My Time at Portia16.04.2018, Jan Wöbbeking

Vorschau: Postapokalyptische Bauernhof-Idylle

Stardew Valley hat bewiesen, wie viel Erfolg eine gelungene Hommage an Harvest Moon haben kann. Umso seltsamer ist es, dass nicht mehr Entwickler das Prinzip des Bauernhof-Abenteuers aufgreifen. Eine Ausnahme ist der Early-Access -Titel My Time at Portia (ab 5,70€ bei GP_logo_black_rgb kaufen), der nicht nur das idyllische Landleben aus dem Vorbild kopiert, sondern sich stärker auf die Konstruktion von Maschinen konzentriert. Ein Geheimtipp für Aufbaufreunde?

Schaffe, schaffe, Maschee baue

Man mag es kaum glauben, aber My Time at Portia spielt tatsächlich in einer Postapokalypse. Der Stilmix wirkt schon jetzt gelungen: Inmitten der farbenfrohen Naturidylle ragen hier und da überwucherte Wolkenkratzer und andere Relikte der zusammengebrochenen Industrie vergangener Zeiten aus der Vegetation. Von der Unsicherheit dystopischer Titel wie Horizon Zero Dawn oder The Last of Us ist hier aber nichts zu spüren. Stattdessen herrscht eine euphorische Aufbruchstimmung – vor allem für den im Charakter-Editor erstellten Helden. Er kommt zu Beginn seines Abenteuers mit dem Boot in Portia an, um die verlassene Werkstatt seines Vaters zu übernehmen. Schade, dass Entwickler Pathea Games im Bereich der Story zu Beginn ähnlich vage bleibt wie Natsume. Die Hauptfigur scheint wieder einmal nur zur weißen Leinwand für die Aufbaufantasien des Spielers zu werden.

Die Produktion läuft auf Hochtouren!
Das muss nicht zwingend schlecht sein, denn hier gibt es viele Möglichkeiten, sich zu verwirklichen: Man kann allerlei Feldfrüchte anbauen, Tiere wie Kühe, Pferde oder Enten halten und beim Rundgang über die Kopfsteinpflaster-Gassen Freundschaften pflegen. Von Ausflügen in alte Minen über das Angeln bis hin zu Festivals und Hochzeiten wurde vieles integriert, was auch die guten alten Harvest Moons lebendig werden ließ.

Natur oder Technik?

Trotzdem wartet schon zu Beginn eine Überraschung auf altgediente Landwirte: Zentrale Aufgaben aus Harvest Moon und Stardew Valley spielen hier erst deutlich später eine Rolle. Statt im Akkord auf dem Feld zu ackern oder erste Hühner in den Stall zu scheuchen, geht es hier schon zu Beginn eher um die Konstruktion von Maschinen zur Verarbeitung von Ressourcen. Nach einem Ausflug in die Gilde schmiedet man sich bereits Axt und Pickel, um Bäume zu fällen und Stein zu behauen. Danach folgen an den Werkbanken etwas komplexere Werkzeuge wie ein Schmelzofen oder eine Kreissäge. Eine Hauptmission verlangt schon zu Beginn, eine eingestürzte Brücke zu reparieren. Um diese Aufgabe angehen zu können, muss man sich erst einmal einen kleinen Maschinenpark zusammenstellen.

Die Gassen des verschlafenen Städchens sind je nach Tageszeit unterschiedlich dicht bevölkert.
Im Einstieg kann es vorkommen, dass man sich beim Sammeln und Verarbeiten von Bauplänen und Materialien überfordert fühlt. Hier wird man schließlich weniger an die Hand genommen als bei der Konkurrenz. Nach ein, zwei Stündchen entwickelt sich aber ein motivierender Rhythmus aus Materialbeschaffung und Ausflügen zu Händlern oder in die Mine, in der man mit Jetpack und Scanner bewaffnet nützliche Artefakte der alten Hochkultur findet. Bringt die aufgespürten Datendiscs am besten schnell zu den zwei Forscherinnen im Turm, um weitere Techniken nutzbar zu machen. Das Duo schickt euch das Ergebnis postwendend in den Briefkasten.

Relikte einer komplizierteren Zeit

Wer der alten Welt skeptisch gegenübersteht, kann Artefakte wie die Discs alternativ bei der Kirche abliefern: Ähnlich wie in Horizon gibt es auch hier einen Kult, der das technische Unheil der Vergangenheit lieber ruhen lassen würde. Gut gefallen hat uns bereits, wie natürlich die Bewohner ihrem Alltag nachgehen: Immer wieder läuft man bekannten Figuren über den Weg. Ein hungriger Angler lungert auch schon mal dauerhaft in der Nähe herum, während er auf seine neue Rute wartet. Neben solchen Gefälligkeiten warten auch am schwarzen Brett Aufträge auf die konkurrierenden Baumeister.

Giant Enemy Crab! Nicht nur die PS4-Umsetzung bekommt derartige Monster. Zu Beginn spielen die einfach gestrickten Kämpfe allerdings kaum eine Rolle.
Bei Meinungsverschiedenheiten kann man eine Runde Stein-Schere-Papier starten oder gleich die Fäuste fliegen lassen. Die Kämpfe fühlen sich mit ihren simplen Kombos zwar hölzern an, bleiben aber vermutlich eine Nebensache. Die knuffig über die Auen hüpfenden Tiere etwa haben wir bisher nur angegriffen, um an Material wie Fell oder Stacheln zu gelangen und damit z.B. Regenschirme zu fertigen. Wer sich bei seinen Mitmenschen einschmeicheln will, kann außerdem allerlei Talismane basteln und verschenken. Später kommen Baupläne für Maschinen wie ein Transport-Dreirad oder ein Riesenrad hinzu. Zudem soll man im Laufe des Abenteuers auch neue Gebiete bereisen, deren Design sich deutlich von dem der idyllischen Kleinstadt Portia unterscheidet.

Ausblick

Wir sind gespannt auf weitere Inhalte und hatten schon in den ersten Stunden eine Menge Spaß in der weitläufigen Welt von My Time at Portia - auch wenn sich das Sammeln und Crafting komplexerer Maschinen mitunter etwas mühsam gestaltet. Das zweite Update brachte z.B. ein Museum, Reittiere, die Möglichkeit, Milch und Eier zu erhalten sowie ein Verlies in der Wüste. Die PC-Fassung des Sandbox-Rollenspiels, zu dem auch eine Demo verfügbar ist, soll noch im Laufe des Jahres fertiggestellt werden. Auch die Umsetzungen für PlayStation 4, Switch und Xbox One sind noch für 2018 geplant.

Einschätzung: gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.