Brettspiel-Test: Escape the Dark Castle (Rollenspiel (Koop-Abenteuer))

von Jörg Luibl



Escape the Dark Castle (Brettspiel) von Themeborne
Fast Fighting Fantasy
Entwickler:
Publisher: Themeborne
Release:
01.06.2018
Spielinfo Bilder Videos

In den letzten Jahren dominierten vor allem komplexere Rollenspiele und Tabletop-Abenteuer mit epischer Kampagne die Tische. Man denke an Descent, Villen des Wahnsinns, Die Legenden von Andor, Maus und Mystik oder kürzlich Gloomhaven. Ein kleines Team aus Nottingham mag es knackiger, schneller und hat sich mit Escape the Dark Castle dem Fantasyflair der 80er Jahre verschrieben: 2.119 Unterstützer haben 87.814 Britische Pfund beigetragen, um dieses kooperative Abenteuer zu verwirklichen.



Die "Fighting Fantasy" lässt grüßen

Manchmal sorgen simple Zeichnungen für starke emotionale Déjà-vus. Als ich zum ersten mal das Cover von "Escape the Dark Castle" mit dieser düsteren Festung und ihren schmalen Spitztürmen sah, fühlte ich mich zurückversetzt in eine Zeit, als mich der Zeichentrickfilm "Das letzte Einhorn" faszinierte und wir jedes Wochenende "HeroQuest" spielten. Außerdem erschienen in diesen 80er Jahren die Abenteuer-Spielbücher von Ian Livingston und Steve Jackson, die das Genre der "Fighting Fantasy" begründeten - mit Stift und Buch bewaffnet konnte man sich dem "Hexenmeister vom flammenden Berg" stellen...

Escape the Dark Castle ist bisher nur auf Englisch als Kickstarter-Projekt erschienen und kostet 25 Britische Pfund.
"Escape the Dark Castle" ist bisher nur auf Englisch als Kickstarter-Projekt erschienen und war vergriffen. Aktuell läuft eine zweite Kickstarter-Kampagne, in der man das Hauptspiel erneut für 29 Pfund als Add-On erwerben kann, wenn man sie mit mind. 1 Pfund unterstützt - macht also 30 Pfund bzw. 34 Euro.
...und genau in diese Kerbe leicht zugänglicher Fantasy-Abenteuer mit situativer Spannung und bizarren Begegnungen schlägt das komplett in Schwarz und Weiß gehaltene Spiel von Themeborne aus Nottingham. Thomas Pike, Alex Crispin und James Shelton treffen mit ihrem markanten Artdesign jedenfalls meinen Nerv. Und sie setzen inhaltlich auf sehr schlanke Regeln, so dass man in null Komma nichts loslegen kann. Zwar stürze ich mich sehr gerne in komplexe Rollenspiele mit zig Miniaturen, epischer Story und ausgefeilten Kämpfen, aber manchmal vermisse ich diese Einfachheit der Pionierzeit. Und genau die bekomme ich in diesem kooperativen Abenteuer, das für eine halbe Stunde stimmungsvoll unterhalten kann.

Vier Gefangene auf der Flucht

Bis zu vier Spieler suchen sich aus den sechs Figuren Köchin, Schneiderin, Müller, Gerberin, Schmied und Abt einen Charakter aus. Diese unterscheiden sich lediglich hinsichtlich ihrer drei Werte für Stärke, Weisheit und List (Might, Wisdom, Cunning) . Sehr schön ist, dass jeder
Bis zu vier Spieler müssen gemeinsam aus der düsteren Festung fliehen. Der Spielaufbau ist ebenso flott wie das Regelwerk schlank ist.
Bis zu vier Spieler müssen gemeinsam aus der düsteren Festung fliehen - es gibt kleine Modifikationen für das Spiel mit weniger Leuten; auch solo kann man loslegen. Der Spielaufbau ist ebenso flott wie das Regelwerk schlank ist.
einen exklusiven Würfel bekommt, auf dem diese Werte bereits entsprechend verteilt vorkommen, so dass der Müller häufiger Weisheit würfel, während der Schmied eher für die Stärke und der Müller für die List zuständig ist - das sollte man natürlich auch bedenken, wenn nur einer aus der Gruppe einer Gefahr oder Probe begegnen kann. Je nach Teilnehmerzahl bekommt man zudem mehr oder weniger Lebenspunkte, die man mit den beiligenden Bleistiften auf dem schmalen Charakterzettel notiert - das war's! Und so startet man gleich mit ein wenig Pen&Paper-Gefühl ins Abenteuer.

