Ninja Reflex04.04.2008, Jens Bischoff
Ninja Reflex

Im Test:

Was gibt es für Wii-Spieler mittlerweile mehr als genug? Genau, Minispiele in jeder möglichen und unmöglichen Form! Und was könnten sich Wii-Spieler wohl sehnlich wünschen? Endlich mal ein Rollenspiel, ein realistisches Rennspiel oder Survival-Horror, der nicht aus der Konserve stammt? Nein, noch mehr Minispiele! Aber ja nicht zu umfangreich oder komplex, sondern möglichst mickrig und überflüssig...

Sensei: "Willkommen in meinem Dojo. Hier wirst du lernen, dich wie ein Tiger zu bewegen und wie ein Drache zu kämpfen! Hast du das Zeug zum Ninja?" (Original-Covertext)

4P: "Hm, ich hab' ein paar schwarze Klamotten, eine Skimaske und vier weiße Nunchuks, reicht das für den Anfang?"

Sensei: "Viel zu viel! Es reicht, wenn du lesen und eine Hand bewegen kannst. 

Außen hui, innen pfui: Die Präsentation ist hübsch, der spielerische Inhalt allerdings ein Witz.
Die Nunchuks leg' mal beiseite. In meiner Schule wird nur mit Fernbedienungen trainiert."

4P: "Na ja, klingt nicht gerade spektakulär... Aber ich kann doch ein paar Freunde mitbringen oder?"

Sensei: "Natürlich! Mein Dojo bietet Platz für bis zu vier Ninja-Schüler."

4P: "Cool, dann lass uns schnell die Grundlagen trainieren und dann ein paar heiße Turnierkämpfe veranstalten!"

Sensei: "Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich bin schon ziemlich alt und würde wohl den Überblick verlieren. Daher werden hier nur einzelne Wettstreite ausgetragen. Manchmal ist mir aber auch das schon zu viel, so dass ich euch in der Hälfte der Disziplinen nur einzeln nacheinander antreten lassen kann. Ich schreibe mir auch keine Rekorde oder Bestzeiten auf - lediglich wer wie oft gekämpft und gewonnen hat. Wir hätten hier ja auch keinen Internetanschluss, um diese mit anderen Schülern zu vergleichen..."

4P: "Okay, dann sag' ich meinen Freunden lieber ab, bevor wir uns hier zu Tode langweilen...  Lass uns einfach mit dem Training beginnen und schauen, was Ninjas so alles drauf haben müssen!"

Sensei: "Also gut, als erstes habe ich ein paar Lebensweisheiten für dich..."

4P: "Nee, lass mal gut sein. Fasching ist vorbei.

Fische fangen als Einschlafübung: Ziel verfolgen, zuschnappen, fertig - gähn...
Pack den Konfuzius wieder ein und lass uns loslegen."

Sensei: "Wie du meinst. Ich werde aber auch weiterhin vor und nach jeder Übung meine abgedroschenen Binsenweisheiten zum Besten geben, die du aber jederzeit überspringen kannst. Als erstes möchte ich, dass du dir diesen weißen Gürtel anlegst. Schaffst du all meine Prüfungen, bekommst am Ende den gleichen in schwarz."

4P: "Huh? Sind wir hier beim Judo oder Karate? Ich hab' noch nie einen Ninja mit Gürtel gesehen..."

Sensei: "Nun mal nicht so kleinlich. Aber wenn du dich anstrengst, haben wir den Gürtelkram ohnehin in ein paar Stunden hinter uns und du kannst als Meister der Ninja-Kunst nach Hause gehen."

4P: "In ein paar Stunden? Das klingt eher nach Bauernfängerei als nach echtem Ninja-Training!"

Sensei: "Keine Sorge, ich werde deine Nerven später schon noch auf die Probe stellen. Und nimm's mir nicht übel, wenn ich manche Bewegungen fehl interpretiere, meine Augen sind nicht mehr die jüngsten... Immerhin spreche ich fließend deutsch und kann dir sogar ein Training in 60Hz und Progressive Scan anbieten"

4P: "Ja, ja. Genug geredet.  Fang einfach mit dem Training an und sag' mir, was ich tun soll!"

Sensei: "Einen Moment noch.

Auch die Katana-Kämpfe sind reichlich primitiv: Abwehren, zuschlagen, der Nächste bitte!
Bevor wir beginnen, möchte ich dir noch unseren Garten zeigen, wo du jederzeit in Ruhe meditieren kannst. Wenn du willst, kann ich dich beim ersten mal auch leiten."

4P: "Nette Idee! Ich werde bei Gelegenheit auf das Angebot zurückkommen. Aber jetzt will ich endlich mit dem Training anfangen!"

Sensei: "Sehr wohl. Sage mir nur noch, womit du beginnen möchtest."

4P: "Was steht denn zur Auswahl?"

