Special: Die Demoszene (Sonstiges)

von Jörg Luibl



Die Demoszene
Sonstiges
Entwickler: 4Players
Publisher: -
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Interview mit Jürgen Beck

4Players: Mit Demos verbindet man heute spielbare Games. Was verbirgt sich hinter der Demoszene?

Jürgen Beck: Bei der Demoszene handelt es sich um eine Subkultur der Computerszene, die dank ihrer Kreativität optisch und audiovisionell beeindruckende, vollständig am Computer generierte Effekt-Clips, so genannte Demos, veröffentlicht. Diese selbstablaufenden Multimedia-Demonstrationen beinhalten beispielsweise 3D-Szenen, spektakuläre Shader- und Partikeleffekte, aufwändige Grafiken und viele abstrakt wirkende Objekte, die allesamt in Echtzeit dargestellt und berechnet
Dieses Interview ist nur ein Teil des Themas "Die Demoszene".

 

Dort findet ihr u.a. den Gastbeitrag von Jürgen Beck sowie ein Porträt. Außerdem haben wir einige Demo-Schmankerl als Downloads im Angebot.
werden. Untermalt von meist perfekt auf diese Szenen abgestimmter Musik ergibt sich so ein beeindruckendes Gesamtwerk, dessen abgedrehter Design-Stil vielleicht nicht für den Massengeschmack konzipiert ist, dessen Vielfältigkeit und technischer Fortschritt jedoch mitverantwortlich für heutzutage in der Spielebranche üblichen Technologie ist.

4Players: Was fasziniert Sie an der Demoszene?

Jürgen Beck: Dieses Gespür für exzellentes Design, die technischen Möglichkeiten und das daraus resultierende Endprodukt - ein multimediales Kunstwerk, das die Sinne berauscht. Wie eben bei einem guten Film, wo Musik und visuelles Schauspiel miteinander harmonieren und so eine besondere Atmosphäre heraufbeschwören. Nur eben am Computer.

4Players: Inwiefern sind Sie in die Demoszene involviert? Basteln Sie selber an Demos?

Jürgen Beck: Über Jahre hinweg war ich einfach nur Demo-Freak. 1998 gründete ich schließlich das Web-Projekt www.back2roots.org , das sich sowohl mit Spielen für den Amiga-Computer, als auch dessen Demoszene beschäftigt und ausgewählte Downloads inklusive Bewertung bietet. Ein knappes Jahr später erweiterten wir unser Archiv um eine PC-Demo-Rubrik und stellten auch da die besten Releases online. Da wir durch unsere Spiele-Downloads eine andere Zielgruppe ansprechen, als beispielsweise reine Szene-Archive wie etwa www.scene.org, konnten wir die Szene einem neuen Publikum präsentieren - mit Erfolg, denn die Downloadzahlen sind wirklich beachtlich!

Ansonsten bezieht sich meine Verbindung zur Demoszene auf die schreiberische Tätigkeit. Für Diskmags wie Pain oder Jurassic Pack habe ich in der Vergangenheit den ein oder anderen Artikel geschrieben. Auch in Print-Magazinen wie der Mac Life (www.mac-life.de) oder der demnächst erscheinenden ersten Ausgabe des Demo-Magazins SCEEN (www.sceen.org), finden sich Artikel von mir zu diesem Thema wieder. Momentan betreue ich außerdem zwei Demo-Projekte für eine bekannte deutsche Spieleseite ;-), wobei ich bei einer davon auch am Design mitwirke. Das ist eine wirklich aufregende und spaßige Erfahrung für mich!

4Players: Na, na - wir wollen hier nicht zu viel verraten! Gibt es nationale Unterschiede in der Szene, oder ist sie eher international geprägt?

Jürgen Beck: Die Demoszene ist eine weltweite Gemeinschaft in der es keine Unterschiede gibt. Auf Demo-Parties in der ganzen Welt trifft man sich zum Feiern, Erfahrungsaustausch - und natürlich um die neuesten Kreationen vorzuführen. Das soll jetzt nicht bedeuten, dass man unbedingt ein Weltreisender sein muss, um Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Das Internet ist eine hervorragende Alternative zu den zuvor genannten Punkten. Über IRC-Channels, Foren und natürlich ICQ wird man genauso akzeptiert und unterstützt.

