The Elder Scrolls 5: Skyrim17.11.2017, Mathias Oertel

Im Test: Himmelsrand für unterwegs

Sechs Jahre ist es her, dass man erstmals durch die einladenden Gebiete von Himmelsrand laufen und spannende Abenteuer erleben durfte. Die Faszination, die der fünfte Teil der Elder-Scrolls-Reihe entfacht, scheint dabei bis heute ungebrochen. Auf Switch sowie in VR (hier zum Test) soll eine neue Zielgruppe von der offenen Rollenspielwelt in den Bann gezogen werden. Im Test verraten wir, ob Skyrim immer noch eine unwiderstehliche Sogwirkung entwickeln kann.

Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

Eigentlich muss man keine Worte mehr über Skyrim verlieren, den fünften Teil der Elder-Scrolls-Reihe. Zu seiner Erstveröffentlichung im November 2011 kassierte das Rollenspiel bei uns mit einer Wertung von 90% einen Platin-Award. Bei der Redaktionswahl zum Rollenspiel des Jahres war es ein denkbar knapper Kampf mit From Softwares Dark Souls, das sich letztlich durchsetzen konnte. Doch diese Ehre wurde dem epischen Abenteuer bei der Leserwahl zuteil. Bis dato über 30 Millionen verkaufte Einheiten (Quelle: Rolling Stone Magazine, Interview mit Todd Howard) und haufenweise Awards von Kritik und Fans sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Und nachdem Jörg seinerzeit mit einem zwölf Seiten langen Test das Epos gewürdigt hat und wir im Rahmen der im letzten Jahr auf PC, PS4 sowie One erschienenen "Special Edition" erneut darauf eingegangen sind, möchte ich hier nicht abermals die gesamten Vorzüge oder die seinerzeit sowie teils immer noch vorhandenen inhaltlichen Schwächen wiederkäuen. Stattdessen möchte ich hier Jörgs Fazit zitieren, das hinsichtlich des Inhalts weiterhin Bestand hat und für weitere Informationen auf den damaligen Test verweisen.

Skyrim kann zwar visuell nicht mit der Special Edition auf PS4 oder One aus dem letzten Jahr mithalten, hinterlässt aber dennoch einen stimmungsvollen Eindruck.
„Dieses Rollenspiel hat viele kleine Fehler – technisch, inhaltlich, spielerisch. Aber sie verblassen alle angesichts der unheimlichen Sogkraft, die einen immer tiefer in die Wirren und Geheimnisse dieses nordischen Reiches führt. Bethesda hat sich gegenüber Fallout 3 nochmal gesteigert und inszeniert nicht nur ein episches Abenteuer in offener Welt, das mir die freie Wahl der Route, Karriere und Fraktion lässt. Das können viele, auch wenn keines in den letzten Jahren in so einer prächtigen Landschaft, keines mit so stimmungsvollen Dungeons und keines mit so einem unglaublich dichten Netz aus sehr guten Quests inszeniert wurde. Zusätzlich zu dieser horizontalen Vielfalt und Freiheit kommt eine tiefere Ebene, denn dieses Rollenspiel wird erst dadurch so faszinierend, dass es fest verankert ist in seiner eigenen Geschichte und seinen Legenden. Wer hier ein Buch öffnet, wird nicht nur die nächste Ruine oder Höhle, sondern dazu etwas über ein Schicksal und vielleicht sogar mehr über die brisanten politischen Zusammenhänge erfahren. Wer hier unter der Oberfläche kratzt, wird keine schnell konstruierte Fantasyplastik, sondern gewachsene Knochen finden – alte Gebeine, die schon länger eine Welt tragen. Als Drachenblut hat man verdammt viel Zeit und vor allem Spaß, ihre Rätsel zu entschlüsseln.“

Die Special Edition als Basis

Man kann auch mit abgetrennten Joycons spielen. Die Bewegungssteuerung wirkt aber aufgesetzt.
Natürlich hat sich seit der ersten Veröffentlichung einiges getan. Es gab mit Dawnguard, Hearthstone und Dragonborn drei umfangreiche Add-Ons, die zuerst in der 2013 erschienenen Legendary Edition zu einem Gesamtpaket geschnürt wurde, dann Bestandteile der Special Edition waren und natürlich auch auf Switch komplett angeboten werden. Während das erste Add-On sich um den Kampf der Dämmerwacht (eine Gruppe von Vampirjägern) gegen den Volkihar-Clan drehte und dem Spieler sogar die Möglichkeit gab, zu einem Werwolf oder Vampir zu werden, wenn man sich auf die richtige Seite schlägt, wurde es mit Hearthstone heimisch. Hier durfte man nicht nur Kinder adoptieren, sondern auf bestimmten Gebieten ein Haus errichten und nach eigenem Gutdünken ausbauen sowie einrichten.

