The World Ends with You26.10.2018, Jens Bischoff

Im Test: Erneute Rückkehr nach Tokio

Nachdem schon das DS-Original sowie die iOS-Adaption Solo Remix begeistern konnten, haben Square Enix und Nintendo The World Ends with You (ab 57,14€ bei kaufen) nun auch als Final Remix für Switch veröffentlicht. Wie gut die Umsetzung des Anime-Rollenspiels auf die Konsole gelungen ist, klärt der Test.

Tödlicher Countdown

Neku Sakuraba ist ein Teenager, der, auch wenn er am liebsten für sich ist, viel Zeit in Tokios belebtem Stadtbezirk Shibuya verbringt. Einfach nur abhängen, Musik hören und von niemandem blöd angestarrt werden - hier ist das kein Problem für den Einzelgänger. Er geht unter, in der ihm so verhassten Masse.

Neko staunt nicht schlecht als plötzlich ein Countdown auf seiner Hand zu ticken beginnt.
Doch heute ist alles anders: Neku liegt mitten auf der pro Ampelphase oft von mehreren Tausend Menschen frequentierten Alle-Gehen-Kreuzung als er zu sich kommt. Sein Gedächtnis ist wie ausgelöscht und niemand scheint ihn zu beachten. Alle gehen wortlos an ihm vorbei. Trotzdem hört er Stimmen in seinem Kopf.

Als er seine Hand öffnet, entdeckt er einen mysteriösen Pin darin. Ob der ihn die Gedanken von Passanten hören lässt? Allem Anschein nach ja. Doch leider bleibt ihm nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn plötzlich meldet sich sein Handy und eine Nachricht weist ihn an, innerhalb von 60 Minuten einem bestimmten Ort zu erreichen.

Von seiner Spielpartnerin Shiki ist Neku anfangs alles andere als angetan.
Falls nicht, werde er ausgelöscht. Absender: Die Reaper. Klar, Spam. Und weg damit! Doch alle Löschversuche scheitern und plötzlich beginnt ein Countdown in Nekus Handfläche zu ticken.

Kurz darauf wird er von monströsen Fröschen attackiert. Flucht scheint die einzige Option, da kein Mensch auf seine Hilferufe reagiert. Dann taucht ein junges Mädchen namens Shiki Misaki auf, das Neku auffordert einen Pakt mit ihm zu schließen, um den Froschangriff zu überleben. Und tatsächlich: Kaum hat Neku eingewilligt, erhält er einen weiteren Pin, mit dem er Flammen beschwören und so die Angreifer, die, wie er erfährt, Noise genannt werden, abwehren kann.

Alles nur ein Spiel?

Und so sind Shiki und Neku fortan ein Team. Ein Team in einem makaberen Spiel, das Neku nicht versteht, aber das der Schlüssel für seinen Gedächtnisverlust zu sein scheint.

Ein spezieller Pin lässt Neku auf einmal die Gedanken anderer Leute lesen und manipulieren.
Und auch wenn er Shiki nicht leiden kann, sind sie dank ihr zumindest rechtzeitig am gesuchten Ort eingetroffen, wonach der Timer auf seiner Handfläche verschwand. Doch zahlreiche Fragen blieben: Wo kamen diese Frösche her? Wer sind die Reaper? Ist dies das reale Tokio? Und vor allem: Warum bin ich überhaupt hier?

Doch wie schon beim letzten Mal bleibt auch dieses Mal nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn nach einem Blackout beginnt für die beiden ein neuer Tag mit einer neuen Mission und einem neuen Countdown. Die unfreiwillige Schnitzeljagd durch Tokio wird allerdings zunehmend schwieriger, das Lösen der Aufgaben immer anspruchsvoller. So muss man nicht nur Orte ausfindig machen und rechtzeitig erreichen, sondern auch immer fiesere Hindernisse überwinden. Von Kämpfen über Ratespiele bis hin zur Gedankenmanipulation fremder Menschen.

Gezielte Gehirnwäsche

Mit seinem Pin kann man nämlich nicht nur die Gedanken anderer Leute durch gezieltes Scannen hörbar machen, sondern ihnen auch anderswo aufgeschnapptes Gedankengut einpflanzen, um so wichtige Hinweise zu erhalten und Aktionen zu provozieren, die möglichst entscheidende Hindernisse aus dem Weg räumen.

