Test: Cold Iron (Arcade-Action)

von Mathias Oertel



Cold Iron (Arcade-Action) von Catch & Release
Der "High-Noon-Simulator"
Entwickler:
Publisher: Catch & Release
Release:
30.01.2018
30.01.2018
30.01.2018
30.01.2018
Erhältlich: Digital
Erhältlich: Digital
Erhältlich: Digital
Erhältlich: Digital
Spielinfo Bilder Videos
Resident Evil 7 hat gezeigt, dass ein klassisches Konzept durch die Verlagerung in die virtuelle Realität an Intensität gewinnen kann. Doch es gibt auch Ideen, die nur in der Abgeschiedenheit hinter dem Headset funktionieren können. Wie z.B. der ungewöhnliche High-Noon-Simulator Cold Iron von Catch & Release, den wir zufällig in den VR-Stores entdeckt und einem Test unterzogen haben.

Für eine Hand voll Dollar

Erzählerisch erinnert der Anfang von Cold Iron leicht an Red Dead Revolver: Man wird Zeuge, wie der eigene Vater von einer Horde Gangster niedergeschossen wird und das heimatliche Haus in Flammen aufgeht. Und natürlich schwört man Rache. Ab hier entfernt man sich aber inhaltlich von dem auf PS2 und Xbox erschienenen Rockstar-Klassiker. Denn wo Reds Daddy ein harmloser Zivilist war, ist der Vater hier ein gestandener Revolver-Held, der seine Pistole "Cold Iron" an den sprichwörtlichen Nagel gehängt hatte, um sich um seine Familie kümmern zu können. Und genau diese Knarre schnappt sich der Spieler und fordert das Trio nacheinander zum Duell. Die Regeln dafür sind einfach: Zwei Männer stehen sich gegenüber, die Waffe im Holster. Sobald die Glocke ertönt, darf gezogen und geschossen werden. Einer siegt, der andere stirbt. Zieht man, bevor die Glocke läutet, hat man verloren. Im Gegensatz zu klassischen Duellen wird hier allerdings quasi auf fünf Siegpunkte geschossen. So kann man sich auch mal einen "Frühstart" gönnen, ohne gleich komplett ins Gras beißen zu können.

Cold Iron beginnt mit klassischen Duellen à la High Noon in einer Wildwest-Stadt.
Cold Iron beginnt mit klassischen Duellen à la High Noon in einer Wildwest-Stadt.
Diese Mechanik wäre für sich genommen zwar interessant, aber letztlich bieder und kaum spannend. Doch was Catch & Release daraus machen, ist gleichermaßen gewagt und spannend, ebenso merkwürdig wie ungewöhnlich und manchmal einfach nur bizarr. Unter dem Headset und tunlichst mit Kopfhörer ausgestattet, ist man von der Umwelt abgeschottet und konzentriert sich nur auf die Glocke – immerhin kann hier eine Hundertstelsekunde über Leben und Tod entscheiden. Betont wird dies durch ein Abdämpfen von Musik und anderen Sounds und dem Verstärken des Herzschlags der Spielfigur. Bu-bumm. Bu-bumm. Bu-Bumm. Bu-Ding. GLOCKE! Peng. Laufen die Auseinandersetzungen mit den ersten Gegnern noch "gewöhnlich" ab, sorgt der erste Boss bereits für "Störmomente". Er pfeift und bringt einen damit durcheinander. Bei mir führte das mehr als einmal zu einem vorzeitigen Ziehen und damit einen Punkt für ihn, während der Erzähler dies wie alles andere sarkastisch kommentiert. Überhaupt habe ich festgestellt, dass die Konzentration auf dieses eine Geräusch die Spannung mitunter so hoch treibt, dass auch andere bewusst im Spiel eingesetzte Elemente zu einem Fehler führen können. Ein Vogel fliegt vorbei und lenkt seine Aufmerksamkeit auf sich. Gezogen – Mist! Oder verpasst und erschossen worden – ebenso Mist. Also nochmal. Doch es lauern auch Gefahren von außen, wenn man so will. In einem Fall bin ich in einer Konzentrationsphase durch eine Autohupe von draußen animiert worden, die Knarre nach oben zu reißen!!!