Das führte bei mir z.B. dazu, dass ich in einem Flügel beinahe ausschließlich Regale aufgestellt habe, die ich dann mit meinen gesammelten bzw. gestohlenen Büchern gefüllt habe. Nein, ich habe sie nicht alphabetisch nach Titel oder Autor sortiert – aber das ist eine gute Idee, die ich zwar auch nicht zum Erscheinen der Special Edition umgesetzt habe, jedoch nach wie vor nicht komplett ausschließe. Das abschließende Add-On ist Dragonborn. Hier kämpft man gegen Miraak, das erste Drachenblut, das korrumpiert wurde. Hier wurde Himmelsrand mit der Insel Solstheim um ein umfangreiches Gebiet ergänzt, während man als Spieler u.a. die Möglichkeit bekam, einen ganzen Batzen neuer „Rufe“ zu lernen und sogar auf dem Rücken von Drachen Platz nehmen durfte.

Himmelsrand in der S-Bahn

Doch nicht nur inhaltlich ist die Special Edition die Basis für die Himmelsrand-Ausflüge auf Switch. Auch technisch orientiert man sich an der vor allem hinsichtlich der Flora sowie der allgemeinen Texturqualität aufgepeppten und damit deutlich stimmungsvolleren Kulisse als in der Urversion. Bedingt durch systemische Beschränkungen muss man aber auf die Einbindung von Mods verzichten. Im Detail merkt man zwar an einigen Texturen und vor allem diversen Ablebe-Animationen, dass die Engine-Basis bereits mehr als sechs Jahre auf dem Buckel hat – insbesondere im angedockten Modus auf dem großen Bildschirm, wo die Defizite im direkten Vergleich zu One oder PS4 sehr deutlich sind. Doch die Bethesda-Rollenspiele im Allgemeinen und Skyrim im Besonderen zeichnen sich eher selten durch filigrane Grafikarbeit, sondern vielmehr durch eine stimmungsvolle Umgebung sowie die sorgsam aufeinander abgestimmten Mechaniken aus, die einen motivieren und in die Spielwelt ziehen. Und das ist hier nicht anders.

Hinsichtlich der Sichtweite und der Distanz, in der man mit Pop-ups oder Fade-ins rechnen muss, muss man zwar der Special Edition auf PS4 bzw. One den Vortritt lassen. Und auch hinsichtlich der manchmal auffälligen Kanten ist die Switch-Kulisse nicht ganz so sauber. Dennoch liefert Bethesda vor allem in der Mobildarstellung auf der vermeintlich schwachen Hardware einen bemerkenswerten Job ab, den man nach dem ersten kurzen Auftauchen von Skyrim im Rahmen eines Switch-Präsentationsvideos kaum für möglich gehalten hätte. Auf dem kleinen Bildschirm fallen die Kanten nicht so stark ins Gewicht und auch die Zeichendistanz wirkt hier erhöht, so dass man sich voll und ganz auf das enorm umfangreiche Abenteuer einlassen kann.

Bewegung oder klassisch?

Wer hätte 2011 für möglich gehalten, dass man sechs Jahre später auch mobil in Himmelsrand unterwegs sein kann?
Hinsichtlich der Steuerung gibt sich Skyrim auf Switch ebenfalls keine Blöße, wobei ich davon abraten kann, die Bewegungs-Erkennung der Joycons zu nutzen. Es ist zwar unter dem Strich einen Hauch immersiver, mit dem linken Joycon die Ausrichtung der Zauber zu lenken oder den Arm zu heben, falls man einen Schild ausgerüstet hat und diesen als Schutz zu nutzen. Doch letztlich gibt es keine graduierlichen Abstufungen der Bewegung. Es ist nur ein Ersatz für einen Knopfdruck, was vor allem bei der Waffennutzung deutlich wird. Die Bewegung wird nicht 1:1 im Spiel umgesetzt, wie es die Move-Controller im Rahmen der Fassung für PlayStation VR erlauben und vormachen. Stattdessen wird eine kurze Bewegung mit dem Joycon (die Richtung ist nahezu unerheblich) dazu genutzt, die Tasteneingabe zu ersetzen. Dazu kommt, dass man ohne es wirklich zu wollen, auch mal einen schweren Schlag setzt, wenn man zu heftig "schüttelt", der einem anfangs gleich die Hälfte der nur spärlichen Ausdauer raubt. Mit dieser Ungenauigkeit, die an die Rüttel-Dich-Schüttel-Dich-Zeiten der Wii erinnert, ist die Joycon-Nutzung nicht mehr als ein nettes, aber weitgehend unbrauchbares Gimmick. Das Zusammenspiel der Sensoren in den Controllern dürfte eigentlich filigranere Bewegungen erlauben.