In Deutschland hat diese Bewegung einen hohen Stellenwert, was Gruppen wie Farbrausch, Black Maiden, Nuance und viele andere jedes Jahr aufs Neue mit exzellenten Releases zeigen. Auch in Frankreich, der Schweiz, Skandinavien und den Ostblock-Staaten, dort vor allem Polen, Russland, die Ukraine und die Tschechei, ist diese Form der digitalen Kunst äußerst populär.´Schade ist hingegen, dass die Szene über dem großen Teich oder in England nur wenig Aufmerksamkeit erregt.

4Players: Denken Sie, dass dieser kreativen Untergrundbewegung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird?

Jürgen Beck: Auf jeden Fall. Vor allem in den Print-Medien vermisse ich fundierte Berichte über die Welt der Demos. Dass es dort ein ungeheueres Potential gibt, technische Meisterleistungen vollbracht werden und heutige Games davon profitieren, wird leider übersehen. Anderen Freizeitkünstlern, etwa diejenigen, die an Mods und neuen Maps für Spiele basteln, wird hingegen mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Spielewelt vergisst, dass vor allem die Szene bezüglich der Technik einen großen Beitrag zur heute möglichen Technik in Spielen geleistet hat. Spektakuläre Effekte, die nur auf sündhaftteueren, für Normalsterbliche nicht finanzierbaren, Hochleistungsrechnern möglich waren, haben findige Programmierer bereits auf den damaligen Heimcomputern gezeigt.

Heutzutage findet man doch überall um uns herum Stilmittel, die erst durch die Szene an Popularität gewonnen haben. In angesagten Clubs herrschen VJs über die tanzwütigen Massen, indem sie Effekte aus der Demoszene an die Wände projezieren, die sich im Rhythmus zur Musik verändern. Oder nehmen wir einfach einmal den Musiksender MTV, wo Werbepausen mit coolen, abgedrehten kleinen Effektfilmchen angekündigt werden. Und genau dieser Coolness-Faktor, die Kunst des Designs, ist es, der die Szene heutzutage auszeichnet, ohne dabei den Blick für spektakuläre Technik zu verlieren. Welcher Spieleprogrammierer schert sich eigentlich noch um Speicherplatz? Die Szene hingegen schafft es, 3D-Szenen in Qualität einer Quake-3-Arena-Engine in nur 64 Kilobyte
(!) unterzubringen.

4Players: Die einen arbeiten frei, die anderen an festen Projekten. Wie nah sind sich Demo- und Spiele-Entwickler in Sachen Mentalität?

Jürgen Beck: Ich würde sagen, dass sich beide Parteien mittlerweile näher gekommen sind. Früher, vor rund 15 Jahren, war Demo-Coding ein reines Hobby. Geld spielte keine Rolle. Man wollte einfach das Letzte aus dem Computer holen, neue technische Meisterleistungen zeigen.
Natürlich gibt es auch heute noch genügend Scener, die nach diesem Motto arbeiten. Und doch hat sich einiges entscheidend verändert. Vor allem auf vielen Demo-Parties regiert inzwischen der Kommerz. Die Veranstaltung "The Party" in Dänemark ist hierfür das perfekte und zugleich auch traurigste Beispiel.

Jahrelang galt dieses Treffen als das Beste in der Szene. Einige der genialsten Demos und Intros überhaupt wurden dort veröffentlicht. Dann hielt die Games-Branche Einzug. Die Preisgelder wurden höher und es gab sogar eine eigene LAN-Area für Multiplayer-Duelle. Das Gaming rückte immer mehr in den Mittelpunkt, während der typische Scene-Spirit kaum noch vorhanden war. Kein Wunder, dass immer weniger Scener an dieser "Party" teilhaben wollten. Statt gemütlichem Beisammensein, Partylaune und coolen Demos erhielten Spieler und Sponsoren mehr Aufmerksamkeit.

Zum Glück gibt immer noch einige fantastische Veranstaltungen, wie etwa die Breakpoint in Bingen am Rhein oder die Evoke, die im August wieder in Köln stattfindet, die nichts von alledem wissen wollen.

