Sammel- und Puzzlecharme
Denn das Einzigartige an diesem Aufbauspiel ist der neue Sammel- und Puzzlecharme, so dass etwas Legetaktik vonnöten ist. Das sorgt für frische Impulse, die auch Kenner angenehm überraschen dürften. Ähnlich wie im kleinen Zweipersonenspiel
Patchwork muss man die geometrische Form seiner Waren und Schätze beachten, wenn man diese auf seinen Spielplänen platziert - das fühlt sich fast ein wenig nach Tetris an, wenn man den erbeuteten Halsring oder die Krone dreht und wendet, damit sie passt. Was bringt das optimale Platzieren? Bei einer Umrahmung entweder das abgebildete Silber oder die
Jeder startet mit einem Heimatplan, der das Dorf darstellt. Links erkennt man die vielen Minuspunkte im Raster, die es mit Waren oder Schätzen abzudecken gilt.
Waren und - was noch wichtiger ist: man muss die bösen Minuspunkte abdecken. Wer besser sammelt und auslegt, bekommt sofort mehr Einkommen und am Ende auch mehr Siegunkte - eine tolle Wechselwirkung!
Das Motivierende und auf lange Sicht angenehm Taktische dabei ist, dass man nicht wild alles legen darf: Schon auf seinem Heimatplan sowie angedockten Gebäuden muss man Regeln hinsichtlich der Farben und Flächen beachten, denn man darf nicht alles aneinander oder überall platzieren. Und beim Kaufen, Jagen oder Plündern sollte man schauen, was man als Beute bekommt und ob diese passt. Auch das Entdecken neuer Inseln zwingt zum cleveren Abdecken der darauf abgebildeten Minuspunkte.
Eroberungen und Beutezüge
Man setzt seine Wikinger auf eine der möglichen Aktionen - die Auswahl ist enorm.
Es gibt bei der Expansion oder Plünderung keinerlei geostrategische oder kämpferische Komponente: Wer als Erster eine Insel wie Island entdeckt, weil er ein Schiff dorthin schickt, darf sie an seinen Plan andocken und hat sie dann quasi auf ewig sicher - so entsteht eher ein Wettrennen um die lukrativsten der verfügbaren Eilande, die übrigens erst im Laufe des Spiels aufgedeckt werden. Und nur wer diese konsequent besiedelt, indem er seine Waren dort auf die Minuspunkte auslegt, wird am Ende wirklich etwas davon haben.
Neben diesen Eroberungen sowie der Legetaktik sorgen die Würfelaspekte für frischen Wind: Nicht nur beim Jagen von Wild und Walen, auch beim Plündern wird ein einfaches, aber durchdachte Prinzip mit einem acht- sowie zwölfseitigen Würfel angewandt. Wer seine Männer und Schiffe im Vorfeld besser bewaffnet, steigert seine Erfolgschancen, wobei man mal möglichst niedrig, mal hoch würfeln muss. Schön ist, dass es auch beim Scheitern noch einige Waren, Waffen oder Boni geben kann, so dass der Einsatz nicht ganz umsonst war.
Drei Kilo Wikinger
Dass hier keine Sackgassen oder ein Plättchenchaos, sondern ein höchst dynamischer Spielfluss entsteht, liegt auch an den vielen möglichen Tauschaktionen sowie am cleveren Wendeprinzip: Egal ob Nahrung, Tiere oder Ausrüstung - alles lässt sich aufwerten oder weiter entwickeln, so dass man immer wieder grübelt: Was sollte ich wie umwandeln, damit es mir die meisten Siegpunkte bringt?
Die beiden Sortierboxen sind hilfreich.
Satte drei Kilo Material stecken in der Box, um die ganze Vielfalt der Wikingerzeit abzubilden: Man handelt mit über 30 Waren von Fell über Met bis Leinen. Es gibt zig Karten natürlich Schiffe, Berge, Gebäude. Hat man alles ausgestanzt, ist der Tisch ein kunterbuntes Tohuwabohu an beidseitig bedruckten, angenehm stabilen Plättchen. Sehr vorbildlich angesichts dieser Fülle: Es gibt zwei Warenkästen mit mehreren Fächern, die man in der Tischmitte platzieren kann - dort wird alles schön sortiert, ist bequem greifbar und man hat auch die mögliche Aufwertung stets im Blick.
Was gefällt nicht so gut?
Der Eroberungsaspekt bietet zwar neue Möglichkeiten, aber das Potenzial wird angesichts des Themas rund um die See fahrenden Wikinger vielleicht nicht ganz ausgeschöpft: Die Expansion hätte früher stattfinden, geostrategisch eingebunden und noch besser belohnt werden können. Erst ab drei oder vier Spielern wurde es richtig spannend, weil einfach mehr um die Inseln gewetteifert wurde. Man kann auch zu zweit seinen Spaß haben, aber falls ihr ein episches Spiel für euch und einen Partner sucht, würde ich eher
Arler Erde empfehlen, weil es direkt darauf zugeschnitten ist und aufgrund weniger möglicher Aktionen den besseren kompetitiven Rhythmus bietet.
Auch die lukrative Beute wird als geometrische Form ausgelegt.
Last but not least kann der Zufallsaspekt innerhalb der Ausbildungen manchmal nerven, wenn man diese gar nicht gebrauchen kann. Vielleicht hätte eine besser planbare Karriere - ähnlich der Forschung in
Eclipse - auch für mehr strategische Tiefe gesorgt. Aber das sind eher Weiterentwicklungsgedanken als starke Kritikpunkte in diesem ansonsten vorbildlich verzahnten Spiel, das in seinem Regelwerk auch eine interessante Solovariante anbietet.
Fazit
Ein Fest für Odin ist ein angenehm vielfältiges Aufbauspiel, das sich zunächst so anfühlt wie ein Best-of Uwe Rosenberg: Man erkennt recht schnell die klassischen Workerplacement-Tugenden und während man mit seinen Wikingern expandiert, weht sowohl ein Hauch von Agricola als auch Arler Erde über den kunterbunt bedeckten Tisch mit seinen Dörfern, Inseln und Schätzen. Aber dann wird man von den an Patchwork erinnernden Sammel- und Puzzlemechaniken überrascht. Diese Mischung aus Aufbau, Entwicklung sowie Puzzleflair, wenn man Flächen fast à la Tetris mit Beutestücken füllt, dürfte auch unter Kennern von Rosenberg für ein frisches Spielgefühl sorgen. Die vielen Aktionen von der Jagd bis zum Beutezug sowie die wichtigen Umwandlungen und Eroberungen erlauben mehrere erfolgreiche Wege zum Sieg, so dass man sein Dorf auch nach mehreren Sitzungen noch anders entwickeln kann. Die interessante Expansion auf die Inseln lässt angesichts des Themas vielleicht etwas Potenzial liegen und man erreicht zu zweit nicht ganz den spannenden Rhythmus eines Arler Erde. Aber das sind nur kleine Schwächen in einem klasse designten und üppig ausgestatteten Spiel, das innerhalb der Vita des Autors vor allem mit seiner Vielfalt sowie kreativer Legetaktik besticht.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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