Glücklicherweise ist dies nur optional. Und da im Standardbetrieb sowie per Pro-Controller, bei dem nur das schwammige Digipad beim Durchschalten durch die favorisierten Waffen, Zauber, Gegenstände negativ auffällt, alles so funktioniert, wie es soll, ist Skyrim auch auf Switch ein lohnenswertes Erlebnis, dass hunderte Stunden unterhaltsamen Aufenthalt in einer stimmungsvoll gestalteten Fantasy-Welt bereithält. Auf die amiibo-Einbindung hätte ich allerdings verzichten können – zumindest in dieser Form. Denn hier reißt sie mich nur aus der Immersion heraus, die Skyrim aufbaut. Vermutlich war es eine Vorgabe von Nintendo, die Sammelfiguren auch in Himmelsrand funktional einsetzen zu können. Doch war es wirklich nötig, dass man über sie im täglichen Rhythmus Schatzkisten in die Spielwelt teleportieren kann, in denen sich meist (nur wenig) Gold, bei amiibos aus dem Zelda-Universum auch wertigere Gegenstände befinden?

Fazit

Als Skyrim seinerzeit in einem Switch-Präsentationsvideo auftauchte, war ich skeptisch: Schafft es Bethesda, diese Mammutaufgabe zu stemmen und eines der prägenden Rollenspiele der letzten Generation auf Nintendos Switch mit seiner Tegra-GPU angemessen umzusetzen? Die Antwort lautet "Ja"! Visuell kann man im Vergleich zur aufgewerteten Special Edition aus dem letzten Jahr zwar nicht ganz mit den Fassungen für PS4 und One mithalten. Doch allen Texturschwächen, mitunter geringer Zeichendistanz, Kanten, Pop-ups, Fade-ins oder gelegentlich schwachen Animationen zum Trotz macht Skyrim auch auf dem Hybridsystem eine Menge Spaß. Dann das Gesamtbild hinterlässt auch sechs Jahre nach Erstveröffentlichung immer noch einen guten bis sehr guten, da höchst stimmungsvollen Eindruck – die Inhalte sind wichtiger als die traditionell bei Bethesda-Rollenspielen eher zweitrangige visuellen Umsetzung. Auf die unpassende und die Immersion störende amiibo-Einbindung hätte man zwar ebenso verzichten können wie auf die nur halbherzige Bewegungssteuerung, die an schlechte Wii-Zeiten erinnert. Doch wer in den letzten Jahren tatsächlich noch nicht Station in Himmelsrand gemacht hat und ein Faible für Fantasy-Rollenspiele hat, bekommt hier eine kompetente Umsetzung mit allen Erweiterungen.

Pro

interessante Story & episches Flair
absolut freie Charakterentwicklung
enorme Spielzeit (150 Stunden plus x)
sehr gut verzahnte, ständig aktualisierte Quests
prächtige Landschaft mit vielen Geheimnissen
Bestrafung für Verbrechen, aber...
einen Gefährten mitnehmen & befehlen...
Pferd reiten...
alle drei Add-Ons inklusive
glaubwürdige Reaktionen auf Völker
Tag&Nacht- sowie Klimawechsel
stimmungsvolle Dungeons mit Fallen & Rätseln
zig nützliche (!) Lexika, Bücher, Notizen
Kochen, Alchemie, Schmieden, Verzauberung
unendlich viele Waffen und Zauber
Schreie als übersinnliches Element
eigenes Haus, Heirat & Geschäft möglich
hervorragende Musikuntermalung
sehr gute deutsche Lokalisierung
fünf Schwierigkeitsgrade, jederzeit speicherbar

Kontra

simples & hektisches Kampfsystem
erste Drachen zu leicht zu besiegen
einige spröde & unlogische Gesprächssituationen
Gefährten-Trainer lassen sich ausnutzen
Hinweise auf Radarleiste nicht optional
... inkonsequente Eigentumsverhältnisse
... aber nur oberflächliche Dialoge möglich
... aber kein Kampf vom Sattel aus
Mods werden nicht unterstützt
technische Probleme (Pop-ups, Rollrasen)
Bugs (verschwindende Waffen, schwebende NPCs)
keine Unterstützung von Mods
aufgesetzt wirkende Bewegungssteuerung sowie amiibo-Einsatz
technische Defizite zur Special Edition auf PS4 & One (2016)
deutsche Sprachversion muss erst heruntergeladen werden

Wertung

Switch

Gelungene Umsetzung des modernen Rollenspiel-Klassikers, der sich viel seines ursprünglichen Charmes bewahrt hat.

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