Special: Frauen über Spiele (Sonstiges)

von Claudia Nimmesgern



Frauen über Spiele
Sonstiges
Entwickler: 4Players.de
Publisher: 4Players.de
Release:
kein Termin
Spielinfo


Pampers und PC: Frauen entern den Gamesmarkt.

Ein Gastbeitrag von Claudia Nimmesgern (PR-Beraterin & Germanistin)

Alteingesessenes Szenario herber Paar-Wirklichkeit: Der Kerl hockt mit bärbeißigen, stolzen Schweiß des harten Tags verströmenden Kumpels im Herrensalon. Glücklich suhlen sie sich zwischen Kabeln, Steckern und Headsets, zocken den neuesten Shooter, führen ihren hippen Palm vor oder diskutieren erregt Vorteile von UMTS. Frauen meiden diese Ansammlung von Geruch und Abkürzungen. Lieber plaudern sie über chemische Deo-Finessen, führen hippe Pants vor, diskutieren die Vorteile stärkefreier Ernährung und vermuten hinter dem Gockel-Gebaren des Kollegen einen in der Kindheit fußenden Minderwertigkeitskomplex.

Das klingt aktuell. Ist es aber nicht. Zwar verstehen noch immer nicht alle Männer den Sinn eifriger Körperhygiene, und noch immer fahnden eher Frauen nach wahren Beweggründen menschlichen Handels. Doch Technik, die haben wir Mitstreiterinnen des Dritten Jahrtausends uns zu Eigen gemacht. Nicht nur am Zeran-Herd oder im Anti-Aging-optimierten Home-SPA, dem häuslichen Badezimmer. Frauen meistern heute eine uralte Männervision: Sie verbinden Ästhetik mit Lust auf elektronische Spielerei.

Neuesten Zahlen zufolge sind 20 Prozent deutscher PC- und Konsolengamer weiblich. Von den Girls bis 20 besitzen über 40 Prozent die elektronischen Zeitvertreiber. Auch Forschungen darüber nehmen zu. Teilweise mit erstaunlichen Ergebnissen: Frauen mögen Lara Croft nicht, heißt es unter anderem, weil sie eine "Männerphantasie" darstelle und der "unnatürlich proportionierte Körper" sexistisch sei. Richtig! Viel lieber bewegen wir uns als zellulitisverzierte Heldin ohne Orientierungssinn, mit total authentischen Augenringen und Hang zur Impulshandlung durch die Gegend …

Solche Aussagen nähren die Vermutung, Theorieforschung sei von Männern dominiert. Wie die Programmierung selbst: Derzeit liegt die Anzahl Games entwickelnder Frauen weltweit gut unter 10 Prozent. Dass da selten der feminine Ton getroffen wird, wundert nicht. Sollen die Typen durch den zweiten Weltkrieg robben oder in Flugsimulatoren abheben. Gern. Aber gute Spiele bieten mehr - und vieles, was Frauen gefällt: schöne Bilder zum Beispiel, abgefahrene Storys oder Protagonisten zur Identifikation. Gemessen an der Anzahl der User reizen Onlinerollenspiele Frauen besonders; hohe Anforderungen der MMORPGS an Kommunikationstalent, Weitblick und schlaues Handeln statt stumpfes Highscore-Schrubben mögen der Grund dafür sein.

Doch in einem großen Wald flattern alle Arten von Vögeln; was wir Holden gerne zocken, berührt zum Glück nicht nur oft beschworene weibliche Tugenden. Als geboostete Pistensau den Asphalt rocken, im Blutrausch baden, lustzuckend ethnische Minoritäten glattnieten und immer die Mucke bis zum Anschlag, das belebt Konsoleras und PC-Perlen genauso wie xy-Chromies. Schon erscheinen im Internet erste Foren, in denen junge Mütter nach Erfahrungswerten fragen, wie Stillen und Chillen verbunden werden, ob Pampers und PC Symbiosen erzielen können.