Für ein paar Dollar mehr

Man muss sich allerdings auch mit einem Sniper in einer modernen Umgebung auseinandersetzen, der ständig seine Position wechselt.
Man muss sich allerdings auch mit einem Sniper in einer modernen Umgebung auseinandersetzen, der ständig seine Position wechselt.
Später kommen nicht nur erzählerisch verstörende Versatzstücke wie Epochenwechsel, Fantasy-Einflüsse und einiges mehr dazu. Auch die, nennen wir es mal: Puzzle-Elemente bekommen eine zunehmend größere Rolle. Das können mehr Ablenkungen sein, mehrere Positionen, an denen der Gegner erscheinen kann oder Figuren, bei denen man in Sekundenschnelle bevor die Glocke ertönt, den einen Unterschied finden muss, der den richtigen Gegner markiert. Peripheres Sehen. Erkennen, woher das Laserfernrohr des Snipers auf einen zuwandert. Und noch einiges mehr. Zwar wird man dabei mehr und mehr gefordert und die Konzentrationsfähigkeit zusammen mit Reaktion und Hand-/Auge-Koordination auf eine harte Probe gestellt. Doch unter dem Strich bleibt es fair. Mitunter kann es ein paar Versuche dauern, bis es "Klick" macht und man das Duell-Rätsel durchschaut. Aber nur das Wissen um die Lösung, heißt nicht automatisch, dass man ihr zwangsläufig näher kommt. Denn man muss diese Kenntnis noch in die Tat umsetzen.

Zur Entspannung gibt es nach den intensiven Duellen eine an Fruit Ninja erinnernde Schießbude.
Zur Entspannung gibt es nach den intensiven Duellen eine an Fruit Ninja erinnernde Schießbude.
Und damit dies so gut wie möglich funktioniert, ist vor allem mit PlayStation VR eine optimale Einrichtung des Systems nötig. Wenn häufig nur ein Schuss zählt, ist es zwangsläufig, dass Konfigurations- oder Erfassungsprobleme sämtliche gute Reaktionen zu Nichte machen können. Läuft alles akkurat, ist die Genauigkeit ähnlich hoch wie bei den Vive- oder Rift-Versionen. Die haben allerdings noch den zusätzlichen Vorteil, dass sie visuell einen leichten (jedoch nicht die Wertung beeinflussenden) Vorsprung haben. Die Kulisse, die häufig ähnlich minimalistisch ist wie das Konzept, zeigt auf der PlayStation 4 Pro weniger geglättete Kanten als hinter den PC-Brillen. Das wirkt sich zwar niemals auf das Spielgefühl aus und sorgt auch nach längeren Duell-Sessions wider Erwarten nicht für Kopfschmerzen. Doch unter dem Strich wirken die Fassungen für Vive und Rift letztlich angenehmer für die Augen. Dem steht allerdings die bessere "Colt"-Haptik des PlayStation-Move-Controllers im Vergleich zum Oculus Touch gegenüber, der einen Tick zu leicht ist, um dieses Gefühl akkurat widerzuspiegeln, so dass ich bei der Wahl zwischen PSVR und Rift trotz Kanten zu Sony Virtual Reality tendieren würde. Vive mit seinen ohnehin recht schweren Knüppeln liefert hier das authentischste Gefühl ab.