Gut ist hingegen, dass immer mehr Szeneleute den Sprung ins kommerzielle Business schaffen. Das kommt den heutigen Spielen durchaus zu gute, da sie zumindest optisch über mehr Style verfügen.
Alleine das Menüsystem von Chronicles of Riddick ist doch bereits den Kauf des Spiels wert. Wo hat man zuvor solch cool designte Menüs gesehen?

4Players: Welche Spiele-Magazine lesen Sie am liebsten? Und warum?

Jürgen Beck: GEE - das einzige Magazin, das sich an erwachsene Leser richtet, tolle, meist einzigartige Reportagen bietet und auch beim Schreibstil allen anderen Zeitschriften auf dem Markt überlegen ist.
Um auf dem Laufenden zu bleiben aber auch noch andere Magazine wie PC Games, Gamestar oder GamePro.

4Players: Sie schreiben in Ihrem Porträt, dass Sie keine Online-Games brauchen. Warum nicht?

Jürgen Beck: Für mich haben Mehrspielerduelle auf dem Amiga begonnen, vor allem mit Fußballspielen wie Kick Off oder Sensible Soccer. Und dort haben sie für mich auch aufgehört. Zu zweit vor einem Bildschirm sitzen und sich die Bälle um die Ohren zu schlagen, das war äußerst spassig. Über LAN oder Internet gegen menschliche Gegner, meist in irgendwelchen 3D-Shootern, anzutreten, übt auf mich jedoch keinerlei Faszination aus. Ich möchte lieber eine spannende Geschichte erleben und dabei eine faszinierende Welt erkunden, als durch irgendwelche Maps zu hopsen. Klar, World of Warcraft wäre für mich als Fantasy-Liebhaber wohl das perfekte Online-Spiel, nur fehlt mir dafür leider die Zeit. Oder sollte ich sagen: Gott sei Dank die Zeit ;-)

4Players: Welche der kommenden Konsolen (Xbox 360, PS3, Revolution) würden Sie sich zulegen, wenn Sie sich für eine entscheiden müssten? Und warum?

Jürgen Beck: Ich denke, dass ich mich für die PS3 entscheiden würde, weil bereits die Spiele für die PS2 meinen Geschmack am besten getroffen haben. Auf Konsolen mag ich es, Jump'n Runs oder Action-Adventures zu spielen, und davon gibt es für die PS2 einfach genügend. Ego-Shooter (Single-Player) hebe ich mir hingegen lieber für den PC auf, da ich bei diesen auf Konsolen, ohne die übliche Steuerungsmethode aus Maus und Tastatur, einfach kein Land sehe.
Als bekennender Mario- und Zelda-Fan sollte ich eigentlich den Revolution wählen, doch ist mir hierüber einfach noch zu wenig bekannt.

Die Online-Fähigkeiten der neuen Konsolen spielen für mich beim Kauf keine Rolle. Da ich jedoch begeisterter Retro-Gamer bin, freue ich mich über den kommenden Download-Service von Nintendo besonders, um einige der alten NES- und SNES-Klassiker erneut spielen zu können.

Insgesamt hoffe ich jedoch, dass die Demoszene auf den Konsolen der neuen Generation stärker Fuß fassen wird. Die Konsolen-Szene steckt noch in den Kinderschuhen. Es gibt nur wenige Gruppen, die bislang auf PS2, XBox und Dreamcast coole Demos programmiert haben. Einzig die Gameboy-Advance-Szene ist mächtig aktiv und zeigt dies immer wieder aufs neue mit spektakulären Veröffentlichungen.

4Players: Sie sind Anlauftrainer bei einem Automobilkonzern. Was zum Henker tut man da? Und hat das noch entfernt etwas mit Ihrem Hobby zu tun?

Jürgen Beck: Man kümmert sich vor dem Serienstart eines neuen Modells um die Qualität der einzelnen Bauteile. Ich bin Teil eines Teams im Bereich Türenmontage. Dort arbeiten wir mit den Herstellern der einzelnen Komponenten, sowie den Konstrukteuren des Fahrzeugs zusammen, testen die Teile auf Ihre Passformen und Verarbeitung, tragen Änderungswünsche vor usw. Bevor das Fahrzeug letztendlich in Serie geht, steht noch die Schulung der Montagearbeiter auf dem Plan. Was das mit Computern zu tun hat? Nun, wir arbeiten mit Excel, Word und PowerPoint. ;-)

4Players: Auf welche Spiele freuen Sie sich dieses Jahr am meisten?

