Special: Wikinger im Wettstreit
Dorfidylle und Aufbauklassik
Noch zeigt der Heimatplan ein stilles Dörfchen mit Methalle, Thingplatz und Hafen, in dem ein paar Wikinger auf Aufträge warten. Die Ställe sind leer, Boote fehlen und von Schätzen ist auch noch keine Spur. Aber sobald man die ersten von über sechzig möglichen Aktionen im Wechsel mit seinen Kontrahenten ausführt, entwickeln sich die Dörfer. Holz, Stein und Erz werden abgebaut, Schafe und Rinder gezüchtet, Bohnen, Getreide und Kohl gelagert und im Hafen docken bis zu drei Schiffstypen an - vom Walfänger über den Knorr bis zum Langboot.
Agricola und Arler Erde lassen grüßen
All das klingt nach vertrauten Elementen, nach dem Klassiker Agricola und angesichts des üppigen Aktionsplans mit exklusiven Manövern auch an Arler Erde - fast wie ein Best-of Uwe Rosenberg mit neuer Expansion auf Inseln.
Und genauso souverän wirkt das Spieldesign in seinen klassischen Mechaniken. Zwar muss man die Fülle an Möglichkeiten ersteinmal verinnerlichen, aber diese sind clever verzahnt und werden vom Regelwerk vorbildlich erklärt.
Es gibt zudem einige Zugdetails, die das Platzieren von Wikingern angenehm variabel gestalten, darunter die Möglichkeit, nicht nur einen, sondern gleich zwei, drei oder vier Wikinger für entsprechend effizientere Aktionen einzusetzen. Und weil diese dann exklusiv besetzt sind, entsteht gerade im Spiel zu dritt oder viert auch ein Wettrennen um den besten Zeitpunkt für die mächtigste Aktion. Zwar ist die Tierzucht sowie Versorgung der eigenen Leute nach der Ernte nicht ganz so entscheidend und knifflig wie in Agricola, aber schon dort kommt ein frischer Impuls zum Tragen, der in der Expansion noch wichtiger wird: Man legt die gesammelte Nahrung in der Leiste aus, bis sie voll ist.
Sammel- und Puzzlecharme
Denn das Einzigartige an diesem Aufbauspiel ist der neue Sammel- und Puzzlecharme, so dass etwas Legetaktik vonnöten ist. Das sorgt für frische Impulse, die auch Kenner angenehm überraschen dürften. Ähnlich wie im kleinen Zweipersonenspiel Patchwork muss man die geometrische Form seiner Waren und Schätze beachten, wenn man diese auf seinen Spielplänen platziert - das fühlt sich fast ein wenig nach Tetris an, wenn man den erbeuteten Halsring oder die Krone dreht und wendet, damit sie passt. Was bringt das optimale Platzieren? Bei einer Umrahmung entweder das abgebildete Silber oder die
Das Motivierende und auf lange Sicht angenehm Taktische dabei ist, dass man nicht wild alles legen darf: Schon auf seinem Heimatplan sowie angedockten Gebäuden muss man Regeln hinsichtlich der Farben und Flächen beachten, denn man darf nicht alles aneinander oder überall platzieren. Und beim Kaufen, Jagen oder Plündern sollte man schauen, was man als Beute bekommt und ob diese passt. Auch das Entdecken neuer Inseln zwingt zum cleveren Abdecken der darauf abgebildeten Minuspunkte.
Eroberungen und Beutezüge
Neben diesen Eroberungen sowie der Legetaktik sorgen die Würfelaspekte für frischen Wind: Nicht nur beim Jagen von Wild und Walen, auch beim Plündern wird ein einfaches, aber durchdachte Prinzip mit einem acht- sowie zwölfseitigen Würfel angewandt. Wer seine Männer und Schiffe im Vorfeld besser bewaffnet, steigert seine Erfolgschancen, wobei man mal möglichst niedrig, mal hoch würfeln muss. Schön ist, dass es auch beim Scheitern noch einige Waren, Waffen oder Boni geben kann, so dass der Einsatz nicht ganz umsonst war.
Drei Kilo Wikinger
Dass hier keine Sackgassen oder ein Plättchenchaos, sondern ein höchst dynamischer Spielfluss entsteht, liegt auch an den vielen möglichen Tauschaktionen sowie am cleveren Wendeprinzip: Egal ob Nahrung, Tiere oder Ausrüstung - alles lässt sich aufwerten oder weiter entwickeln, so dass man immer wieder grübelt: Was sollte ich wie umwandeln, damit es mir die meisten Siegpunkte bringt?
Was gefällt nicht so gut?
Der Eroberungsaspekt bietet zwar neue Möglichkeiten, aber das Potenzial wird angesichts des Themas rund um die See fahrenden Wikinger vielleicht nicht ganz ausgeschöpft: Die Expansion hätte früher stattfinden, geostrategisch eingebunden und noch besser belohnt werden können. Erst ab drei oder vier Spielern wurde es richtig spannend, weil einfach mehr um die Inseln gewetteifert wurde. Man kann auch zu zweit seinen Spaß haben, aber falls ihr ein episches Spiel für euch und einen Partner sucht, würde ich eher Arler Erde empfehlen, weil es direkt darauf zugeschnitten ist und aufgrund weniger möglicher Aktionen den besseren kompetitiven Rhythmus bietet.
Fazit
Ein Fest für Odin ist ein angenehm vielfältiges Aufbauspiel, das sich zunächst so anfühlt wie ein Best-of Uwe Rosenberg: Man erkennt recht schnell die klassischen Workerplacement-Tugenden und während man mit seinen Wikingern expandiert, weht sowohl ein Hauch von Agricola als auch Arler Erde über den kunterbunt bedeckten Tisch mit seinen Dörfern, Inseln und Schätzen. Aber dann wird man von den an Patchwork erinnernden Sammel- und Puzzlemechaniken überrascht. Diese Mischung aus Aufbau, Entwicklung sowie Puzzleflair, wenn man Flächen fast à la Tetris mit Beutestücken füllt, dürfte auch unter Kennern von Rosenberg für ein frisches Spielgefühl sorgen. Die vielen Aktionen von der Jagd bis zum Beutezug sowie die wichtigen Umwandlungen und Eroberungen erlauben mehrere erfolgreiche Wege zum Sieg, so dass man sein Dorf auch nach mehreren Sitzungen noch anders entwickeln kann. Die interessante Expansion auf die Inseln lässt angesichts des Themas vielleicht etwas Potenzial liegen und man erreicht zu zweit nicht ganz den spannenden Rhythmus eines Arler Erde. Aber das sind nur kleine Schwächen in einem klasse designten und üppig ausgestatteten Spiel, das innerhalb der Vita des Autors vor allem mit seiner Vielfalt sowie kreativer Legetaktik besticht.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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