Krosmaster Arena22.04.2016, Jörg Luibl
Krosmaster Arena

Special: Buffs, Boosts und Figurenzauber

Seit 2012 liefern sich Nee Naa, Will Helmtel & Co taktische Duelle. Ihr kennt die knuffigen Figuren nicht? Das sind die Helden des Tabletop-Brettspiels, das bei Pegasus komplett auf Deutsch erschienen ist. Mittlerweile gibt es nicht nur zahlreiche Erweiterungen, sondern auch weltweit Turniere und zum dritten Mal eine Deutsche Meisterschaft. Was steckt hinter dem kunterbunten Phänomen? Wir haben uns das Grundspiel angeschaut.

Taktischer Wind weht Vorurteile weg...

Ich mag Tabletops. Ich steh auf Miniaturen. Warum habe ich dann bisher einen großen Bogen um Krosmaster Arena gemacht? Ganz ehrlich: Weil es auf mich einfach zu kitschig wirkte. Wer will als 40-jähriger einen Helden namens "König der Fresssäcke" in seinem Team haben, der aussieht wie ein gehörnter Heino? Ist doch albern! Und kindisch! Da marschier ich doch lieber ganz erwachsen mit meinem "Panzer Walker Lothar" durch Dust Tactics...meine plumpen Vorurteile färbten natürlich auf die zu erwartende Spielmechanik ab: Das sind doch nur oberflächliche Gefechte für Kids, die man perfide zum Sammeln animieren will. Pokémon 2.0 für Anime-Fans mit 08/15-Regelwerk zum Weghauen seiner Gegner!

Hier die acht Stars der Grundbox: Krosmaster Arena ist komplett auf Deutsch bei Pegasus erschienen, kostet knapp 50 Euro und ist für zwei bis vier Spieler ausgelegt.
Tja, Jörg, so kann man sich täuschen. Vor allem was die Spielmechanik angeht. Denn sobald man mit seinen vier Helden im Gelände unterwegs ist, weht angenehm taktischer Wind. Das fängt schon mit der Kulisse an: Ähnlich wie in klassischen Tabletops bewegt man seine Gruppe durch dreidimensional inszenierte Arenen - Sträucher, Bäume und Kisten werden aus massiver Pappe zusammengesteckt und vor dem ersten Zug an markierten Stellen aufgebaut. Und sie sind kein Blendwerk, sondern wirken sich auf Bewegungen, Sichtlinien sowie Reichweiten aus; mit einer Zusatzregel werden sie sogar zu zerstörbaren Objekten.

Klare Regeln, komplexe Spielmechanik

Das Grundprinzip ist noch simpel: Man sucht sich Figuren aus, dann kämpft ein Quartett gegen das andere in einer von zwei möglichen Arenen, denn der Spielplan

Krosmaster Arena ist klasse illustriert. Das Material ist durchweg hochwertig, der Spielplan doppelseitig nutzbar.
ist beidseitig bedruckt. Das Team mit der höheren summierten Initiative beginnt. Dann gibt man die angegebenen Bewegungs- und Aktionspunkte pro Figur aus. Man läuft, attackiert, heilt, beschwört oder sammelt in beliebiger Reihenfolge. Sehr schön ist, dass man nicht einfach per Hit&Run in die Feinde rein und wieder rausrücken kann: Sobald man benachbart zu einer gegnerischen Figur steht, gilt man als blockiert. Das heißt, dass beide erstmal würfeln müssen, ob man aus diesem Konflikt so einfach heraus kommt.

Die Vielfalt der taktischen Möglichkeiten deutet sich schon an, wenn man die Charakterkarten studiert: Jede Figur hat nicht nur Werte für den arkanen Nah- und/oder Fernkampf, dazu Spezialfähigkeiten wie "Kritisch", "Rüstung", "Ausweichen" oder "Blockieren", sondern kann vielleicht auch weitere Kreaturen, Fallen oder Bomben beschwören, die entweder Feinde gezielt schwächen oder ganze Bereiche in diversen geometrischen Mustern beeinflussen bzw. treffen - sie alle werden als runde Marker verteilt. Hinzu kommen die vier Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft, die sowohl offensiv als auch defensiv eine Rolle spielen. Krosmaster Arena ist kein Blender mit hohem Bodycount, sondern fährt viele Geschütze für den überlegten Schlagabtausch auf.