Sensei: "Also wir unterrichten Shuriken werfen, Nunchaku- und Katana-Schwingen sowie Fische, Fliegen und Glühwürmchen fangen."

4P: "Glühwürmchen fangen? Ist das eine Ninja-Schule oder ein Pfadfinderlager? Fang du mal dein Ungeziefer selbst, ich schmeiß ein paar Wurfsterne!"

Sensei: "So geht das aber nicht. Du musst mindestens fünf Disziplinen meistern, um den nächsten Gürtel zu erlangen."                     

4P: "Na gut, ich werde nirgends kneifen, aber lass uns den Insektenkram zum Schluss durchziehen und mit dem Waffentraining beginnen."

Sensei: "Wie du meinst. Dann schnapp' dir ein paar Wurfsterne und folge mir auf den Übungsplatz. So, gleich werden hier ein paar bemalte und mitunter bewegliche Pappwände erscheinen, die du schnellstmöglich mit deinen Shurikens treffen sollst. Dazu visierst du sie einfach an, drückst den B-Knopf an der Unterseite des Wurfsterns und wirfst. Vermeide aber bitte unschuldige Geishas zu treffen, ja?"

4P: "Kein Problem, ich pass' schon auf.

Das Nunchaku-Schwingen ist eine Art Baseball für Arme, nur ohne jeden Spaßfaktor...
Hey, das ist Betrug! Ich habe gerade eindeutig einen Papp-Ninja anvisiert und geworfen und der Shuriken klebt noch immer an meiner Hand!"

Sensei: "Tja, das kommt vor. Unsere Ausrüstung hat leider ein paar Macken. Solche Aussetzer sind allerdings die Ausnahme."

4P: "Ja, stimmt schon. Ärgerlich ist es aber irgendwie trotzdem. Hättet ihr mal lieber länger an den Feinheiten gefeilt und die Schule erst eröffnet, wenn alles einwandfrei funktioniert... Egal, das Werfen war ohnehin nicht sehr spannend, da geh' ich lieber mal wieder in Raccoon City auf Zombiejagd - auf zur nächsten Übung!"

Sensei: "In Ordnung. Dann nimm dir ein Katana und folge mir in den Wald nahe der örtlichen Nervenheilanstalt. Hier haben ein paar Freaks Auslauf, die sich für Samurais halten. Aber keine Angst, sie haben nur einfache Holzschwerter und sind auch nicht sonderlich flink. Wehre einfach ihre Angriffe ab, in dem du dein Katana in die Richtung der Attacke bewegst - also nach links, rechts oder oben. Wenn du willst, kannst du anschließend auch selbst zustoßen und die Irren in die Flucht schlagen."

4P: "Hm, nicht sehr spannend das Ganze... Ich komme mir vor als würde ich ein aufgebrachtes Kaffeekränzchen verprügeln. Was zur Hölle? Ich hab' doch korrekt abgewehrt, wieso haut mir der Spinner trotzdem sein Holzschwert an die Rübe?"

Sensei: "Ist das gleiche Problem wie mit den Wurfsternen. Alles made in China. Leider auch die Nuchakus... Nimm dir trotzdem eins, schwing' es über deinem Kopf und versuche die Gegenstände abzuwehren, die ich dir entgegen schleudern werde."

4P: "Hm, also weniger Kampfsport als viel mehr eine Art Baseball für Arme. Aber was soll das ganze Obst, das gibt doch eine Mordssauerei!

Auch der Mehrspielermodus ist ein Witz: Keine Turniere und nur drei öde Simultan-Wettkämpfe...
Aua, du hast mir trotz Abwehrschlag eine Holzkiste an den Kopf geworfen! Ach so, du hast ja gesagt, dass auch das Nunchaku Produktionsfehler hat... Abgesehen davon macht die Übung überhaupt keinen Spaß. Lass uns aufhören und zum Teich gehen."

Sensei: "Alles klar. Siehst du die Kois im Wasser? Ich will dass du mir welche fängst. Mit bloßen Händen! Folge einfach harmonisch ihren Bahnen ohne sie zu verscheuchen und wenn sie auftauchen schnapp' zu, indem du den A- und B-Knopf am Kopf des Fisches drückst."

4P: "Okay, die großen sind kein Problem, aber die kleinen sind ziemlich flink. Außerdem versperren mir diese doofen Seerosenblätter die Sicht. Auf Dauer ist das aber auch ganz schön öde. Lass uns was anderes machen."

Sensei: "Nun gut, ich wollte sowieso gerade Mittagspause machen. Fang' mir nur noch schnell ein paar Fliegen und misch sie mir unter den Reis.  Aus Hygienegründen möchte ich aber, dass du statt einer Klatsche Essstäbchen zum Fangen verwendest. Einfach die Fliege anvisieren, mit A + B zuschnappen und über dem vorgewärmten Reisschälchen fallen lassen."

