Brettspiel-Test: Machi Koro (Kartentaktik & Aufbau)

von Jörg Luibl



Machi Koro (Brettspiel) von Kosmos
Städtebau mit Kartentaktik
Entwickler:
Publisher: Kosmos
Release:
10.10.2012
Spielinfo Bilder  
Aus Japan kommen nicht nur Taschenmonster und verdammt gute Videospiele, sondern auch kreative Brettspiele. Die sind meist klein, aber fein designt und glänzen mit klarer Spielmechanik. Dazu gehört auch Machi Koro, das sogar für das "Spiel des Jahres 2015" nominiert wurde. Bis zu vier Spieler bauen in einer knappen halben Stunde ihre Städte auf. Warum das flotte Kartenspiel die Zeit im Nu verfliegen lässt, klärt der Brettspiel-Test.


Im Schatten des Funkturms

Mist, jetzt macht sie bestimmt gleich Schluss! Sie hat schon zwanzig Münzen gehortet und braucht nur noch zwei, um das letzte der vier für den Sieg notwendigen Großprojekte auszulegen: den Funkturm. Falls sie jetzt nicht Pech beim Würfeln hat und ordentlich bezahlen muss, ist das Spiel vorbei. Die Spannung steigt, die beiden Würfel klackern...sie würfelt doch tatsächlich eine Vier und eine Fünf, also eine summierte Neun! Ein kurzer Fluch hier, ein lautes Juhu da und jetzt muss die fast schon als Siegerin
Machi Koro ist 2012 in Japan und 2015 auf deutsch bei Kosmos erschienen. Es kostet knapp 13 Euro und ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt.
Machi Koro ist 2012 in Japan und 2014 auf Deutsch bei Kosmos erschienen. Es kostet knapp 13 Euro und ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt.
feststehende alle teuren Familien-Restaurants der anderen besuchen, bevor sie selbst etwas einnehmen und bauen darf. Das kostet aktuell mal schlappe vierzehn Münzen - autsch! Tja, dieses Sparen birgt also immer ein Restrisiko. Aber hurra, denn das Spiel geht ja noch eine Runde weiter...

Klingt nach Monopoly? Stimmt, auch hier muss man manchmal die anderen bezahlen, wenn man ihre Gebäude unfreiwllig besucht. Es wird jedoch weder geboten noch mit Figuren gezogen, sondern sofort gebaut. Städtebau? Jetzt denkt ihr vielleicht an Suburbia? Nein, das simple Machi Koro ist weder so territorial noch so komplex. Sprich: Ihr legt zwar Karten vor euch aus, die mit Bauernhöfen, Cafés und Molkereien eure Stadt symbolisieren, aber es gibt keine Wechselwirkungen im Gelände oder Baubeschränkungen. Man legt also einfach alles aus, was man gekauft hat und sortiert gleiche Karten wie beim Canasta untereinander. In der einfachen Regelvariante hat jeder Spieler Zugriff auf eine offene Auslage mit 15 Unternehmen in vier Typen (grün, blau, rot, lila), von denen er eines pro Zug kaufen darf - aber viele sind natürlich noch zu teuer.

Mit Würfelglück und Kartentaktik

Ein Spielaufbau für vier Teilnehmer. 108 Karten, 72 Münzen, zwei Würfel und eine kurze Anleitung liegen in der kleinen Box.
Ein Spielaufbau für vier Teilnehmer: Die oberen grauen vier Karten sind jeweils die Großprojekte, die beim Kauf umgedreht werden. In der Box sind 108 Karten, 72 Münzen, zwei Würfel sowie eine kurze Anleitung enthalten.
Zu Beginn liegen neben einem schmalen Startkapital von drei Münzen gerade mal ein Weizenfeld sowie eine Bäckerei vor jedem Spieler. Wie kommt Kohle rein? Man bekommt ja keine regelmäßige Miete, sondern nur dann Geld, wenn die Würfel auch den oben angezeigten Augenwert eines oder mehrerer Gebäudes anzeigen - es geht also bescheiden los, aber die Gier wächst schnell. Und je mehr mitspielen, desto besser!

Das Weizenfeld bringt mir z.B. eine Münze, wenn irgendein (!) Spieler eine Eins würfelt; die Bäckerei nur wenn man selbst (!) eine zwei oder drei würfelt. Der Clou ist: Je nach Gebäudefarbe erntet man alleine (grün), manchmal ernten alle zusammen (blau), manchmal muss man sogar bezahlen (rot) oder darf anderen etwas wegnehmen (lila). So sorgt das Bezahlsystem für einen gewissen Glücksfaktor, den man mit cleverem Bau immer weiter minimieren kann.

