Special: Kacheltaktik
Eis und Bonbons
"Hey, das sieht ja aus wie buntes Eis! Oder wie leckere Bonbons! Die sind ja süß, die Steine." Tja, so ist das mit den historischen Wurzeln - sie verschwinden oft unter der Oberfläche. Mitten in Azul redet bei uns jedenfalls keiner über die "Azulejos", diese hübsch glasierten Keramikfliesen der Mauren, die dem Legespiel ihren Namen gaben. Ihr interessiert euch dafür? Dann schaut doch mal beim Nationalmuseum in Lissabon vorbei. Auch wenn dieses Brettspiel also nichts mit Eis und Bonbons zu tun hat, weckt es mit seinem Artdesign scheinbar sofort delikate Assoziationen - zumindest bei den weiblichen Mitspielern.
Sammel- und Legespaß
Aufgrund des simplen Regelwerks entsteht umgehend intuitiver Sammel- sowie Legespaß, so dass auch Kinder ab acht Jahren nach einem kleinen Probespiel schnell verstehen, wie
Denn das Punkten findet auf zwei Ebenen statt: Zum einen bekommt man schon beim Auslegen einer Fliese in das Mosaik mehr Punkte, wenn man mit dieser größere vertikale oder horizontale Reihen bildet - es lohnt sich also Verbindungen zu schaffen, wobei man lediglich das Farbtabu beachten muss, denn Blau, Orange, Schwarz, Hellblau oder Rot dürfen nur einmal in einer Linie vorkommen. Zum anderen bekommt man im Gegensatz zu mickrigen zwei Punkten für eine waagerechte Reihe ganze sieben Punkte, wenn man eine vertikale Reihe voll besetzt. Und schließlich gibt es satte zehn Punkte, falls man eine Farbe mit vollen fünf Fliesen auslegt - das sind bei dreien schon 30!
Minuspunkte und Defizite
Was gefällt nicht so gut? Obwohl man sein Tableau auf zwei Arten auslegen und damit eine offenere Variante spielen, werden Legetaktiker auf Dauer vielleicht den Anspruch vermissen. Bei uns war so nach drei bis fünf Partien etwas die Luft raus, wohingegen ähnliche Spiele wie Patchwork oder Cottage Garden etwas länger sowohl Sammel- als auch Legereize wach hielten. Im Gegensatz zu abstrakterer und zugtaktisch fordernder Strategie à la Onitama, Oshi oder gar Yinsh und Hive steht hier natürlich eher das lockere Sammeln und Punkten im Vordergrund, was auch okay ist. Es wäre vielleicht sinnvoll gewesen, noch
Fazit
Azul ist ein charmantes Familienspiel für den Sommer - klein, kompakt und überaus ansehnlich. Das stilvolle Artdesign ist eine große Stärke, zumal die bunten Steine aus Kunstharz angenehm in der Hand liegen. Vor allem in den ersten Spielen macht es Spaß, all die Fliesen zu sammeln und auszulegen. Aufgrund der simplen Regeln werden auch Kinder umgehend in einen Spielfluss kommen, während Veteranen etwas zu früh den legetaktischen Anspruch vermissen. Aber manchmal sind genau das die kurzweiligen Titel, die eine goldene Mitte treffen und auch mal die Brettspielmuffel der Familie zurück an den Tisch bringen. Auch wenn es nicht meine Wahl wäre: Azul könnte durchaus ein Kandidat für das Spiel des Jahres 2018 sein.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.
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