiff vollpacken und Kohle machen! Firefly ist ein stimmungsvoll illustriertes und ausgesprochen gemütliches Brettspiel, das das Flair der TV-Serie wunderbar einfängt. Muss man die kennen? Nö. Man findet auch ohne Vorkenntnisse schnell hinein: Es geht weder taktisch knallhart zur Sache wie in Eclipse noch muss man sich wirtschaftlich so den Kopf zerbrechen wie in Merchant of Venus. Aber man muss eine Crew anheuern, sein Schiff mit Technologien ausrüsten und das Beste aus all den legalen sowie illegalen Aufträgen machen. Dabei weht aufgrund von Moral, Verärgerungen sowie Waffen & Co ein Hauch von Rollenspiel. Die Interaktion am Tisch ist zwar auf gemeinsamen Handel und fiese Abwerbungen beschränkt, aber das ist sehr unterhaltsame Science-Fiction mit klasse Artdesign. Viel Spaß beim Wettlauf um die besten Jobs!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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