Es gibt keine große Vorgeschichte, sondern nach Jahren der Einkerkerung lediglich die Chance zur Freiheit, als man endlich die Zelle verlassen kann. Ziel ist es, gemeinsam aus der düsteren Festung zu fliehen und den Boss am Ende zu vernichten. Zwar ist das Regelwerk sehr simpel, aber der Weg hinaus steckt voller Gefahren von Fallen bis hin zu Monstern, so dass die Lebenspunkte nur so purzeln und die Gruppe schon weit vor der finalen Kammer aufgerieben wird. Man muss sehr gut mit seinen Wunden haushalten und auch mal jemanden auf Kosten der Schlagkraft während des Kampfes pausieren lassen, damit er sich etwas erholt. Dass man nach einer Niederlage gerne nochmal loszieht, liegt nicht nur an der Atmosphäre: Man liest die kursiven Texte laut für alle vor, so dass kleine Rollenspielsituationen entstehen. Hinzu kommt auch die flotte Spielmechanik, die mit ihrem Zufallsprinzip stets für neue Herausforderungen über 15 Kapitel sorgt.

Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
Hey, danke für den Bericht! Jetzt hast du zumindest die absolute Deluxe-Version. Und ich weiß, dass ich nicht der einzige Freak bin, der auf schwarzweiße 80er-Fantasy steht.;)
dx1 schrieb am
Ich habe inzwischen die Lieferung aus der zweiten KS-Kampagne erhalten und bereue nicht, knapp 200 Euro für Paket 6, alle Extras und Versand ausgegeben zu haben. Naja, dass ich aus Versehen den Soundtrack auf MC zweimal gekauft habe vielleicht. Aber das waren ja nur 5 £, wenn ich mich nicht irre. Und vielleicht kann ich das auf Ebay ja mal für einen Betrag verkaufen, der abzüglich Gebühren diese Summe deckt. Bild
Die Aufmachung des Spiels ist herrlich, die Qualität stimmt (bis auf eine fehlerhafte Illustration in einer der Anleitungen) und es macht Spaß, es zu spielen. Ein Spiel dauert zumindest zu zweit ungefähr so lange wie der Soundtrack läuft, also circa eine halbe Stunde. Der erste Aufbau hat etwas über fünf Minuten gedauert, die Hälfte der Zeit reicht inzwischen aber locker. Meine Frau hebt das als großen Pluspunkt hervor.
Die Texte auf den Karten, in den wenigen Seiten Anleitung, sowie den beiden Büchern mit Kurzgeschichten zu den Figuren und den "Game-Over-Szenen" sind stimmungsvoll, gelegentlich mit einem Augenzwinkern verfasst und fern ab davon, "edgy" oder "übertrieben poetisch" zu sein. Ich habe nie Dungeons & Dragons gespielt und bin (relativ spät) 1998/99 mit Das Schwarze Auge 3 ins Rollenspiel-Hobby eingestiegen. Die Illustrationen auf den Karten erinnern mich an diese Zeit.
Eine Charakter-/Kapitel-/Bosskarte (Format A6) wiegt 5 Gramm, die perfekt dazu passende Hülle 2 Gramm. Die Hüllen ? auch für die kleinen A8-Ausrüstungskarten ? haben eine glatte und eine raue Seite, was beim Mischen nicht stört und beim Aufheben/Umdrehen dafür sorgt, dass man nur die eine Karte greift. Für mich stimmt die Haptik und trägt auch dazu bei, dass ich nicht mehr über den Preis nachdenke. Ich habe gerade nachgeschaut, was die Hüllen gekostet haben: Etwa zehn Prozent des Gesamtpreises. Objektiv zu teuer, aber das Gesamtpaket ist es mir nach wie vor wert. Bei anderen Spielen, für die ich Kartenhüllen nachgekauft habe (meistens von Mayday), sitzen die Hüllen mal zu eng, mal zu...
listrahtes schrieb am
Das Spiel ist reizvoll aber imo für das Gebotene überteuert. Ein Upgradepack mit einigen Karten für knapp 20?.
Das muss man mal z.B. bez. Inhalt mit einer Arkham Horror LCG Basisbox vergleichen.
Ein erhöhter Preis ist aufgrund der kleinen Auflage durchaus verständlich, aber das ist imo einfach deutlich zu viel.
Abgesehen davon wirkt das auf mich immer wie unlauteres Kickstartermarketing. Biete die Artikel auf deiner hp völllig überteuert an um die Leute vom Schnäppchenpreis mittels hunderter early birds auf KS zu überzeugen. Eine Praktik bei der ich nicht mehr unterstütze.
Zanji schrieb am
:) wenn euch das gefällt solltet ihr mal ULTRAQUEST testen!
muecke-the-lietz schrieb am
Bestes 2-Spieler Spiel aller Zeiten: Gleichgewicht des Schreckens.
schrieb am