Kommentare

HellToKitty schrieb am
Ich gebe schon zu, dass ich auch gerne mal eine VR-Brille mit einem guten, darauf ausgelegten Spiel ausprobieren möchte. Das würde mir mit Sicherheit Spaß machen. Aber die Vorstellung, dass in Zukunft die breite Masse der zahlreichen Konsumenten jetzt auch noch sensorisch von der Außenwelt isoliert ihre viel zu vielen Stunden beim zocken verbringen soll, klingt für mich fast wie das distopische Szenario einer Science Fiction Erzählung und glaube dann doch, dass es nicht so weit kommen wird. Außerdem gibt es bereits genügend dicke Kinder die sich zu viele Pokemons geschnappt haben und dabei offensichtlich noch nicht bemerkten, dass man im echten Leben nicht neu laden kann. Die Powerups sind auch nicht fair verteilt und der Schwierigkeitslevel ist auf den Hardcoremodus beschränkt. Praktisch ein echtes Roguelike. Ich denke das gesunde Maß virtueller Realität ist in unserem Leben bereits ganz gut gedeckt :)
Sheepwars3 schrieb am
HellToKitty hat geschrieben: ?09.02.2018 15:20
Sheepwars3 hat geschrieben: ?05.02.2018 18:25
HellToKitty hat geschrieben: ?05.02.2018 17:12 Gibt es diesen VR-Blödsinn immer noch?
Ja, gibt es. Hast du es schon einmal probiert?
Klar, ich hab bei Ikea in meinem virtuellen Okulus Wohnzimmer die Farbe meines Sofas geändert. Das war total aufregend. Außerdem hatte ich die 3D-Brille für das Master System. Ich bin quasi ein Pionier.
Ich mag diesen Sinn für Humor. :) Ohne Ironie, wirklich. Ich persönlich bin von VR angetan - habe auf PSVR einige sehr tolle Erfahrungen gemacht, etwa "The Invisible Hours". Ob es aber *die* Zukunft des Gamings ist, das bezweifle ich.
HellToKitty schrieb am
Sheepwars3 hat geschrieben: ?05.02.2018 18:25
HellToKitty hat geschrieben: ?05.02.2018 17:12 Gibt es diesen VR-Blödsinn immer noch?
Ja, gibt es. Hast du es schon einmal probiert?
Klar, ich hab bei Ikea in meinem virtuellen Okulus Wohnzimmer die Farbe meines Sofas geändert. Das war total aufregend. Außerdem hatte ich die 3D-Brille für das Master System. Ich bin quasi ein Pionier.
DerGrosseBaum schrieb am
Habe Resident Evil 7 auf der normalen gespielt und hatte ständig unscharfe Texturen die sich erst aufgebaut haben was das Spielerlebnis doch deutlich gestört hat. Nachdem jemand meinte dass das mit der Pro besser läuft habe ich mir sie dann doch zugelegt und muss sagen: war eine deutlich spürbare Verbesserung. Nur ganz selten habe ich noch unscharfe Texturen wahrgenommen.
DerGrosseBaum schrieb am
just_Edu hat geschrieben: ?06.02.2018 10:49
DerBolzen hat geschrieben: ?06.02.2018 08:58
Abgesehen davon, das auch mehr Effekte/Partikel/Lightning/AA hinzu kommen können, ist SuperSampling für VR ein wichtiger Faktor. Dadurch, das der Bildschirm so nah vor den Augen ist und durch die Linse das ganze Sichtfeld abdeckt, werden auch kleinere Unterschiede schnell wahrgenommen. Viele Pro Spiele bieten eine 1.3x höhere Auflösung die durch SuperSampling dann runterskaliert wird, und das sieht man dann deutlich. SS ist in der VR Community ein großes Thema. Ich habe auch gedacht, das kann ja nix bringen, da die max. Auflösung ja gleich bleibt, aber man sieht ja auch auf 1080P Fernsehern Unterschiede, wenn ein Spiel statt mit nativer Auflösung von 4K runter skalliert ist. Da nimmt man es wie Anti Aliasing wahr.
Es gibt außerdem leider auch einige Spiele, die auf der PS4 nichtmal in nativer Auflösung gerendert werden, aber auf der Pro schon. Zum Beispiel REZ Infinite.
http://www.4players.de/4players.php/spi ... ieten.html
https://www.youtube.com/watch?v=l8Yig9PgyYI
Interessant zu wissen, hatte nen fließenden Wechsel von der 4 zur Pro, habe aber nie nen Unterschied bemerkt, weswegen ich die Anschaffung auch leicht bereut hatte.. na ja evtl. ändert sich dadurch die Ansicht ein wenig :mrgreen:

Habe Resident Evil 7 auf der normalen gespielt und hatte ständig unscharfe Texturen die sich erst aufgebaut haben was das Spielerlebnis doch deutlich gestört hat. Nachdem jemand meinte dass das mit der Pro besser läuft habe ich mir sie dann doch zugelegt und muss sagen: war eine deutlich spürbare Verbesserung. Nur ganz selten habe ich noch unscharfe Texturen wahrgenommen.
schrieb am