Special: The Last Story (Rollenspiel)

von Benjamin Schmädig



The Last Story: Wenig Applaus für Uematsu
Ein moderner Uematsu
Publisher: Nintendo
Release:
24.02.2012
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ab 71,53€
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Man muss Nobuo Uematsu nicht kennen, wenn man The Last Story hören will. Es hilft allerdings zu wissen, dass die Melodien des Japaners bereits Millionen Final Fantasy-Spieler auf eine emotionale Reise geführt haben, an die sie sich ein Leben lang erinnern werden. Natürlich ist da auch das große Drama, das Final Fantasy stets inszeniert - Uematsu war es aber, der ihm eine Seele gegeben hat.  Es hilft, das zu wissen, weil man ihm dann vielleicht das schwache The Last Story leichter verzeiht...

Uematsus Soundtrack-Pop

Es beginnt so typisch, so melodisch: Mit unruhigen Tönen deuten die Streicher das Drama zwar zu Beginn gleich an, schon bald schwimmen sie aber auf einer sanften Welle voll Wehmut - der Wehmut nach einer fernen Welt. Der erste Titel, "Theme of The Last Story", nimmt den Hörer an die Hand und... rumpelt nur wenige Sekunden später auf elektronischen Schlagzeugen in den Soundtrack-Pop der Moderne. Man erkennt Uematsu plötzlich nicht mehr wieder.

Experimente sind fantastisch; es lebe das Ungewöhnliche! Doch wie der Altmeister der Spielemusik hier musiziert, das ist selbst von den belangloseren Stücken der synthetischen Filmmusik weit entfernt. Die künstliche Bass Drum knattert ihren Rhythmus ohne Wucht, madig trottet die Musik voran. Melodiewechsel werden ohne Übergang vollzogen. Kein einziges Thema hinterlässt markante Spuren. Ist das erste Stück etwa der Vorbote dessen, was Uematsu drei CDs lang vorhat?

Immerhin: Auf den ersten Blick macht das Album eine tolle Figur. Die schöne Zeichnung, das Titelbild des Spiels, gibt auch dem Soundtrack einen kunstvollen Anstrich. Drei CDs... ein dicker Brocken für Uematsu-Fans - wenn auch im doppelten Sinne. Natürlich ist der Umfang bemerkenswert. So müssen Soundtrack-Veröffentlichungen aussehen! Inhaltlich ist er aber so durchwachsen wie kaum ein anderer.

Fahrige MIDI-Disko

Denn die Einführung ist in der Tat richtungsweisend: In einigen starken Melodien blitzt die große Stärke des Komponisten durch - zu oft begnügt er sich aber mit einer erschreckend belanglosen Mittelmäßigkeit. Es sind vor allem die am Synthesizer entstandenen Titel, in denen The Last Story schwächelt. Das rasante "Patina of the King" wirkt fahrig, Uematsu mischt Disko-Klänge unter die schwache Melodie. "The One Ruling Everything" fällt nach der unheilvollen Einführung durch einen finsteren Männerchor fast in die Tonalität der MIDI-Zeit zurück. Anstatt seinem Namen alle Ehre zu machen, brütet das ebenso eintönige wie behäbige "War" tödliche Langeweile aus. Und "Authority and Majesty" strahlt weder das eine noch das andere aus: Ein bis zur Unkenntlichkeit verzerrter Chor geht zwischen unnötig nervöser Percussion und furchtbar einfallslosen Bläsern unter.

Und nicht nur das, denn viele der elektronischen Stücke erinnern zu allem Überfluss an ein ganz anderes Spiel: Metal Gear Solid 4. Vor allem Kampfszenen zitieren gerne die alternde Schlange. Die schnellen Violinen in "Awaiting Disaster" klingen denen in "Gekko" z.B. frappierend ähnlich. Liegt es an Arrangeur Yoshitaka Suzuki, dass The Last Story so vertraut anmutet? Der arrangierte immerhin auch große Teile des Konami-Soundtracks.
Der Soundtrack ist - hierzulande nur als Import - bereits erhältlich. Wann The Last Story in Europa erscheint, steht allerdings noch in den Sternen. Nintendo kündigte eine Umsetzung für westliche Regionen aber bereits an.

Die japanische Version haben wir bereits gespielt - hier geht es zu unseren Eindrücken.
Zumindest steht Suzuki nicht alleine da, weil sich auch Uematsu hier und da zitiert: "Running in Struggle" etwa nennt sowohl "Gekko" als auch die Kampfmusik aus Final Fantasy VII praktisch beim Namen.

Gefühlvolle Wiedergutmachung

Ja, Veränderung ist gut. So darf sie allerdings nicht klingen. Und das tut sie zum Glück auch nicht - jedenfalls nicht über den gesamten Soundtrack hinweg. Es gibt richtig schöne verträumte Augenblicke, in denen man dem Superstar der Spielemusik einen besseren Arrangeur an die Seite wünscht. Da ist z.B. "Toberu Mono" - eine jener Träume, die niemand so beschreibt wie es Uematsu kann: Sanfte Bläser führen durch das, woraus eine zarte Liebe werden könnte. Behutsam stimmen schließlich die Streicher ein, bevor eine einzelne Violine ins Finale führt. Es ist das Stück, das für Symphonic Odysseys neu arrangiert wurde - und spätestens im direkten Vergleich wird deutlich, welche künstlerische Kraft in der Melodie steckt. Eine Kraft, aus der dieser Soundtrack leider nicht schöpfen kann.