4P: "Du willst das tatsächlich essen oder? Na ja, ich hab' schon Leute weit widerlicheres Zeug in sich rein stopfen gesehen... Also gut. Hm, das ist einfacher als ich dachte und die Stäbchen machen gar keine Zicken. Selbst geschnitzt? Besonders unterhaltsam ist die Übung aber nicht. Lass uns weiter zu den Glühwürmchen schauen!"

Sensei: "Moment, ich verputz noch schnell den Fliegenreis, dann geht's raus in den Garten. Sobald du ein Glühwürmchen siehst, drück einfach A, um es auszuknipsen. Zielen ist nicht notwendig - warten, drücken, fertig."

4P: "Wie langweilig. Spielst du das sonst mit den geistig zurückgebliebenen Samurais aus dem Wald? Also mir ist das zu primitiv. Hast du keine anderen Übungen, etwas Ninja-mäßigeres vielleicht?"

Sensei: "Leider nicht.

Neuer Gürtel, gleiches Spiel: Nach bestandener Prüfung, fängt einfach wieder alles von vorn an.
Erst wenn du eine Prüfung abgelegt hast, kann ich dir neue Herausforderungen anbieten."

4P: "Okay, dann prüfe mich! Was muss ich dafür tun?"

Sensei: "Hm, ich wähle einfach drei bekannte Disziplinen aus, die du nochmals nacheinander bewältigen musst."

4P: "Ach Gott. Also noch mal dasselbe wie vorhin?"

Sensei: "Genau! Nur ein wenig schwieriger."

4P: "Und was erwartet mich dann danach?"

Sensei: "Im Prinzip genau dieselben sechs Übungen immer und immer wieder. Allerdings mit ein paar kleinen Abweichungen, damit deine Reaktionen auch gefordert und trainiert werden. Deshalb musst du auch jedes mal die vorherigen Übungen erneut bestreiten. Dafür darfst du dir nach bestandenen Prüfungen als Belohnung einen neuen Namen geben, wenn du willst."

4P: "Das ist jetzt aber nicht dein ernst oder? Das ist hier ja wie in Und ewig grüßt das Murmeltier... Eine Ninja-Schule soll das sein? Bewegen wie ein Tiger, kämpfen wie ein Drache... Pah! Fliegen fangen, Baseball spielen und auf Pappaufsteller werfen kann ich auch zu Hause. Und neue Namen als freispielbare Extras? Geht's noch? Gib mir sofort meine 30 Euro zurück oder ich meld' Chuck Norris' großen Bruder hier an. Solche Übungen gibt es im Netz haufenweise für lau und zum Meditieren brauch ich dich auch nicht! Was ein Halsabschneider..."          

Fazit

Da gesteht EA-Chef John Riccitiello, dass man die Leute mit seinen Spielen zu Tode langweile und mehr Qualität anstrebe und dann veröffentlicht man mit Ninja Reflex die wohl langweiligste Minispielsammlung, die Wii-Spieler je über sich ergehen lassen mussten. Gut, entwickelt wurde diese fernöstliche Schlaftablette, die angeblich eure Reaktionsschnelligkeit trainieren soll (tut das nicht jedes Spiel?), von Nunchuck und Sanzaru Games. Erschienen ist das Ganze trotzdem unter EA-Flagge. Vielleicht dachte man sich angesichts der eher enttäuschenden Geschäftszahlen, lass die Jungs einfach mal ein paar kostenlose Flashgames kopieren, sie hübsch verpacken und dann Geld dafür verlangen. Am Ende hat man aber gerade mal sechs primitive, todlangweilige sowie technisch unausgereifte Fuchtel- und Tastendrückereien hin bekommen, die man einfach immer und immer wieder vorgesetzt bekommt. Bei einem Verkaufspreis von 30 Euro macht das quasi 5 Euro pro Fingerübung - eine absolute Frechheit! Okay, Ninja Reflex beinhaltet auch noch ein kurzes Meditationstraining sowie jede Menge abgedroschener fernöstlicher Lebensweisheiten. Aber darauf hätte man zugunsten eines üppigeren und anspruchsvolleren Spieleangebots gut und gerne auch verzichten können. Selbst der Mehrspielermodus ist ein Witz: Gerade mal drei Disziplinen lassen sich überhaupt gleichzeitig mit anderen bestreiten, beim Rest verbringt man mehr Zeit mit Warten als mit Spielen und Turniere oder ähnliches gibt es erst gar nicht. Wer eine überteuerte Einschlafhilfe braucht, kann bedenkenlos zuschlagen. Wer von Minispielen einfach nicht genug kriegt, hat mit jedem x-beliebigen Konkurrenztitel deutlich mehr Spaß.

Pro

CD lässt sich mit etwas Bastelgeschick als Shuriken verwenden

Kontra

30 Euro für sechs Minispiele
rapide Abnutzungserscheinungen
teils ungenaue Bewegungserkennung

Wertung

Wii

Sechs primitive und todlangweilige Fingerübungen für 30 Euro - eine Frechheit!

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