Aber was sollte man wann sammeln? Welche Gebäude bringen mir den bestmöglichen Ertrag? Baue ich viel von einer Sorte oder in die Breite? Und wann investiere ich in die vier dringend benötigten Großprojekte? Ich muss ja noch sparen! Letztere sorgen übrigens für angenehme Zusatzeffekte: Baue ich z.B. den Bahnhof für vier Münzen, darf ich nicht nur einen, sondern endlich auch zwei Würfel
Café und Restaurant bringen Geld, wenn andere ihre Ziffern würfeln - sehr lukrativ!
Café und Restaurant bringen Geld, wenn andere ihre Ziffern würfeln - sehr lukrativ!
einsetzen - das ist vor allem im späteren Verlauf wichtig, um die Erlöse der höherwertigen Gebäude mit Augenwerten von sieben bis zwölf überhaupt zu erreichen. Richtig lukrativ ist auch das Einkaufszentrum, denn es schüttet mir für zwei Gebäudetypen jeweils eine Bonusmünze aus - habe ich z.B. fünf Bäckereien, bekomme ich nicht nur fünf, sondern zehn Ertrag! Es gibt auch andere Kombinationen, die den Gewinn deutlich erhöhen können. Einigermaßen versierte Strategen werden es also immer auf diese Multiplikatoren absehen.

Schön ist, dass nicht jeder einfach so vor sich hin sammelt, sondern dass es vor allem in der für erfahrene Spieler sehr empfehlenswerten Variante, in der die Gebäude zu Beginn etwas begrenzter und seltener sind, auch um das schnelle Stibitzen von Karten geht. Hinzu kommt nicht nur, dass man bei Würfelpech bei den anderen in Cafés oder Restaurants bezahlen muss, sondern dass man sie mit Würfelglück auch zur Kasse bitten kann: Wer eine Sechs würfelt und Gebäude wie Stadion, Bürohaus oder Fernsehsender errichtet hat, darf für Letzteren z.B. bei einem
So sieht eine Auslage kurz vor dem Spielende aus: Drei Großprojekte errichtet und schon viel gesammelt.
So sieht eine Auslage kurz vor dem Spielende aus: Drei Großprojekte errichtet und schon viel gesammelt.
Spieler seiner Wahl fünf Münzen einsacken - herrlich! Ihr habt all diese lila Karten ausliegen und würfelt eines Sechs? Dann wird alles an feindlichen Einnahmen addiert - auch der Ärger in den Gesichtern eurer Kontrahenten. Aber der verfliegt schnell, denn nach einer halben Stunde ist so ein Spiel mit vier Leuten vorbei und die Revanche steht an.

Was gefällt nicht so gut?

Am fröhlichen Artdesign gibt es nichts zu meckern, die Anleitung lässt keine Fragen offen. Ich hätte mir allerdings noch mehr alternative Regeln für Experten gewünscht. Wie bereits erwähnt sollte man zumindest mit dem alternativen Aufbau spielen - der empfiehlt sich auch, wenn man zu zweit loslegen will. So wird zwar nicht das volle Potenzial einiger Karten ausgeschöpft, aber es macht auch Laune. Sobald man nicht mehr von Beginn an alles kaufen kann und es Engpässe gibt, gewinnt Machi Koro etwas mehr Spannung. Ansonsten vermisst man vielleicht auf Dauer mehr Karten, die noch mehr Überraschungen einbringen und die taktische Vielfalt erhöhen. Aber da dürfte der Herbst Abhilfe schaffen: Kosmos hat die "Großstadt-Erweiterung" bereits angekündigt, in der die international bereits erhältlichen Zusätze "Harbor" und "Sharp" mit 140 Karten enthalten sind. Preis: 13 Euro.

Fazit

Sammelreize, Schadenfreude, Würfelglück und Kartentaktik - und das alles in einer halben Stunde. Darum spielen wir in letzter Zeit sehr gerne Machi Koro. Das bunte Städtebauspiel aus Japan ist so unterhaltsam, weil es trotz der unbeschwerten Leichtigkeit des Auslegens und Würfelns auch kompetitive Reize und miese Plündereien gibt. Außerdem muss man stets zwischen Expansion und Sparen für den Sieg abwägen. Es kommt natürlich nicht an das taktisch komplexere 7 Wonders oder das territorial anspruchvollere Suburbia heran. Aber mit diesem Leichtgewicht für die ganze Familie verfliegt die Zeit im Nu und schon steht die nächste Revanche an. Ich würde gerne weitere kleine, aber feine Spiele von Masao Suganuma aus Japan sehen. Candy Chaser sowie Dia Monsters stehen u.a. in seinem Portfolio. Jetzt viel Spaß beim Städtebau mit Münzenklau!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

Weitere Brettspieltests im Archiv!


