Tachyon Project24.01.2018, Mathias Oertel
Tachyon Project

Im Test: Twinstick-Ballerei zweiter Klasse

Bereits im Sommer 2015 sorgte der Zweistick-Shooter Tachyon Project (ab 75,00€ bei kaufen) auf Xbox One für Furore. Ein stimmiges Design, punktgenaue Steuerung und die eine oder andere Überraschung konnten unter dem Strich eine Wertung von 85% einheimsen; mit den Verbesserungen auf der PS4 ein halbes Jahr später gab es sogar noch einen Prozentpunkt mehr. Jetzt wird auch auf Switch geballert – mehr dazu im Test.

Dualstick-Ballern mit Story?

Um an stringenter Zweistick-Action Spaß zu haben, braucht es keine Story. Mutant Storm hat ebenso ohne Geschichte überzeugt wie die Geometry-Wars-Serie. Tachyon Project versucht es trotzdem, über eine Erzählung Atmosphäre zu erzeugen sowie eine Grundmotivation aufzubauen. Und das gelingt ordentlich: Zwar steuert man hier wie gehabt ein Schiff, dessen Bewegung man per linkem Stick vorgibt, während der rechte davon unabhängig die Schussrichtung bestimmt. Doch man ist hier in Form eines intelligent programmierten Virus unterwegs, der ein Eigenleben entwickelt hat und verschiedene Computer einzunehmen versucht, die hinter teils horrenden Sicherheitsvorkehrungen ihre Geheimnisse bewahren.

In der Switch-Version gibt es nicht nur weniger Effekte, sondern vor allem im angedockten Zustand technische Probleme wie Spiel beeinflussende Bildrateneinbrüche - mobil hingegen läuft alles weitgehend sauber.

Und wozu das alles? Um seine "Mutter" wiederzufinden – die Person, die den Virus ins Leben gerufen und im Tutorial die Grundlagen des Daseins als Computerschädling erklärt hat. Das klingt zwar nicht besonders spektakulär und die Story verliert gegen Ende der zehn Kapitel etwas den Faden, doch ein solcher Erzählhintergrund ist für eine simple Arcade-Ballerei ungewöhnlich – zumal man interessante Ansätze wie Gefühle bei einer künstlichen Intelligenz thematisiert. Doch es sollte auch nicht überbewertet werden. Im Kern von Tachyon Project steht immer noch die handfeste Ballerei – nur dass sie jetzt auch erzählerisch motiviert wird.

Dualstick-Ballern wie gehabt?

Auf den ersten Blick orientiert sich das Indie-Team von Eclipse Games sowohl beim Neon-inspirierten Artdesign als auch bei einigen Mechaniken am Genreprimus Geometry Wars. Die abgeschossenen Feinde lassen z.B. kleine Fragmente zurück, die man erst aufsammeln muss, bevor sie dem Punktekonto gutgeschrieben werden. Dass diese nicht ewig auf den etwa eineinhalb Bildschirme großen Kampfarenen zurückbleiben, versteht sich von selbst. Um hohe Punktzahlen zu erreichen, muss man aber auch darauf achten, den Multiplikator nach oben zu treiben. Und das geht nur, indem man die Gegner abschießt – jeder Feind zählt den Faktor um 0,1 nach oben. Sprich: Will man die Ausbeute maximieren, muss man den besten

Nicht nur beim Artdesign wird der Twinstick-Shooter von Geometry Wars beeinflusst.

Zeitpunkt zum Einsammeln der Fragmente finden; so knapp wie möglich, bevor sie verschwinden, aber mit so viel Geduld, dass man vorher noch ein paar Gegner fertig macht, um den Multiplikator auszureizen.

