Brettspiel-Test: AuZtralien (Aufbaustrategie)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Schwerkraft-Verlag
Release:
01.10.2018
Spielinfo Bilder  
Kämpfe mit etwas Wargame-Flair

Wie laufen die Kämpfe ab? Über zufällig gezogene Karten und ein erweitertes Schere-Stein-Papier-Prinzip, das mit Reichweiten und Truppentypen für etwas Wargame-Flair sorgt. Sprich: Bestimmte Einheiten wie Infanterie, Zugpanzer, Artillerie oder Luftschiffe haben besondere Stärken gegen spezielle Monstertypen. Daher hat eine gemischte Truppe im Zweifel bessere Chancen gegen einen unbekannten Feind, kostet aber auch mehr Zeit. Wer also immer auf Nummer sicher geht und alle Mann aus der Kaserne an die Front bringt, hat letztlich weniger Aktionen zur Verfügung. Zwar spielt letztlich jeder für sich und sammelt eigene Siegpunkte für besiegte Feinde, aber man kann ein besonders mächtiges Monster auch zu zweit bekämpfen und darf sich nicht gegenseitig attackieren.

Die Heldenkarten bieten einmalige oder permanente Vorteile.
Die Heldenkarten bieten einmalige oder permanente Vorteile.
Der Kampf gegen Cthulhus Schergen wird dann ganz einfach durch zufällig gezogene Karten ausgetragen: Links erkennt man am Symbol der eigenen Truppe, ob sie selbst in dieser Runde trifft; rechts ob das Monster trifft, wobei es auch für Wahnsinn sorgen kann - und Vorsicht: vier Treffer auf die geistige Gesundheit bedeuten ebenfalls Game Over. Und das kann schnell passieren, so dass auch der Rückzug eine Option ist! Zwar kann man weder Formationen oder Taktiken einsetzen, aber dafür gibt es zumindest eine geostrategische Ausgangslage und auch Blockaden. Hat man eine gemischte Truppe an den Zielort gebracht, entscheidet die geringste Reichweite einer Einheit über die mögliche Distanz.

Heldenkarten und Modifikationen

Außerdem sorgen die Karten der Helden für nützliche Modifikationen: Zu Beginn liegen fünf Persönlichkeiten mit einmaligen oder permanenten Fähigkeiten aus, die ständig in der Auswahl wechseln. Wer sie rekrutiert
Auf dem Spielertableau markiert man Aktionen und verwaltet Truppen.
Auf dem Spielertableau markiert man Aktionen und verwaltet Truppen.
kann z.B. sofort vier Gold einsacken, irgendwo doppelt ernten, einen Farm ohne Aktion verteidigen, seine Artillerie so aufrüsten, dass sie schon vor jedem Kampf einen automatischen Treffer landet oder man darf irgendwo in der Wüste bereits Monsterkarten aufdecken. Die Illustrationen der Helden sind ebenso abwechslungsreich wie diese Effekte.

Hinzu kommen einige Modifikationen im angenehm verständlichen Regelwerk, die den Wiederspielwert erhöhen: Abgesehen von speziellen Karten mit Zielen und Anpassungen für zwei oder drei Spieler, die auch den kooperativen Aspekt über die gemeisname Nutzung von Schienen etc. vertsärken können, den anpassbaren Schwierigkeitsgraden sowie der erwähnten zweiten Weltkarte, die für ein anderes Gelände sowie Rohstoffvorkommen sorgt, lässt sich AuZtralien auch richtig gut alleine spielen - inklusive einer Punktetabelle, um das eigene Abschneiden einordnen zu können.

Was gefällt nicht so gut?