Kommentare

C.Montgomery Wörns schrieb am
Die Erweiterung wollen wir die Tage auch mal testen.
Zu zweit ist das sicher kein Spiel das man sonderlich ernst nehmen sollte. aber es ist unterhaltsam und leicht bekömmlich. Die Herausforderung ist aber dann doch ziemlich überschaubar. Wir haben es neulich auch gespielt und die hälfte der Karten rausgenommen, damit man sein Portfolio breit anlegen muss. Aber dadurch war man dann relativ schnell in der Auswahl der Gebäude limitiert. Das hat mir nicht so gefallen,.
Oynox schrieb am
C.Montgomery Wörns hat geschrieben:
Oynox hat geschrieben:Also wenn du aber wirklich viel und gerne zu zweit spielst, wirst du merken, dass Machi Koro keineswegs ein "Zweispielerspiel" ist. Es macht zu viert auf jeden Fall am meisten Spaß, zumal einige Karten eigentlich erst mit mehreren Spielern richtig greifen (wie z.B. "bekomme 2 Münzen von jedem Spieler", da es auch eine gibt "kriege 5 Münzen von einem Spieler").

Also ich finde, dass Machi Koro zu zweit durchaus auch ein spaßiges SPiel ist. Man muss halt andere Strategien spielen. Einige Karten sind dann halt relativ nutzlos. Ab er ich spiele es zwischendurch schonmal mit meiner Freundin zu zweit. Klar ist es zu viert ein ganz anderes Spiel und macht sehr viel mehr spaß, zumal man ja seine Karten dann auch ordentlich auf die der Gegner abstimmen muss. Schön ist es ja immer, wenn der SPieler neben einem anfängt Cafes/Familienrestaurants zu bauen und man dann einfach mitzieht und immer die kohle vor iohm abgreift ;D
Zu zweit haben wir aber festgestellt, dass die Runden schon ne ganze ecke zu kurz sind und meist ein Spieler relativ flott alle 4 für den Sieg notwendigen Gebäude gebaut hat, bevor beide Spieler überhaupt ihre klare Strategie durchsetzen mussten/konnten. Wir spielen deshalb mittlerweile immer so, dass jeder jedes Sieggebäude zwei mal bauen muss.
Mein größter Kritikpunkt bei Machi Koro ist allerdings, dass es wirklich extrem vom Glück abhängig ist. Ähnlich wie bei Siedler (imho auch das beste Spiel um anderen Machi Koro zu beschreiben^^). Würfelst du kacke würfelst du kacke. Kann man nix machen. Klar kann man die wahrscheinlichkeit erhöhen indem man viel auf dei häufigen Würfel geht, aber ist halt trotzdem noch extremes Glücksspiel. Aber für ne runde flotten Casualfun kann ich das Spiel nur empfehlen!
Mittlerweile muss ich meine Meinung auch revidieren oder zumindest abändern, denn mittlerweile spielen meine Freundin und ich das Spiel auch sehr gerne zu zweit, dann aber doch mit der Erweiterung. Ohne...
C.Montgomery Wörns schrieb am
Oynox hat geschrieben:Also wenn du aber wirklich viel und gerne zu zweit spielst, wirst du merken, dass Machi Koro keineswegs ein "Zweispielerspiel" ist. Es macht zu viert auf jeden Fall am meisten Spaß, zumal einige Karten eigentlich erst mit mehreren Spielern richtig greifen (wie z.B. "bekomme 2 Münzen von jedem Spieler", da es auch eine gibt "kriege 5 Münzen von einem Spieler").

Also ich finde, dass Machi Koro zu zweit durchaus auch ein spaßiges SPiel ist. Man muss halt andere Strategien spielen. Einige Karten sind dann halt relativ nutzlos. Ab er ich spiele es zwischendurch schonmal mit meiner Freundin zu zweit. Klar ist es zu viert ein ganz anderes Spiel und macht sehr viel mehr spaß, zumal man ja seine Karten dann auch ordentlich auf die der Gegner abstimmen muss. Schön ist es ja immer, wenn der SPieler neben einem anfängt Cafes/Familienrestaurants zu bauen und man dann einfach mitzieht und immer die kohle vor iohm abgreift ;D
Zu zweit haben wir aber festgestellt, dass die Runden schon ne ganze ecke zu kurz sind und meist ein Spieler relativ flott alle 4 für den Sieg notwendigen Gebäude gebaut hat, bevor beide Spieler überhaupt ihre klare Strategie durchsetzen mussten/konnten. Wir spielen deshalb mittlerweile immer so, dass jeder jedes Sieggebäude zwei mal bauen muss.
Mein größter Kritikpunkt bei Machi Koro ist allerdings, dass es wirklich extrem vom Glück abhängig ist. Ähnlich wie bei Siedler (imho auch das beste Spiel um anderen Machi Koro zu beschreiben^^). Würfelst du kacke würfelst du kacke. Kann man nix machen. Klar kann man die wahrscheinlichkeit erhöhen indem man viel auf dei häufigen Würfel geht, aber ist halt trotzdem noch extremes Glücksspiel. Aber für ne runde flotten Casualfun kann ich das Spiel nur empfehlen!
Tambal schrieb am
Kann Oynox nur zustimmen. Patchwork ist das bessere Zweierspiel, wobei Jäger und Sammler auch einen Blick wert ist.
Traumdiktator schrieb am
Da weiß ich ja, wo ich mal ein bisschen weiter recherchiere ;)
schrieb am