Kirby Star Allies15.03.2018, Jan Wöbbeking

Im Test: Autonomes Spielen?

Knapp zwei Monate vor der Switch-Umsetzung von Donkey Kong Country: Tropical Freeze bekommt bereits ein weiteres Nintendo-Maskottchen einen Auftritt. Bei Kirby Star Allies (ab 59,99€ bei kaufen) handelt es sich sogar um ein komplett neues Spiel mit einem Fokus auf kooperative Kämpfe und den Mix von Fähigkeiten - Kennern dürfte trotzdem einiges bekannt vorkommen.

Die armen Gegner...

Nicht nur im Bereich autonomer Fahrzeuge gibt es momentan enorme Fortschritte: Auch in Kirby Star Allies erinnert vieles an das passive Gefühl, das man in absehbarer Zukunft in einem autonomen Taxi erleben dürfte. Spielt man alleine, wuseln bis zu drei Figuren computergesteuert um Kirby herum und dreschen meist recht fleißig und effektiv auf die Gegner ein. Wer vorsichtig voranschreitet und sich etwas im Hintergrund hält, kann also die „Freunde“ den Großteil der „Drecksarbeit“ erledigen lassen. Selbst wenn man fleißig vorne mitmischt, fühlt man sich oft nur wie ein Statist. Die Feinde leisten einfach viel zu wenig Gegenwehr, um zur ernsthaften Bedrohung zu werden. Sicher, es handelt sich nur um putzige kleine Kopffüßer wie Mini-Ritter oder schnaubende Mistkäfer. Doch selbst die angepeilte junge Zielgruppe dürfte sich in Kirbys neuem Spiel unterfordert fühlen.

Auf Wunsch lassen sich die Gefährten auch übereinanderstapeln.

Wie in seinen älteren Hüpfabenteuern hopst und schwebt die nimmersatte Knuddelkugel wieder durch eine quietschbunte Welt. Stellt sich ihm ein Gegner in den Weg, saugt er sie einfach wie ein Staubsauger in den Schlund, um sie danach als Geschoss auszuspucken. Alternativ kann er sie auch herunterschlucken und eignet sich so ihre Spezialfähigkeiten an. Plötzlich kann er Feuer spucken, mit einem Jo-Jo im Nahkampf attackieren oder als „Spider-Kirby“ praktische Spinnweben-Projektile verschießen. Da sich das Abenteuer stark auf den kooperativen Aspekt fokussiert, werden neuerdings sogar nützliche Team-Attacken möglich. Zunächst einmal wirft man den gewünschten Gegnern ein Herzchen entgegen und gewinnt sie so als Freunde, die fortan an Kirbys Seite kämpfen.

Praktisches Netz

Danach kann Spinnen-Kirby z.B. ein Trampolin-Netz vorbereiten, um seine Mitstreiter auf eine höhere Plattform zu befördern. Oder er frisst einen Ritter und reckt das gewonnene Schwert in die Höhe, damit ein Partner es entflammt oder mit knisternder Elektrizität versieht. Danach attackiert man mit nützlichen Blitzen oder einem durchschlagskräftigen Flammenhieb. Diese Extras werden gelegentlich auch in die Rätsel eingebunden, mit denen man Geheimräume öffnet. Mal benötigt ein Kabel am Bildrand Strom. Anderswo entzündet ein Partner mit Feuerkräften eine Lunte, die man unter einem Wasserfall mit dem aufgeklappten Regenschirm vor dem Erlöschen beschützt.

Attacke: Der hektische Soundtrack passt mit seine Stakkato-Melodien gut zum Gewusel.

Oder es steigen zu einem beliebigen Zeitpunkt des rund sechs Stunden kurzen Spiels bis zu drei Freunde ein. Das geht erfreulich einfach vonstatten und funktioniert mit jeglichen Kombinationen aus Joycons, Pro Controllern & Co. Wenn jemand die Runde plötzlich wieder verlassen muss, stellt er seine Figur einfach wieder auf den „Autopilot“ um. Zusammen mit Koop-Partnern lassen sich lustige kleine Experimente starten: Der Wasserkrieger „Tröpfli“ erzeugt über seinem Kopf eine Säule aus dem kühlen Nass, während sein Kollege mit Frostkräften sie in spitze Eiszapfen verwandelt und in Richtung der Gegner bugsiert. Wenn gelegentlich eines der Minispiele startet, klammern sich die Partner sogar aneinander fest, um als riesiges Rad (bzw. riesiger „Freundeskreis“) den Abhang hinunter zu poltern. An anderer Stelle  bilden sie eine Brücke, die im passenden Moment nach oben oder unten  bewegt wird, damit ein KI-Figürchen mit Schlüssel in der Hand zum Ausgang spaziert. Nebenbei gibt es auch außerhalb des Story-Modus ein paar Minispiele für bis zu vier Teilnehmer, in denen man etwa rhythmisch Holz hackt oder mit der Baseball-Keule zuschlägt.

Weitgehend belanglos

So schön all das in der Theorie klingt, so klein bleibt die Rolle der Spezialfähigkeiten im Spielablauf. Ob man sein Gegenüber nun mit einer Peitsche, dem feurigen „Brutzelhammer“, dem Horn eines Mistkäfers oder anderen Gemeinheiten zerbröselt, bleibt in erster Linie Geschmacksache. Selbst mit einer schlecht angepassten Strategie gerät man schließlich nur selten in Bedrängnis. Gestorben bin ich eigentlich nur aus Versehen, z.B. wenn ich gerade nebenbei den Screenshot-Knopf gedrückt oder mit neuen Fähigkeiten experimentiert habe. In den Bosskämpfen kommt immerhin ein wenig Spannung auf, weil sich Kirbys Energieanzeige hier auch mal in etwas brenzligere Bereiche bewegt. Neben ein paar Neuzugängen dürften Serienkenner einige alte Bekannte wie den großen Baum, die einäugige Wolke Kracko oder Meta-Knight entdecken. Allgemein orientiert sich der Stil stark am 3DS-Auftritt Kirby Triple Deluxe.