In dem ruhigen Klavierstück "When Hearts Connect" setzen synthetische Noten sogar klangvolle Akzente. Und auch das Duett von Gitarre und Violine in "Bonds" lädt wie zum Verweilen ein, während sich Violine und Flöte im geheimnisvollen "Fallen Nobles" über eine schicksalhafte Intrige zu unterhalten scheinen. Und dann zeigt Uematsu hin und wieder auch seine Qualitäten als Vollblutmusiker - wenn er für "Hearts Bounce" etwa einen Walzer schrieb oder in "Being Congenial" mit dem Jazz-Fuß tippt.

Es heißt, Uematsu musste einige Teile des Soundtracks erneut komponieren, nachdem die Entwickler seine Arbeit zunächst ablehnten. Wie zufrieden sie mit dem endgültigen Ergebnis waren, wird leider nicht gesagt. Es spielt aber auch keine Rolle, wie lange er dafür gebraucht hat: Unterm Strich enttäuscht Uematsu mit The Last Story einfach. Zu kraftlos ziehen seine sonst bezaubernden Melodien vorüber, zu einfallslos wurden die elektronischen Elemente arrangiert, zu deutlich werden bekannte Themen zitiert. Nur gelegentlich blitzt das Feingefühl des Altmeisters durch: Wenn er einzelnen Instrumente die Ruhe gibt, ein Thema aufzubauen und auszuspielen - in diesen Momenten atmet die Musik und lebt. Es gibt gefühlvolle Höhepunkte, spritzige und mysteriöse Atempausen. Viel zu oft fällt den Solisten aber der müde Synthesizer ins Wort und zieht sie in ein belangloses Mittelmaß. Ein Mittelmaß, das auch einen Uematsu-Soundtrack nur zu einem unter vielen macht.

Einschätzung: befriedigend
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Kommentare

Sephiroth1982 schrieb am
Das ein oder andere Lied hab ich schon gehört. Tatsächlich nicht Uematsu-Stil, nichts destotrotz sehr gut imho.
Enkidu schrieb am
Ich habe mir mal ein paar Songs auf Youtube angehört.
Sagt mal, ist die Qualität der CD Version auch so schlecht, oder liegt es an Youtube ?
Ich denke eher letzteres.
Jedenfalls kann ich der Kritik bis jetzt nicht unbedingt zustimmen.
Habe zwar nur einen Bruchteil gehört (deswegen muss mein Beitrag auch nicht unbedingt Bierernst genommen werden), aber vor allem das Theme vom Spiel, ist eines der besten die ich seit langem gehört habe.
Wie schon gesagt worden ist, geht bei Musik die Meinung sehr weit auseinander.
Hebt euch eure Kritik lieber für Spiele auf.
Obwohl man auch sagen muss, dass ich warscheinlich erst viel später auf den Soundtrack aufmerksam geworden wäre, hättet ihr ihn nicht vorgestellt.
Streicht den Satz mit der Kritik und macht mehr davon ! :lol:
EDIT: Die abrupten Übergänge finde ich sogar recht erfrischend.
Shinjo schrieb am
Für einen Uematus soundtrack war dieser doch sehr schwach aber vieleicht wird er auch einfach langsam einfach zu alt.
Der letzte wirklich hervorragende Soundtrack hatte Last Ranker von Yoko Shimomura.
Sie hat zwar schon(meiner meinung nach) aboslut mit Kingdom Hearts 358/2 days in sachen soundtrack überzeugt aber Last Ranker mit seinen orchester (glaube sogar das es das erste mal gewesen ist das sie mit einen arbeitet) schlägt alles um längen was in letzter zeit gekommen ist.
@MattWii
Xenoblade hat definitiv ebenso einen SEHR guten soundtrack wo mir das orchester nicht wirklich fehlt.
Vor allen die battle themes sind richtig gut.
Was mir immer mehr fehlt ist wieder ein Soundtrack alla Daisuke Achiwa... das waren noch PS2 zeiten.
Green-Link84 schrieb am
Ich hab ihn schon komplett gehört und ebenso den Soundtrack von Xenblade Chronicles.
Zustimmen muss ich, das es zuwenig "Toberu mono"s gibt. Dieser Song, egal ob die instrumentale Version oder die mit Gesang sind mit Abstand die besten des O.S.T.
Die (viel zu häufigen) harten Übergänge passen eigentlich nicht zu Uematsu-San. Das hätte man besser machen können. Was er sich dabei gedacht, weiß wohl nur er.
Positiv sollte man aber erwähnen, das gerade mal 2 Titel "In the Middle of a Dream" und "Meowmeowmeowmeowmeow~" unter 2 Minuten lang sind (33 Sekunden bzw. 1:17). Das ist nicht bei allen O.S.T. so, dort wird auch die Melodie vom Öffnen einer Truhe (Zelda-Soundtracks) gerne als Soundtrack genommen.
Sonst ist der Soundtrack gut, aber nicht überragend, aber welcher Spiele-Soundtrack war das in den letzten Jahren?! Noch dazu sollte man beachten, dass gerade bei Musik Geschmäcker seeeehr weit auseinander gehen. Der O.S.T von TLS sollte auf jeden Fall gehört werden, einigen wird er gefallen, für andere ist er maximal Mittelmaß.
Ich hör ihn mir immer gerne an, auch wenn, aus verständlichen Grund, in letzter Zeit der Xenoblade-Soundtrack in meiner Gunst höher steht ("Beyond the Sky" von Sarah Àlainn :anbet: ). Es ist ein moderner Soundtrack mit vielen Pop-Elementen und Synti-Einsatz, kein orchestraler Soundtrack, was zum Teil sehr schade ist. Da man ja sieht welchen Erfolg Videospiel-Musik, die orchestral arranigiert ist, hat. (Symphonic-Konzerte, Zelda-Symphony etc.)
Coconutpete84 schrieb am
Habs selber noch nicht gehört, aber der Mann hat normal enormes Potential, wäre echt eine Schande.
schrieb am