Jürgen Beck: Ich denke, dass es das neue Zelda für den GameCube sein wird. Auf dem PC kommt mir spontan The Darkness von den Starbreeze Studios in den Sinn, da einige Leute daran arbeiten, die früher richtig gute Szenedemos erstellt haben. Auch F.E.A.R. von Monolith sieht äußerst vielversprechend aus. Ansonsten freue ich mich auf hoffentlich viele gute Release bei der diesjährigen Assembly-Demo-Party.

4Players: Wie läuft so eine Party ab? Ist das ähnlich wie bei LAN-Partys?

Jürgen Beck: Das kommt auf die Demo-Party an, die man besucht. Will man die "echte" Demoszene kennenlernen und in entspannter Atmosphäre Feiern, Plaudern und gute Releases erleben, bieten sich Veranstaltungen wie die Breakpoint (http://breakpoint.untergrund.net) oder Evoke (www.evoke2005.net) - beide übrigens in Deutschland - an. Dort haben Gamer nichts verloren und die Organisatoren achten darauf, dass der Scene-Spirit nicht durch Multiplayer-Duelle unterbrochen wird. Man wird jede Menge netter Leute aus aller Welt treffen, feststellen, dass Polen eine Menge Bier trinken und Finnen, egal bei welcher Wetterlage, ein Lagerfeuer anzünden können ;-)

Andere Veranstaltungen, etwa die The Gathering in Norwegen oder die Assembly in Finnland hingegen bieten außerdem noch spezielle Areale für Gamer. Diese sind dann vollständig auf LAN-Party ausgerichtet, wobei es auch hier Wettbewerbe für Teams gibt. Auch wenn der Scene-Spirit etwa auf der Assembly nicht mehr so hoch angesiedelt ist, wie auf der Breakpoint, so macht der Besuch dennoch Spaß. Interessant ist vor allem, dass bekannte Spieleentwickler wie Remedy, die ihre Wurzeln in der Szene haben, dort Vorträge halten und man viel über Technik, Business und Spieldesign lernen kann. Das gibt es zwar auch auf der Breakpoint, aber in einem kleineren Rahmen.

Für alle Demo-Parties gilt, dass über mehrere Tage hinweg gefeiert wird, verschiedene Wettbewerbe (Demo, 64k Intro, 4k Intro, diverse Musik- und Grafik-Compos) abgehalten werden und am letzten Tag die besten Werke per Besucherwertung mit Geld- und Sachpreisen gekürt werden. Jeder Besucher kann seinen eigenen Rechner mitbringen und über das Netzwerk mit anderen Leuten kommunizieren. Andere hingegen verzichten auf eigenes Equipment und verbringen die meiste Zeit im Freien um Freundschaften zu pflegen und neue Leute kennenzulernen. Nur bei den Wettbewerben ist die Halle dann proppenvoll, denn niemand möchte die neuesten Demos verpassen. Manche Demo-Programmierer stehen auf Party-Coding, d.h. sie stellen die Demo erst kurz vor der Deadline fertig. Das bedeutet schlaflose Nächte und 30-40 Stunden Dauerstress.
Aber genau das ist es, was viele lieben, denn unter Zeitdruck entstehen oftmals die besten Sachen!

4Players: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit den geplanten Projekten - wir werden ein Auge darauf werfen!   

Kommentare

johndoe-freename-83420 schrieb am
Wenn ich im Media-Markt an den Konsolen vorbei gehe und mir 13jährige pickelige Zocker anschauen muss, die glauben Tekken sei das Nonplusultra der elektronischen Unterhaltung wird mir ganz warm um\'s Herz, weil ich Zeuge einer Ära werden durfte, als Spiele noch von Spiele-Liebhabern gemacht wurden und Demos grund genug waren sich einen Amiga 500 zuzulegen!^^ Mann, wie ich diese Zeiten vermisse!
schrieb am