Hier und da warten einfache Rätsel mit kombinierten Fähigkeiten.

Schade, dass die Geschichte hier fast überhaupt keine Rolle spielt. Nachdem dunkle Herzen vom Himmel regnen, geht die rosa Knutschkugel dem Geheimnis auf den Grund und prügelt sich durch Unmengen marodierender Viecher. Glücklicherweise scheinen die Herzchen beim Helden einen positiven Effekt zu verursachen: Erst durch den Kontakt damit hat Kirby seine Fähigkeit erlangt, Herzchen auf Feinde zu werfen und sich so mit ihnen anzufreunden. Wer eine Freundschaft mit der rosa Kugel aufbaut, muss sich allerdings auf harte Umgangsformen einstellen. Hat er gerade Obst oder andere Lebensmittel verzehrt, ist alles in Butter: Danach verteilt er energiespendende Küsschen an seine Partner. Doch kaum hat Kirby sich die Kochmütze geschnappt, kann es passieren, dass er seine Freunde in einen brodelnden Kochtopf steckt, um ein Energiesüppchen zu kochen (bei dem die Opfer allerdings überleben). Wirklich makaber wird es allgemein nicht, da alles im albernen Cartoon-Stil gehalten ist.

Knallbuntes Knuddel-Chaos

Die idyllischen Naturkulissen am Strand, vor knorrig verdrehten Bäumen oder im zerklüfteten Gebirge können sich durchaus sehen lassen. Noch hübscher wirken mannigfaltigen Fantasiewesen, denen die Entwickler wieder viele detailverliebte Animationen verpasst haben. Auch die Darstellung von Wasser, Feuer & Co. lassen das bunte Gemetzel lebendig wirken. Lediglich im Koop wird es im Blitzlichtgewitter mitunter zu unübersichtlich. Weniger schön wirken zudem die unscharfen Hintergründe am Horizont, vor allem im Vergleich zu denen von Donkey Kong Country: Tropical Freeze. Außerdem haben wir uns im TV-Betrieb über die niedrige Auflösung gewundert, die sich trotz 30 Bildern pro Sekunde nur im Bereich von 720p zu bewegen scheint. Hier und da gibt es Pixeltreppchen, die das Bild ein wenig unruhig erscheinen lassen - im Mobilbetrieb fällt dieser Schönheitsfehler weniger auf.

Fazit

Ich kann ja verstehen, dass Kirby Star Allies sich primär an Anfänger richtet, doch selbst das angepeilte junge Publikum dürfte sich hier oft unterfordert fühlen. Wer zum ersten Mal auf der Switch mit seinen Kindern in ein kooperatives Jump-n-Run startet, wird vermutlich Spaß am bunten Getümmel haben: Die quietschbunten Figuren sind putzig animiert, der Ein- und Ausstieg ist herrlich unkompliziert und wenn Papa oder Mama keine Zeit mehr haben, helfen die KI-Freunde effektiv im Kampf. Doch abseits dieser Zielgruppe sorgt der viel zu niedrig angesetzte Schwierigkeitsgrad oft für herzhaftes Gähnen. Warum soll man mit all den theoretisch interessanten Fähigkeits-Kombinationen und Koop-Tricks experimentieren, wenn man problemlos mit allen davon ans Ziel gelangt? Über weite Strecken spielt sich das Abenteuer praktisch von alleine und sogar die auf spezielle Kräfte zugeschnittenen Rätsel sind meist zu schnell durchschaut. Super Mario Odyssey zeigt, wie man das Konzept der zahlreichen Verwandlungen besser umsetzt. Zudem ruht sich Entwickler HAL Laboritory beim Design etwas zu sehr auf bekannten Elementen aus: Vieles erinnert an den 3DS-Ausflug Kirby Triple Deluxe, der im Level-Design mit seinen zwei Ebenen übrigens etwas mehr Abwechslung zu bieten hatte.

Pro

Vier-Spieler-Koop mit unkompliziertem Ein- und Ausstieg
viele knuffig designte Figuren
detailverliebte Animationen
lustige Experimente mit Element-Fähigkeiten
idyllische Welten mit viel Abwechslung im Design
quietschvergnügter hyperaktiver Soundtrack
KI-Freunde kämpfen (mitunter zu) effektiv mit

Kontra

viel zu einfaches Hüpfen und Kämpfen führt oft zu unmotiviertem Abgrasen der Levels
auch Fähigkeiten-Puzzles sind sich oft schnell durchschaut
nur rund sechs Stunden kurz
im TV-Betrieb etwas unruhiges Bild aufgrund von Pixelkanten und niedriger Auflösung
am Horizont hässlich unscharfe Hintergründe
im Koop mitunter verwirrend
minimalistische Story spielt kaum eine Rolle

Wertung

Switch

Die Kombination der vielen Fähigkeiten und Koop-Möglichkeiten spielen in der Praxis kaum eine Rolle, da der niedrige Schwierigkeitsgrad viel zu wenig Herausforderung bietet.

Echtgeldtransaktionen

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  • Mit Amiibos lassen sich Früchte herbeizaubern, die die Energie der Figuren wiederherstellen (mit Beschränkungen pro Level). Aufgrund des sehr niedrigen Schwierigkeitsgrades nimmt das allerdings nur minimal Einfluss aufs Spiel.
  • Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
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