Durch das Sammeln und Verbessern von Pins erhält Neku neue Kampffertigkeiten.
Zudem macht der Scan-Vorgang verborgene Monster sichtbar, mit denen man Kämpfe anzetteln kann, um stärker zu werden oder neue Pins zu erhalten. Diese verleihen einem nicht nur ein immer breiteres Arsenal an Fertigkeiten, sondern können auch durch Benutzung stufenweise verstärkt werden.

Manche können sich beim Erreichen der Maximalstufe sogar verwandeln und so noch mächtigere Fertigkeiten bereitstellen, die sich in Decks organisieren lassen. Die Anzahl der ausrüstbaren Pins pro Deck ist zwar begrenzt, nimmt mit der Zeit aber stetig zu, so dass Neku immer flexibler wird. Man kann Gegner rammen, anzünden, einfrieren, Erdbeben verursachen, Objekte herumwirbeln oder eigene Verletzungen heilen. Die Ausführung erfolgt durch bestimmte Bewegungen wie Streichen, Kratzen, Tippen, Kreisen oder Drücken, wobei Switch-Spieler jederzeit zwischen JoyCon-basierter Knopf- und Bewegungssteuerung oder Bildschirm-basierter Touch-Kontrolle wie im DS-Original wechseln können.

Letztere geht etwas leichter und genauer von der Hand, auch wenn bestimmte Eingaben nach wie vor falsch interpretiert werden, da sich Charakter- und Aktionskontrolle überschneiden können.
Die kombo-lastigen Echtzeit-Kämpfe kann man dank Koop-Modus jetzt auch zu zweit bestreiten.
Eine getrennte Steuerung für Laufbewegungen (Stick) und Kampfhandlungen (Touch) ist leider nur bedingt möglich, da die JoyCons sich nur verwenden lassen, wenn sie von der Switch abgekoppelt wurden. Dafür kann neuerdings jederzeit ein zweiter Spieler die Rolle des Teampartners übernehmen und mit einem eigenen JoyCon aktiv mitkämpfen.

Willkommene Rückendeckung

Auch wenn sonst nicht viel zu tun ist, verleiht die Koop-Funktion den kombo-lastigen Auseinandersetzungen eine willkommene zusätzliche Facette, die besonders dann interessant sein dürfte, wenn einer der beiden Spieler das Original oder die iOS-Adaption bereits kennt und einfach nur unterstützend zur Hand gehen will. Je besser man seine Kampfmanöver mit dem Partner abstimmt, egal ob allein oder zu zweit, desto schneller werden besonders verheerende Teamangriffe möglich, deren Durchschlagskraft sich in partnerspezifischen Reaktionstests anschließend noch deutlich steigern lässt.

Seine Pins kann man auch im Air-Hockey-ähnlichen Minispiel Tin Pin einsetzen.
Neben dem lokalen Zwei-Spieler-Modus wartet die Switch-Umsetzung auch mit einem Bonuskapitel auf, das einen nach Spielende zusätzliche Facetten der bizarren Spielwelt ergründen und neue Herausforderungen bestreiten lässt. Wer will, kann sich auch mit dem Air-Hockey-ähnlichen Minispiel Tin Pin vergnügen und an entsprechenden Wettbewerben in Tokios Spielhallen teilnehmen. Der allgemeine Schwierigkeitsgrad lässt sich erneut sehr facettenreich anpassen. Neben Grundeinstellungen wie einfach, normal und schwierig kann auch die eigene Stufe samt Lebenspunkten vorübergehend nach unten reguliert werden, um im Gegenzug die Beuterate zu erhöhen.

Eine Frage des Stils

Ebenfalls löblich ist, dass man jederzeit zwischen einer Original- und Remix-Fassung des nach wie vor grandiosen Soundtracks mit seinen vereinnahmenden Pop-, Rock-, Dance- und Hip-Hop-Tracks wählen kann. Schade allerdings, dass man nicht auch die restliche Vertonung überarbeitet und mehr Sprachausgabe implementiert hat, denn die macht sich für heutige Verhältnisse äußerst rar.