Spezialfähigkeiten und Dämonenhilfe

Es entstehen hitzige und angenehm dynamische Gefechte, bei denen es mit Heilung und Schaden, Aufrüstungen und Beschwörungen ständig hin und her geht. Neben der Figurenfähigkeit spielen auch magische Felder sowie all die kleinen

Wenn ich auf eine Kiste steige, kann ich ein Feld weiter schießen...
Kama-Münzen in der Arena eine Rolle: Wer genug davon sammelt, kann entweder seine Lebens rettende Währung aufstocken oder in "dämonische Belohnungen" investieren: Boots, Buffs und Ausrüstungen liegen in drei Preisstufen Granit, Jade und Gold an der Seite aus. Wer clever einkauft, kann sich hier temporäre oder permanente Vorteile verschaffen, die im Idealfall das Wesen der eigenen Figur optimal unterstützen - oder die Schwachstelle des Feindes treffen.

Die Kämpfe werden über ein einfaches Würfelsystem ausgetragen, bei dem man zum Grund- noch den möglichen kritischen Schaden addiert, bevor davon der Rüstungswurf des Feindes subtrahiert wird - was übrig bleibt, wird in Form von Verletzungstropfen auf die Charakterkarte gelegt. Wer alle Lebenspunkte verliert, wird aus dem Spiel genommen. Als Kopfgeld schnappt man sich dann die so genannten "Gewinngroschen" vom Gegner - und wenn der keine mehr hat, ist das Spiel gewonnen.

Mit der Zeit sammeln sich um die vier Helden nicht nur Verletzungen, sondern auch Kreaturen, Buffs und Ausrüstung.
Der Spielrhythmus kann gerade zu Beginn stocken, weil man so vieles bei der Berechnung des Schadens im Auge behalten muss. Hinzu kommen vielleicht optionale Zusatzwirkungen in der Umgebung sowie nette Konsequenzen wie etwa der Rückstoß, der den Schützen ein Feld nach hinten befördert. Hat man daran gedacht, dass manche Zauber nur einmal pro Runde, andere einmal pro Gefecht eingesetzt werden dürfen? Aber keine Bange: Einsteiger werden vorbildlich in die Spielmechanik eingeführt: Die 32-seitige Anleitung ist nicht nur hübsch illustriert, sie erklärt auch alles sehr anschaulich inklusive praktischer Übungen. Man kann auf den dort abgedruckten Arenen wie in einem interaktiven Tutorial erste Probekämpfe austragen und das vorher Erklärte direkt einsetzen - eine tolle Idee.

Fazit

Mea culpa! Ja, ich habe Krosmaster Arena mit meinen Vorurteilen angesichts der kitschigen Kulisse lange Zeit ignoriert. Aber selbst wenn ich lieber mit dem "Panzer Walker Lothar" durchs Gelände in Dust Tactics pflüge (was nicht weniger kitschig ist): Krosmaster Arena ist kein oberflächliches Hack&Slay, sondern inszeniert vielfältige Gefechte in ansehnlichen Arenen mit 3D-Ambiente. Wer Tabletop und Taktik mag, wird hier mit defensiven und offensiven Möglichkeiten sowie zig Wechselwirkungen unterhalten. Neben Spezialfähigkeiten, Beschwörungen und vier Elementen kommen auch noch Buffs, Boosts und Ausrüstungen hinzu, so dass ein komplexes Arsenal mit vielen Kombinationen zur Verfügung steht. Auch wenn ich den "König der Fresssäcke" immer noch hässlich finde: Die knuffigen Figuren sind hübsch designt, stehen stabil und haben eine gute Qualität. Ihr wollt kostenlos Probe spielen? Das geht am PC gratis u.a. über diese Webseite - viel Spaß.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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