Ein Zeitlimit sorgt zusätzlich dafür, dass man sich nicht auf der faulen Haut zurücklehnen kann. Allerdings kann man durch Abschüsse der gnadenlos herunter tickenden Uhr wieder Vorräte zuführen. Und es gibt keine Lebensbeschränkung. Man muss sich aber damit abfinden, dass Kollisionen mit den Feinden nicht nur den Multiplikator wieder zurücksetzen, sondern auch ein gewaltiges Stück vom Zeitlimit abbeißen. Über einen Großteil der zehn Kapitel mit je sechs Gegnerwellen bleibt der Schwierigkeitsgrad dabei fordernd, aber fair. Doch vor allem der zweite Boss sowie der Weg dorthin sind von einer unerwarteten Spitze im Anforderungsprofil geprägt, die sich von den umfangreichen Modifikationsmöglichkeiten des Schiffes nicht glattbügeln lässt. Zwar zeigt man sich hier etwas zahmer als seinerzeit auf One und PS4, doch der Sprung des Anforderungsprofils kommt dennoch unerwartet.

Dualstick-Ballern mal anders

Insgesamt kann man sein Schiff in fünf Bereichen seinen Wünschen anpassen, wobei viele dieser Optionen erst durch Bewältigung bestimmter Abschnitte sowie dem Erreichen von Punktzahlen freigeschaltet werden müssen. Sechs Hauptwaffen können eingesetzt werden, man kann neun Sekundärwaffen auf zwei Slots verteilen, die jedoch nur mit einer Abkühlzeit eingesetzt werden können. Und es warten neun Zusatzeinheiten, mit denen man z.B. sein Schiff manövrierfähiger oder die Geschosse schlagkräftiger machen kann. Das Problem mit dem vorher angesprochenen Bosskampf: Zu diesem Zeitpunkt stehen einem nur sehr wenige dieser Optionen zur Verfügung. Doch mit ein bisschen Geduld und Fluchen wird man auch mit dieser Unwegsamkeit fertig.

Leider ist die Kampagne relativ kurz: Nach zwei bis drei Stunden sollte man den Endboss besiegt haben. Doch sie ist auch intensiv – nicht nur wegen des Schwierigkeitsgrades. Es warten diverse Aufgaben innerhalb der insgesamt 60 Wellen. Mal muss man nur eine bestimmte Zeit überleben. Dann wiederum geht es darum, die Anzahl X an Gegnern ins Verderben zu reißen. Mitunter ist der Level aber auch erst geschafft, wenn man eine vorgegeben Zahl eines ganz bestimmten Gegners erledigt hat. Und davon gibt es wahrlich genug: Mit beinahe jedem neuen Abschnitt wird ein neuer Feindtyp eingeführt, der sich als Virenkiller versteht. So wird man ständig auf Trab gehalten, da man ihre jeweiligen Bewegungs- bzw. Angriffsmuster lernen muss, um später auch nur den Hauch einer Chance zu haben. Und es gibt im Verlauf einige Gegnerzusammenstellungen, die sehr schnell die Sekunden von der Uhr knabbern. Weniger auf Trab hält einen der Elektro-Soundtrack. Prinzipiell passen die beatlastigen Kompositionen gut zur Action. Doch die Musik wird weder dynamisch eingesetzt, noch ist der Soundtrack besonders umfangreich. Und der Loop an immer gleichen Melodien erzielt etwa aber dem sechsten Kapitel keine Wirkung mehr.

Die Switch-Herausforderung

Die Bosskämpfe haben es in sich.

Hat man die Kampagne bewältigt, wird der auf der Xbox One erst mit einem Patch hinzugefügte Modus "New Game +" freigeschaltet, der mit noch knapperen Zeitlimits unter Druck setzt. Alternativ kann man sich auch jederzeit an den Herausforderungen versuchen und sich mit den Punktzahlen der weltweiten Tachyon-Spieler messen. Die wurden auf mittlerweile zehn aufgestockt und präsentieren sich recht abwechslungsreich, da sie z.B. bestimmte Bewaffnungen vorgeben. Da man zusätzlich auch in der Kampagne kooperativ antreten kann, hätte sich auch die Switch-Version den Gold-Award eigentlich redlich verdient.