In den Geschäften Tokios kann man sich mit angesagten Klamotten und Snacks eindecken.
Dafür gibt es erstmals deutsche Bildschirmtexte. Die Qualität der Übersetzung weiß zu gefallen und passt meist gut zu den Eigenheiten der u. a. von Final-Fantasy- und Kingdom-Hearts-Designer Tetsuya Nomura gestalteten Charaktere.

Die im Manga-Stil präsentierten Figuren und Umgebungen sind trotz ihres Alters auch heute noch sehr stylisch. Zudem kann man in den Geschäften Shibuyas neue Klamotten und Accessoires erwerben, die nicht nur Einfluss auf Fähigkeiten und Charakterwerte haben, sondern in punkto Effizienz auch Markentrends unterliegen. So sind in jedem Viertel andere Marken in, die es sich besonders dann zu tragen lohnt, wenn kämpferische Auseinandersetzungen anstehen. Viele Klamotten kann man aber erst mit einem entsprechend hohen Budget kaufen und nur mit einem bestimmten Mutwert tragen.
Auch nach dem Finale gibt es noch einige Herausforderungen wie ein exklusives Bonuskapitel.
Doch wer genug Ausdauer an den Tag legt, kann das regionale Ansehen der Marken auch verändern und eigene Trends setzen. Schade nur, dass die aktuellen Klamotten keinen Einfluss auf das Erscheinungsbild haben.

Mit dem häppchenweisen Verdauen von Imbissgerichten kann man seine Werte sogar dauerhaft verbessern. Zudem erhalten Stammkunden in allen Lokalen und Geschäften mit der Zeit Kauf- und Tauschangebote für besonders attraktive Artikel. Lediglich die von den Charakteren verwendeten Klapp-Handys wirken angesichts des hippen Umfelds eher anachronistisch. Auch die Speicherfunktion mit nur einem, sich automatisch überschreibenden Spielstand ist wenig zeitgemäß. Ähnliches gilt für die rudimentäre Kartenfunktion, die vor allem anfangs immer wieder für Orientierungsprobleme sorgt. Letztendlich sind das aber nur Schönheitsfehler eines auch heute noch großartigen Spiels.

Fazit

The World Ends with You ist auch auf der Switch ein hervorragendes Rollenspiel, das mit seiner bizarren Story, den interessanten Charakteren und dynamischen Teamkämpfen nach wie vor kreative Akzente setzt. Wie schon im Solo Remix für iOS wurde auch der Final Remix gut an die Gegebenheiten der Plattform angepasst. So kann frei zwischen einer Bewegungssteuerung per JoyCon- und einer Touch-Steuerung wie im DS-Original gewählt werden. Zudem kann neuerdings jederzeit ein zweiter Spieler die Rolle des Kampfpartners übernehmen und kooperativ in die kombo-lastigen Auseinandersetzungen eingreifen - ideal, wenn man das Original bereits kennt und einem Neueinsteiger begleitend unter die Arme greifen will. Schade nur, dass es auch dieses Mal keine getrennte Steuerungsmöglichkeit für Bewegungen und Kampfaktionen gibt, so dass sich gewisse Manöver weiterhin überschneiden und für unnötige Fehlinterpretationen bzw. Hektik sorgen können. Dafür wurde inhaltlich eine Schippe draufgepackt und ein zusätzliches Story-Kapitel implementiert. Darüber hinaus gibt es auf der Nintendo-Konsole auch erstmals deutsche Bildschirmtexte und der nach wie vor famose Soundtrack erklingt wahlweise im Original oder als Remix. Lasst euch diesen bizarren Trip nach Tokio auf keinen Fall entgehen!

Pro

innovatives Spielkonzept
Rollenspiel, Rätsel & Action
interessante Parallelwelt-Story
Schwierigkeitsgrad vielfältig modifizierbar
klasse Präsentation im Manga-Stil
sehr gutes Figurendesign
dynamisches Kombo-Kampfsystem
neuer Koop-Modus
sehr guter Soundtrack in Original- und Remix-Fassung
freie Wahl zwischen Bewegungs- und Touch-Steuerung
erstmals auch auf Deutsch spielbar
zusätzliches Bonuskapitel

Kontra

gelegentliche Orientierungsprobleme
keine getrennte Steuerung für Bewegung und Kampf
kaum Sprachausgabe

Wertung

Switch

Auch auf Switch ein hervorragendes Rollenspiel mit nach wie vor kreativen Akzenten und gelungenen Neuerungen.

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