Der Kapitalismus fackelt nicht lang: Kaum haben Frauen das e-Entertainment entdeckt, rennen ihnen Marketingschergen hinterher. Denn bei allen Änderungen bleiben bestimmte Items der Konsumwelt eindeutig Favoriten. Nie begreifen Männer, warum zwei Paar Schuhe nicht ausreichen, um mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Und trügen Kerls Handtaschen, beulte kein dickes Portmonnee mehr ihre Jeans aus! Das wissen wir und haben deshalb für jede Hose, die wir in den nächsten Dekaden zu kaufen planen, vorsorglich bereits eine Handtasche in petto. Der Gamesmarkt reagiert mit neuem Merchandise-Stoff. Zum Beispiel mit T-Shirts unter Zeltgröße, mit V-Ausschnitt und auch mal in rot. Von Kerls bevorzugtes Schwarz (muss man nie waschen) verblasst. Coole gelabelte Handtaschen, mit denen frau abends auf die Bahn gehen kann, zieren plötzlich die Regale, trendy und nur zart gebrandete Winterjacken unterstreichen neues Modebewusstsein der Publisher. Lesezeichen, Stofftiere und Butterbrotdosen gesellten sich zur Range der Merchandise-Artikel hinzu.

Wir warten. Auf den bebenden Burnout-Bra, Bettzeug Bettelfield 2 in Übergröße, auf warme WOW-Winterboots oder Half Life Ultra für die Tage im Low Level. Bis die kommen, scheren wir uns nicht um Gender-Kategorien und zocken einfach weiter.

Ich bin dann auch weg. Mom rächen.
           

Kommentare

johndoe-freename-865 schrieb am
Wenn ich in meinen Schrank schaue, sehe ich da schon etwas Rotes. Das Problem: Das ist mein Kopf, der vor Scham errötet (ich habe einen Spiegel in der Schranktür). Tja, so gut wie jedes Video-Spiel-Merchandise-Kleidungsstück ist schwarz. Vom Time-Splitters-Pulli über ein altes Sternenschweif-Hemd (DSA2) bis hin zu den lustigen Linux \"Ich bin root, ich darf das!\"-T-Shirts. Mein Gott war ich froh, als ich da noch ein weißes Codemasters-Shirt von der GC letzten Jahres fand. Das beruhigte mich erstmal.
Um dem männlichem Klischee aber zu entsagen fehlen uns aber ein paar Produkte:
Der Zelda-Deo-Roller, duften wie Link nach einem Abenteuer
Der NFS-Rasierer, getunet mit 4 Klingen, die sich der Kurvenlage des Gesichts anpassen
Die PacMan-Zahnbürste, damit sie auch morgen noch kraftvoll gelbe Pixel fressen können
Wer jetzt bestellt erhält noch gratis eine Tube Yoshi-Zahnpasta und das Lehrvideo \"Gordon Freeman wäscht sich\"
Leider wird mir durch den obigen Artikel etwas klar: Frauen erkämpfen sich nicht den Video-Spiel-Markt, sie selbst sind das Geschäft der Publisher. Aber anstatt gescheite feminine Spiele zu produzieren, verdienen die ihr Geld mit Handtaschen und Monatsbinden mit hohem Gore-Faktor.
Naja, wenigstens komme ich da auf ein Paar Ideen für Weihnachten. Ob meiner Freundin der Lara-Croft-Wonderbra gefallen wird, oder doch lieber der Far-Cry-Tanga?
Auf jeden Fall ein SUPER-Artikel! Wirklich ein Lob!
Ich muss aber jetzt los; Schuhe kaufen!
johndoe-freename-67557 schrieb am
Genial - einfach nur genial !!!
Ich kan aus dem schmunzeln gar nicht mehr heraus. Leider ist vieles davon wahr aber es ist sehr schoen verpackt. Du solltest, oder sollte ich besser \"Sie\" sagen Oo (ja ich weiss maennlicher Stumpfsinn *g*), oefter schreiben :)
gloomy schrieb am
Hehe, sehr gut geschrieben, netter Stil. Naja, bei einer Germanistin und PR-Beraterin, die es gewohnt ist, gewiefte Pressetexte zu schreiben, kein Wunder.
schrieb am