Eigentlich. Denn technisch muss man nicht nur Abstriche hinsichtlich der Bildrate (auf PS4 und One spielt man mit 60 Bildern pro Sekunde), Partikeleffekten oder der Tiefenschärfe und damit des Gesamteindrucks machen. Spielt man am TV, rutscht die Bildwiederholrate trotz aller reduzierter Details immer wieder ab – was sich hier in manchen Fällen leider auch auf das Spiel auswirkt, da auch die eigentlich akkurate Steuerung leicht verzögert wird. Mobil läuft alles sauberer und auch die Steuerung (vorzugsweise mit dem Pro Controller) ist genauer. Es bleibt allerdings auch unterwegs dabei, dass die Kulisse in jeder Hinsicht ein gutes Stückchen von den teils zweieinhalb Jahre alten PS4- bzw. One-Versionen entfernt ist.

Fazit

Inhaltlich ist Tachyon Project auf Switch ein Ebenbild der Mitte 2015 bzw. Anfang 2016 aktualisierten Version auf PS4 und Xbox One. Dementsprechend hat Eclipse Games auf dem Papier auch auf Nintendos Hybrid eine  gelungene Mischung aus bekannten Elementen und frischen Einflüssen geschaffen. Man inszeniert abgesehen von einer ungewöhnlichen Spitze innerhalb des angenehm fordernden Schwierigkeitsgrades, eine Baller-Tour-de-Force, die es in sich hat. Das Zusammenspiel aus Punktewahn und Abschüssen, die nicht nur den Multiplikator, sondern auch das restliche Zeitlimit für den jeweiligen Abschnitt erhöhen, ist so simpel wie effektiv. Man hat auch nach gegnerischen Treffern oder Kollisionen stets eine ordentliche und zumeist faire Chance, durch schnelle Abschüsse wertvolle Sekunden auf die Uhr zu schaufeln. Ein zielsicheres Artdesign, das sich zwar an Geometry Wars orientiert, aber auch eigene Impulse setzt, rundet das Gesamtbild ab, das allerdings durch technische Unzulänglichkeiten einige Schrammen bekommt. Vor allem im angedockten Betrieb auf dem TV sorgen kontinuierliche Bildrateneinbrüche für Probleme, die sich leider auch auf die Steuerung auswirken. Mobil hingegen läuft alles weitgehend sauber, erreicht aber nicht die stylische Atmosphäre, die sich seinerzeit auf den anderen HD-Konsolen aufbaute. Wer hauptsächlich unterwegs spielt und den Titel noch nicht von einem anderen System kennt, kann dennoch ein paar durchweg unterhaltsame Stunden fordernder Twinstick-Action erleben.

Pro

Schiff kann mit sechs Waffen, neun Sekundärwaffen und sieben Boni ausgerüstet werden
knackiger Elektro-Soundtrack...
NewGame sorgt mit knackigen Zeitlimits für weitere Herausforderung
einfache, aber punktgenaue Steuerung
interessante Hintergrundstory
gelungene Bosskämpfe
zehn Herausforderungs-Abschnitte
stylisches Artdesign
fast jeder Abschnitt bietet neue Gegnertypen
kooperativ für bis zu vier Spieler

Kontra

leicht frustrierende Spitzen im fordernden Schwierigkeitsgrad
... der sich aber nicht dynamisch anpasst und umfangsarm ausfällt
kurzes Kampagnen-Vergnügen
technisch bieder, nicht auf dem Niveau von One oder PS4
im Dockbetrieb immer wieder Bildrateneinbrüche
gedockt leichte Steuerungsträgheit

Wertung

Switch

Technisch nicht ganz ausgereifte Umsetzung eines konzeptionell gelungenen Twinstick-Shooters. Mobil durchweg unterhaltsam, aber am TV mit Spiel beeinflussenden Bildratenproblemen.

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