Es gibt wirklich wenig zu meckern. Aus der Perspektive von Cthulhu-Fans fehlt vielleicht die spürbare Horror-Komponente, denn die Wahnsinns-Marker bilden das nicht wirklich ab - dafür eignen sich eher klassische Abenteuer wie Villen des Wahnsinns oder Arkham Horror. Die ersten Aktionen spielt man zudem immer gleich und natürlich sorgen die Karten im Kampf für eine Zufallskomponente, die Feldherren nicht schmecken wird. Der große Vorteil von AuZtralien könnte für einige Vielspieler oder Genre-Experten auch ein Nachteil sein: Hier bekommt man eine Fülle an
Kämpfe werden über zufällig gezogene Karten ausgetragen.
Kämpfe werden über zufällig gezogene Karten ausgetragen, die eigene Treffer und Wunden anzeigen.
Spielmechaniken light, die ihre Faszination in der Mischung erzeugen. Jede für sich alleine betrachtet, also Aufbau, Wirtschaft, Militär etc,, verliert natürlich umgehend an Reiz, weil die Komplexität einer ausgewachsenen 4X-Strategie oder eines Wargames fehlt. Aber dafür kann es wunderbar zackig und mehrmals hintereinander spielen; auch zu zweit ist es empfehlenswert.

Ausblick

Ich bin angenehm überrascht von AuZtralien! Ich kann mich nicht an viele Spiele erinnern, die auf diese flotte und klare Art so viele Mechaniken verbinden: Aufbau und Rohstoffe, Terrain und Routen, Rekrutierung und Kampf, Heldenkarten und eine autark agierende Cthulhu-Fraktion. Normalerweise steht ja komplexere 4X-Strategie für diese Symbiose. Aber Martin Wallace gelingt es, die wesentliche Merkmale aus Aufbau und Eroberung auf unterhaltsame Art zu komprimieren, so dass ein knackiger Spielfluss aus Aktionen entsteht. Hinzu kommt nicht nur die edle Illustration, die für ein gediegenes pseudohistorisches Flair der 30er Jahre sorgt, sondern der tolle Zeit- und Bewegungsmechanismus. Er sorgt nicht nur dafür, dass die Uhr mit jeder Aktion tickt, so dass man möglichst effizient in der Frühphase agieren muss, sondern fügt dem Ganzen noch eine Bedrohungsphase hinzu, in der die Großen Alten plötzlich als zusätzliche Fraktion erwachen und eine Farm nach der anderen verwüsten. Richtiges Horrorflair kommt zwar nicht auf, weil sich der Wahnsinn lediglich auf die Truppen als Kollektiv auswirkt. Aber auch so entsteht ein spannender Wettlauf bis zum letzten Zug. Der Wiederspielwert ist dank doppelt bedruckter Weltkarte sowie einiger Modifikationen und Solomodus ebenfalls gegeben.


Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.

Kommentare

Darkstar_1001 schrieb am
Gestern gekauft und direkt ausprobiert. Super Spiel. Danke für den Tip :D
SaSet schrieb am
Ich will mal kurz Klugscheissen:
Australien wird sehr wohl von den "Grossen Alten" heimgesucht. Und zwar in der Geschichte "The Shadow Out of Time". Da gehts um die Grosse Rasse von Yith, deren längst vergessenen Tempel in der "Great Sandy Desert" verborgen liegen.
Man kann jetzt darüber streiten ob es sich dabei um eine Rasser der "Grossen Alten" handelt. Aber wenn die schon da waren, warum auch keiner der "Grossen Alten".
Raskir schrieb am
Bei mir das Gegenteil. Mag lieber die eurogames. Apropos, wird Mal wieder zeit für gaiaproject ')
Hightower76 schrieb am
Mir hat das Spiel überhaupt keinen Spass bereitet. Viel zu einfaches Spielprinzip, kein Flair und keine Atmosphäre. Bin aber eh eher der Ameritrash-Fan (vor allem alles von FantasyFlightGames).
Meinen drei Kumpels hatte es ebenso wenig Spass gemacht. :(
tunabrain schrieb am
olaf85 hat geschrieben: ?11.01.2019 12:51 Wo ich das so schreibe kommt mir noch eine Frage: Weiß jemand, ob es ein nicht-kooperatives Spiel gibt, bei dem es eine vom Spiel gesteuerte Fraktion gibt (so wie die großen Alten hier), die alle bekämpfen müssen, die sich durch geschicktes spielen aber auch als Störfaktor/Waffe gegen die Mitspieler einsetzen lässt? Das fände ich mal unheimlich spannend...
Dungeon Alliance oder Dungeon Quest / Arcadia Quest könnten eventuell etwas in diese Richtung sein.
Cheers
schrieb am