Immortal Redneck11.05.2018, Mathias Oertel
Immortal Redneck

Im Test: Zufällige Shooter-Action

Mitte Februar feierte der um zufällig generierte Elemente angereicherte Ego-Shooter Immortal Redneck seine Konsolen-Premiere auf PS4 und One. Nun dürfen auch die Switch-Spieler die Pyramiden auf der Suche nach Ruhm, Ehre und dem ewigen Leben durchforsten. Ob sich die unkomplizierte Ballerei auf Nintendos Hybridsystem schadlos gehalten hat, verraten wir im Test.

Die gute alte Zeit

Immortal Redneck spielt nicht nur bei seinem Namen mit einer längst vergangenen Action-Ära, indem es Erinnerungen an die hierzulande weiterhin indizierte Ballerei Redneck Rampage weckt. Mit seinem Setting im alten Ägypten zitiert es Exhumed ebenso wie Serious Sam. Die reichhaltige Waffen- und Gegnerauswahl ist ebenfalls von vielen Titeln inspiriert, die auf dem Index waren oder sich nach wie vor dort befinden. Doch im Gegensatz zu den mehr oder weniger in Vergessenheit geratenen Klassikern setzt das Team von Crema nicht auf linearen Fortschritt oder eine Story, so dünn sie auch sein mag (siehe Serious Sam). Stattdessen baut man auf Abschnitte, die nach bestimmten zufälligen Parametern zusammengesetzt wurden sowie auf dauerhaften Tod („Permadeath“) – also das, was Neudeutsch so gerne als „Roguelike“ bzw. „Roguelite“ in eine Schublade gesteckt wird.

Die Ballerei zeigt sich auf Switch trotz leichter visueller Defizite ähnlich unterhaltsam wie auf One oder PS4.
Dies ist kein neues Konzept – auch nicht in Egosicht. Titel wie Ziggurat, Tower of Guns, Heavy Bullets oder Paranautical Activity haben den zufallsgenerierten Shooter in den letzten Jahren mehrfach größtenteils ansprechend vertreten. Auf Switch sucht man Titel dieser Art jedoch vergeblich. Zudem fühlt sich Immortal Redneck hinsichtlich der Kernmechanik richtig gut an. Egal ob man sich mit einem sechsschüssigen Revolver der zahlreichen, bar jeglicher KI agierenden, sondern nur auf Angriff fokussierten Feinde annimmt, mit einer Uzi Kugeln regnen lässt oder die brachiale Pumpgun sprechen lässt: Wucht und Durchschlagskraft aller Waffen wurden gut erfasst. Selbst die im Rahmen des breit gefächerten Arsenals eher ungewöhnlichen Wummen wie die Kartoffelschleuder, die den Gegnern explodierende Erdäpfel entgegen schleudert oder das ohne Muinitionsbeschränkung auskommende Ankh hinterlassen einen guten Eindruck.

Der Baum der Unsterblichen

Der "Fähigkeitenbaum" wird von Immortal Redneck wörtlich genommen.
Das Geld, das neben Gesundheit und Munitionspack von den Feinden abgeworfen wird, findet nach einem der obligatorischen Tode Verwendung: Nachdem man erledigt wurde und daraufhin frisch aus dem Sarkophag steigt, kann man einen Zwischenstopp entweder beim Amuletthändler oder beim Fähigkeitenbaum einlegen, um seine Taler wieder loszuwerden. Dass der breit gefächerte Baum tatsächlich als verästeltes und mit jedem Ausbau größer werdendes Naturprodukt in der Oase steht, ist ein weiteres nettes Detail. Viel wichtiger ist, dass man die Fortschritte, die man sich mühsam erkauft (übriges Geld wird als Eintritt beim erneuten Betreten der Pyramide einkassiert), tatsächlich spürbare Auswirkungen auf die Spieldynamik haben. Das betrifft natürlich nicht nur allgemeine Verbesserungen wie Gesundheit, Schaden, kritischer Schaden etc. in zig immer teureren Stufen, sondern auch die Spezialisierung für jede der neun Figuren mit unterschiedlichen Charakteristika und individueller Bewaffnung, die man hier freischalten kann.

Hat man anfangs noch große Mühe, auch nur die erste Etage an Räumlichkeiten erfolgreich zu verlassen, hat man ein paar Bildschirmtode später nicht nur Tricks und Kniffe für jeden Gegnertyp parat. Zusätzlich hat man sich für das verdiente Gold auch entsprechend entwickelt, um seine Überlebenschancen zu vergrößern, bis man schließlich dem ersten von zahlreichen mehrstufigen Bossen gegenübersteht, der relativ kurzen Prozess mit einem macht. Die Fähigkeiten des Spielers am Pad steigern sich parallel zu den Fähigkeitswerten der Figur und so kommt man langsam vorwärts: Tod für Tod, Schritt für Schritt, Raum für Raum, Etage für Etage, Boss für Boss, Pyramide für Pyramide. Schade ist allerdings, dass man den Mumien, wilden Hammeln, Schlangen und sonstigen Schergen nicht gemeinsam den Sand von den Bandagen ballern darf. Immortal Redneck ist als Solo-Erlebnis konzipiert. Und es läuft irgendwann auf die zwangsläufigen Probleme auf, die sämtlichen Zufalls-Shooter früher oder später das Leben schwer machen.

