Special: Cthulhu in Down Under
Die Großen Alten...
...haben gewonnen. Zwar erinnere ich mich an keine Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft, in der sie auch Australien heimsuchen würden. Aber wir waren trotz unserer Häfen, Luftschiffe und Soldaten nicht in der Lage, ihre Eroberungen in Down Under aufzuhalten. Nach knapp einer Stunde ist die Zeit abgelaufen und ihr lila Siegpunktemarker liegt klar vor unseren gelben und roten. Doch das Schöne an dieser Mischung aus Aufbau, Ernte, Wirtschaft, Verkehr sowie Militär ist, dass sie trotz all dieser unterschiedlichen Elemente sehr flott abläuft. Das ist also kein zähes Wargame oder komplexe 4X-Strategie, sondern ein klar strukturierter Eroberungstrip. Deshalb hat man nach einer Niederlage sofort Lust auf eine Revanche!
Schienen, Farmen und Soldaten
Zunächst gibt es eine Aufbauphase, in der die in drei Stufen sortierten Monster noch verdeckt im Hinterland lauern - man zieht ihre Karten zufällig, so dass man nie weiß, welcher Art von Zombie bis Cthulhu man begegnet. Manchmal hat man auch Glück und es ist nur ein Känguruh. Auch die vier Rohstoffe Eisen, Kohle, Gold sowie Phosphor sind immer anders
Der Clou ist: Man bewegt keinen Siegpunktemarker am Rand des Spiels, sondern nach jeder Aktion einen Zeitmarker seiner Farbe. Das heißt, dass alles vom Bau bis zum Kampf unterschiedlich viel Zeit frisst. Und sobald alle Spieler am etwas weiter vorne platzierten lila Marker vorbei marschieren, wachen die Großen Alten als zusätzliche Fraktion auf. Erst jetzt kommen mysteriöse Ereignisse hinzu und erst jetzt werden ihre Monster nach einem cleveren Automatismus bewegt, der vor allem die existierenden Farmen ins Visier nimmt. Sobald sie eine erreichen, wird sie verwüstet; schaffen sie es sogar bis zum Hafen eines Spielers, heißt es Game Over.
Cthulhu und seine Schergen erwachen!
Dieser Zeitmechanismus ist eine tolle Idee, denn so wird nicht nur die Aufbauphase klar definiert, so dass man möglichst effizient seine Wirtschaft und das Militär vorbereiten muss. So entsteht auch eine stimmungsvolle Dramaturgie, die diese unheimliche Macht abbildet.
Und man hat nicht unbegrenzt Zeit, ihre Monster aufzuhalten, denn die Uhr tickt, bis sie einen Zielmarker erreicht, der die Endwertung einläutet. Es geht also nicht um die totale Vernichtung! Nach dem Aufbau muss man die Großen Alten möglichst effizient in einer Kampfphase dezimieren, indem man ihre Tempel schleift und seine Gebäude schützt, denn es gibt vor allem Siegpunkte für unversehrte Farmen sowie vernichtete Monster. Die Großen Alten bekommen wiederum Siegpunkte für verwüstete Farmen, übrig gebliebene verdeckte sowie aktive Monster, die sogar doppelt für sie zählen! All das sorgt gerade in den letzten Zügen für einen Wettlauf zwischen Menschen und den Großen Alten.
Kämpfe mit etwas Wargame-Flair
Wie laufen die Kämpfe ab? Über zufällig gezogene Karten und ein erweitertes Schere-Stein-Papier-Prinzip, das mit Reichweiten und Truppentypen für etwas Wargame-Flair sorgt. Sprich: Bestimmte Einheiten wie Infanterie, Zugpanzer, Artillerie oder Luftschiffe haben besondere Stärken gegen spezielle Monstertypen. Daher hat eine gemischte Truppe im Zweifel bessere Chancen gegen einen unbekannten Feind, kostet aber auch mehr Zeit. Wer also immer auf Nummer sicher geht und alle Mann aus der Kaserne an die Front bringt, hat letztlich weniger Aktionen zur Verfügung. Zwar spielt letztlich jeder für sich und sammelt eigene Siegpunkte für besiegte Feinde, aber man kann ein besonders mächtiges Monster auch zu zweit bekämpfen und darf sich nicht gegenseitig attackieren.
Heldenkarten und Modifikationen
Außerdem sorgen die Karten der Helden für nützliche Modifikationen: Zu Beginn liegen fünf Persönlichkeiten mit einmaligen oder permanenten Fähigkeiten aus, die ständig in der Auswahl wechseln. Wer sie rekrutiert
Hinzu kommen einige Modifikationen im angenehm verständlichen Regelwerk, die den Wiederspielwert erhöhen: Abgesehen von speziellen Karten mit Zielen und Anpassungen für zwei oder drei Spieler, die auch den kooperativen Aspekt über die gemeisname Nutzung von Schienen etc. vertsärken können, den anpassbaren Schwierigkeitsgraden sowie der erwähnten zweiten Weltkarte, die für ein anderes Gelände sowie Rohstoffvorkommen sorgt, lässt sich AuZtralien auch richtig gut alleine spielen - inklusive einer Punktetabelle, um das eigene Abschneiden einordnen zu können.
Was gefällt nicht so gut?
Es gibt wirklich wenig zu meckern. Aus der Perspektive von Cthulhu-Fans fehlt vielleicht die spürbare Horror-Komponente, denn die Wahnsinns-Marker bilden das nicht wirklich ab - dafür eignen sich eher klassische Abenteuer wie Villen des Wahnsinns oder Arkham Horror. Die ersten Aktionen spielt man zudem immer gleich und natürlich sorgen die Karten im Kampf für eine Zufallskomponente, die Feldherren nicht schmecken wird. Der große Vorteil von AuZtralien könnte für einige Vielspieler oder Genre-Experten auch ein Nachteil sein: Hier bekommt man eine Fülle an
Ausblick
Ich bin angenehm überrascht von AuZtralien! Ich kann mich nicht an viele Spiele erinnern, die auf diese flotte und klare Art so viele Mechaniken verbinden: Aufbau und Rohstoffe, Terrain und Routen, Rekrutierung und Kampf, Heldenkarten und eine autark agierende Cthulhu-Fraktion. Normalerweise steht ja komplexere 4X-Strategie für diese Symbiose. Aber Martin Wallace gelingt es, die wesentliche Merkmale aus Aufbau und Eroberung auf unterhaltsame Art zu komprimieren, so dass ein knackiger Spielfluss aus Aktionen entsteht. Hinzu kommt nicht nur die edle Illustration, die für ein gediegenes pseudohistorisches Flair der 30er Jahre sorgt, sondern der tolle Zeit- und Bewegungsmechanismus. Er sorgt nicht nur dafür, dass die Uhr mit jeder Aktion tickt, so dass man möglichst effizient in der Frühphase agieren muss, sondern fügt dem Ganzen noch eine Bedrohungsphase hinzu, in der die Großen Alten plötzlich als zusätzliche Fraktion erwachen und eine Farm nach der anderen verwüsten. Richtiges Horrorflair kommt zwar nicht auf, weil sich der Wahnsinn lediglich auf die Truppen als Kollektiv auswirkt. Aber auch so entsteht ein spannender Wettlauf bis zum letzten Zug. Der Wiederspielwert ist dank doppelt bedruckter Weltkarte sowie einiger Modifikationen und Solomodus ebenfalls gegeben.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.
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