Special:
War früher wirklich alles besser?
Die Bandai-Mitarbeiter haben offenbar in den staubigen Untiefen ihres Archivs gewühlt und bringen jetzt, vom Erfolg von Nintendos "Trainingswaage" beflügelt, eine Neuauflage ihrer alten Trimm-dich-Matte heraus. Im Zuge des Aerobic-Hypes sollte die flache Hardware schon anno 1986
schlaffe japanische Famicom-Besitzer in dauergrinsende Fitness-Models verwandeln - so versprach es jedenfalls das Bild auf der Verpackung. Auf dem in Deutschland von Atari vertriebenen Wii-Remake mit beiliegenden Spielen dürft ihr ebenfalls eine quietschfidele Bilderbuchfamile mit rekordverdächtig weißen Zähnen bewundern. Spannung, Spiel und Schokolade! (Bilderbuchfamilie und Couch-Monster nicht im Lieferumfang enthalten)
Auch die simplen Minispiele könnten glatt aus den Achtzigern stammen: In den Sprint-Disziplinen trampelt ihr z.B. auf den mittleren Pads der Matte herum, um euren Läufer in Schwung zu bringen. Bevor euch der rollender Baumstumpf zermatscht, springt ihr mit beiden Füßen in die Luft, damit euer Mii oder eine der anderen breit grinsenden Figuren es euch gleich tut. Traktiert ihr die Felder rechts und links von euch mit den Füßen, weicht das Alter Ego seitlich aus. Oder aber ihr balanciert eure durch einen Stollen rasende Lore aus, damit sie nicht von den Gleisen fällt. In den Kurven verweilt ihr mit der grazilen Anmut eines Rhinozeros' mit einem Bein auf der entgegengesetzten Seite der Matte. Besonders skurril wirkt das Hoch- und herunterpumpen der Fernbedienung, welches die Lore in Schwung bringt.
Keine Müdigkeit vorschützen!
Immerhin zahlt es sich aus, wenn ihr euch im Bergwerk zum Affen macht, denn die Steuerung ist zwar äußerst simpel, funktioniert aber - ganz so wie in den meisten anderen Disziplinen. Eine Ausnahme ist das Rafting. Dort nehmt ihr zwischen den Stromschnellen Fahrt auf, indem ihr diagonal mit der Fernbedienung paddelt. Diese Disziplin spielt sich so wie der Albtraum eines Wii-Skeptikers: Ihr fuchtelt sinnlos mit dem Controller durch die Gegend und eiert über einen Fluss, dessen Rand von Bäumen mit würfelförmigen (!) Blättern gesäumt wird. Die Grafik hätte selbst auf dem N64 für Lacher gesorgt. Die einem Future Racer ähnelnde Röhrenrutsche ist benfalls hässlicher als seinerzeit F-Zero X und auch die übrigen Kulissen wirken eher wie die ersten 3D-Gehversuche aus den Neunzigern.
Pumpen, Hüpfen, balancieren und mit der Fernbedienung ballern: Die Lorenfahrt ist eine der lustigeren Disziplinen. |
Fazit: Wenn der Rest der Redaktion das Konsolen-Kabuff meidet wie der Teufel das Weihwasser, kann das neue Family Trainer eigentlich nicht all zu viel falsch gemacht haben. Sicher - um einen Raum mit fiesem Körpergeruch zu fluten, eignet sich die rund 70 Euro teure Kombination aus Matte und Software bestens, denn ins Schwitzen kommt ihr bei allen Minispielen. Doch »echte« Trainings-Übungen wie Muskelaufbau oder Yoga gibt es nicht, und auch Instruktionen von einem virtuellen Trainer sucht ihr hier vergeblich. Für ernsthafte Körperertüchtigung, sofern das vor der Konsole möglich ist und ich das als Laie beurteilen kann, ist also Wii Fit deutlich besser geeignet. Namco-Bandais Gehopse vor dem Fernseher taugt zwar als lustige Party-Einlage oder als kurzer Zeitvertreib mit jüngeren Familienmitgliedern, doch die Spielchen wirken weniger ausgefeilt und motivierend als z.B. das Skispringen in Nintendos Verkaufsschlager mit dem Balance-Board. Außerdem gibt es keine Musik-Disziplinen wie im launigen Tanzspiel Dancing Stage: Hottest Party. Bandais Reanimation der Fitness-Matte ist also weder Fisch noch Fleisch und wirkt eher wie ein schneller Versuch, auf der Wii-Fit-Erfolgswelle mitzuschwimmen.
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