Der ewige Kreislauf

Dies sind drei der neun Figuren, die man durch die Pyramiden lotsen darf.
Dazu gehört die Redundanz, die sich schließlich irgendwann einstellt. Zwar spürt man mit jedem Durchlauf die Auswirkungen der Weiterentwicklung im Fähigkeitenbaum. Dennoch hat man irgendwann genug von dem zwar abwechslungsreichen, aber nach einer gewissen Zeit auch nur noch auf die gleichen Versatzstücke setzenden Design der Räumlichkeiten. Immerhin kann man später Amulette kaufen, die einem den Durchlauf einiger Abschnitte ersparen, so dass man z.B. nach dem erledigten Bosskampf einsteigt und damit die Redundanz zumindest temporär reduziert.  Die Waffen, die man in den Zimmern findet und die man gegen die aktuell gehaltene austauschen darf sowie vor allem die geheimnisvollen Schriftrollen mit ihren meist positiven, aber auch negative Auswirkungen bereithaltenden Modifikationen sorgen für passable Abwechslung und in manchem Fall für Spannung.

Die Bosse haben es in sich.
Denn wenn sich hinter der nächsten Schriftrolle nicht der Schutz vor Gift oder Lava befindet, sondern spontan alle mitgeführten Waffen gegen neue ausgetauscht werden oder es unmöglich ist, in dieser Etage stehenzubleiben und man ständig in Bewegung ist, kann das „interessante“ Auswirkungen auf die Dynamik haben. Zumindest leidet diese nicht unter der technischen Umsetzung: Die bunte Kulisse läuft mit einer sanften Bildwiederholrate - egal wie viele Gegner sich in dem Raum befinden oder welche Effekte gerade den Schirm zum Glühen bringe. So wird die Mumienjagd zumindest technisch nicht ausgebremst, auch wenn man stellenweise das Gefühl hat, dass die Bildrate in ein paar Momenten kurz davor ist, über die Klippe zu stürzen – sich aber immer wieder rettet. Allerdings lässt sich auch feststellen, dass auf der Switch-Hardware die Auflösung runtergefahren werden musste, um ein flüssiges Spielerelebnis zu ermöglichen. Und das wirkt sich vor allem im gedockten Zustand aus: Vergleicht man die Switch-Rednecks mit denen auf PS4 oder One, werden die Auflösungsdefizite deutlich aufgezeigt – alles sieht etwas verwaschener aus. Im mobilen Betrieb fällt dies naturgemäß nicht so stark auf und entsprechend weniger ins Gewicht.

Fazit

Die Dauerschleife aus Leveldurchforstung, dynamischen Ballereien, Tod und Aufrüsten der Figur, bevor es wieder von vorne losgeht, erfüllt ihren Zweck – auch und gerade in diesen ägyptischen Zufallswelten. Vor allem in der Anfangsphase wird man von jedem Ableben angespornt, einen neuen Versuch zu unternehmen, während die Verbesserungen im breit angelegten Fähigkeitenbaum sich spürbar auf die Dynamik und die Erfolgsaussichten auswirken. Auch die neun Charaktere, das üppige Waffenarsenals, die ordentliche Gegnerauswahl sowie die teils coolen Boni sowie fiesen Mali, die man über Schriftrollen aktiviert, helfen beim Motivationsaufbau. Doch sie sind ebenso wie die knallbunte Kulisse machtlos, sobald die typischen Merkmale von zufällig generierten Abschnitten im Zusammenspiel mit Dauertod ihr Gesicht zeigen. Sprich: So spürbar die Fortschritte der Fähigkeiten sind, so redundant wird das Spieldesign auf Dauer. Bosskämpfe und Möglichkeiten, bestimmte Abschnitte zu überspringen und in einem späteren Punkt zu starten, lockern dies zwar auf. Dennoch zehren sowohl die wiederholungsgeplagten Gegner sowie Abschnitte irgendwann an der Motivation – umso mehr, da es weder on- noch offline die Option gibt, seine prozedurale Qual mit anderen in einem Co-Op-Modus zu teilen.

Pro

neun Charaktere mit unterschiedlichen Eigenschaften und Bewaffnungen
umfangreiches Waffenarsenal
gelungene Schussmechanik
umfangreicher Fähigkeitenbaum
saubere Steuerung
stabile Bildrate
Schriftrollen mit Boni und Mali bringen interessante Spannungsmomente

Kontra

Fortschritt mitunter zäh
Versatzstücke für die zufällig generierten Abschnitte ähneln sich zunehmend
keinerlei Co-Op-Option
mechanisch zu früh mit zu wenigen Überraschungen
Ladezeiten

Wertung

Switch

Unkomplizierte Action, die Retro-Ballerei mit zufällig generierten Abschnitten mischt. Auf Dauer bleibt der Spaß aber trotz interessanter Ansätze überschaubar.

Echtgeldtransaktionen

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