Fertigkeitsproben und böse Zufälle
Meist befinden sich die Ermittler schon in einer mysteriösen Situation, dargestellt durch die ausliegenden Hinweismarker. Je nach Szenario gilt es eine Anzahl dieser Marker einzusammeln, damit es in der Geschichte weitergeht, die nächste Szene vorgelesen wird und weitere Orte ausgelegt werden. Allerdings muss das Duo dafür erfolgreich erkunden, Kultisten und Monster besiegen sowie andere Gefahren überstehen. All das wird großteils über Fertigkeitsproben in den vier Bereichen Willenskraft, Intellekt, Kampf und Beweglichkeit ausgetragen.
Die Karten sind sehr gut illustriert.
Wie funktioniert das? Ganz einfach: Man nimmt seinen Grundwert, kann diesem noch Ausrüstung, Magie etc. über Handkarten hinzufügen und greift dann in einen schwarzen Beutel. Darin wartet je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad eine andere Zusammenstellung aus Schicksalsmarkern, darunter numerische Boni oder Mali, aber auch direkte Patzer. Der Zufall spielt also bei der Ermittlung des Ergebnisses eine Rolle - unterm Strich muss man mindestens den geforderten Wert erreichen oder ihn übertreffen, um erfolgreich zu sein.
Das schwelende Unheil
Aber gerade in Cthulhu-Abenteuern gehört das stetig schwelende Unheil natürlich dazu. Das Gefühl der Bedrohung wird durch die Schwächekarten nochmal verstärkt: Zieht man diese, muss man sofort das Spiel unterbrechen und das meist negative Ereignis auslösen. Daher ist ein Kern der Spielmechanik die möglichst gute Vorbereitung, bevor es in einen Konflikt geht: Während seines Zuges darf jeder Ermittler bis zu drei von neun möglichen Aktionen in beliebiger Reihenfolge und Anzahl tätigen - darunter das Ziehen von Karten, Sammeln von Ressourcen und Aktivieren von Fähigkeiten.
Ghulpriester und Zeloten - wer sich für H.P. Lovecraft interessiert, wird sich heimisch fühlen.
Zwar scheinen die Situationen zu Beginn noch überschaubar, aber spätestens in der Gegnerphase werden Monster und Kultisten bewegt, so dass man regelrecht gejagt wird und auch mal fliehen muss. Hier gilt es sich taktisch gut abzusprechen und clever zu positionieren, zumal es auch fiese Gelegenheitsangriffe gibt - sprich: Man kann nicht einfach so an Feinden vorbei oder wegrennen, wenn man bereits in ein Gefecht verwickelt ist. Da atmet man in der anschließenden Unterhaltsphase regelrecht auf, wenn man erschöpfte Karten wieder aktiviert und nachzieht.
Alle haben überlebt? Gut, aber die Spannung erhöht sich nochmal in der Mythosphase: Dann wird nämlich ein Verderbnismarker auf die so genannte Agenda gelegt, die den Fortschritt des Unheils symbolisiert - quasi parallel zum Fortschritt der Story über Hinweismarker. Liegt hier eine bestimmte Anzahl dieser blutroten Zeichen, kommt es zu einer Verschärfung der Situation, etwas eskaliert und greift um sich, Wahnsinn und Schrecken nehmen zu.
Was gefällt nicht so gut?
Auch wenn es "nur" ein Kartenspiel ist: Das Regelwerk hat es in sich.
Arkham ist eher nichts für Einsteiger und für meinen Geschmack hat man etwas zu viel an Begriffen und Mechaniken der großen Vorbilder integriert - vielleicht wäre weniger gerade in einem Kartenspiel mehr gewesen. Wie komplex die Mechanik ist, zeigt sich nicht nur an dem beiligenden Lesestoff: Es gibt neben der Spielregel noch ein Referenzhandbuch sowie einen Kampagnenleitfaden, sondern auch daran, wie ausführlich im Anhang die richtige Reihenfolge sowie das Timing der vier Phasen Mythos, Ermittlung, Gegner sowie Unterhalt erläutert wird. Zwar wird alles auch an praktischen Beispielen festgemacht, man kann den Schwierigkeitsgrad anpassen und der Einstieg ist noch recht zahm. Es wäre aber hilfreich, wenn zumindest ein Mitspieler etwas Erfahrung mit Cthulhu-Abenteuern oder Living Card Games dieser Art besitzen würde.
Fazit
Meist geht es in Sammelkartenspielen um kompetitive taktische Duelle: Jeder baut seine Fraktion oder Armee aus, versucht den Gegner zu treffen oder zu kontern und am Ende zu siegen. Nicht so in Arkham Horror - Das Kartenspiel, das dem Begriff "Living Card Game" tatsächlich gerecht wird, denn hier entsteht ein lebendiges Abenteuer mit viel Kommunikation und Rollenspielflair samt Fertigkeitsproben, Ausrüstung und Talenten. Schön ist auch, dass jeder Held dank der exklusiven Decks wirklich eigene Schwächen und Stärken zeigt. Man freut sich, flucht und ist erleichtert, wenn das Team lebendig die nächste Szene erreicht. Dazu trägt nicht nur das kooperative Konzept bei, sondern vor allem die zweigleisige Regie, die sowohl das positive Fortschreiten der Ermittler als auch das schwelende Unheil erzählerisch abbildet. So kann das Horror-Abenteuer sowohl über den Zeitdruck als auch Ereignisse tragisch eskalieren - und genau das will man als Cthulhu-Fan bei gedämpftem Licht und bösen Mollakkorden erleben. Wer es als Fan von H.P. Lovecraft lieber klassisch mit Spielplan, Würfeln oder Figuren mag, sollte sich Eldritch Horror, Arkham Horror: Das Brettspiel oder Villen des Wahnsinns ansehen. Und wer statt Rollenspiel eher auf Tabletop mit XXL-Monstern steht, könnte an der Eroberungstaktik von Cthulhu Wars Gefallen finden.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.