The Sky Crawlers: Innocent Aces11.03.2010, Paul Kautz
The Sky Crawlers: Innocent Aces

Im Test:

Es gibt zwar auf Wii die eine oder andere Flugsimulation, aber jede hat einen großen Nachteil: Sie ist Mist. Bislang gibt es kein einziges richtig gutes Wii-Spiel, das unterhaltsame Luftkampf-Action auf dem Fernseher bannt. Auftritt: Team Aces. Wenn die Entwickler der großartigen Ace Combat-Spiele das nicht hinkriegen, wer dann?

Der unnütze Flightstick

Video: Die Story ist eine Vorgeschichte zum Film, das Spiel eine Propeller-Variante der bewährten Ace Combat-Formel.Wenn sich ein Entwickler erst einmal auf eine Idee eingeschossen hat, besteht immer die Gefahr, dass diese zur fixen Idee wird, auf der man selbst dann noch beharrt, wenn es sonst keiner tut. Dieses oder ein vergleichbares Szenario stelle ich mir vor, wenn ich versuche zu verstehen, wie es zur Standardsteuerung von The Sky Crawlers (TSC) kommen konnte. Die funktioniert nämlich folgendermaßen: Die Positionen für Wiimote und Nunchuk werden vertauscht; Ersteres ist in der linken Hand, Letzteres in der rechten. Die Wiimote dient nun als Gashebel; zieht man den Hebel zurück, wird beschleunigt, beim Herabsenken wird die Maschine langsamer. Der Nunchuk dient als Joystick, mit dessen Bewegungserfassung die Aktionen des Flugzeugs kontrolliert werden. Klingt prinzipiell nach einer interessanten Idee, die sich aber in der Praxis als so nützlich erweist wie ein Stoppschild in der Luft. Denn um das Flugzeug einigermaßen sicher in der Luft zu halten, muss man beide Eingabegeräte viel zu ruhig halten, was im actionlastigen Dogfight-Alltag schnell zu ungewollten Verrissen und hektischen Lenkmanövern führt.

Und es stellt sich vor allem die große Frage nach dem Warum: Warum versucht uns Team Aces eine derartige Fummelei aufzuschwatzen, wenn die weitaus einfachere, bequemere und präzisere Variante zwei Buchstaben hat: CC - oder auch »Classic Controller«. Mit dem (oder seinem Kumpel vom GameCube) steuert sich TSC mit einem mal wunderprächtig. Die Maschine liegt ruhig in der Luft, man kann kontrolliert Gas geben und abbremsen, die Verfolgung eines gewieften Gegners artet nicht in von Flüchen begleitetes Gezappel vor dem Fernseher aus. Und dennoch werden beide Steuerungsvarianten unverständlicherweise geflissentlich übergangen; selbst im Tutorial wird mit keiner Silbe auf alternative Kontrollmöglichkeiten eingegangen - hier herrscht ausschließlich die Standard-Variante vor.

Klonkinderarmee

Wer den 2008er Anime gleichen Namens gesehen (oder die noch älteren Büchern gelesen) hat, der weiß, worum es sich bei TSC handelt: In einer alternativen Realität gibt es keine Kriege mehr, was per se ja eine prima Sache ist. Aber da sich Krieg nicht nur um Macht, sondern auch um Geld dreht, haben zwei gigantische Unternehmen einfach mal beschlossen, untereinander Krieg zu führen - einfach des Geschäfts wegen. Da diese schmissige Idee  nicht gerade wenige Leben  kostet, kamen die »Kildren« ins Spiel - genetisch bearbeitete Kinder, die ausschließlich in der Schlacht sterben können. An der Seite der »Rostock Air Force« kämpfen

Die Grafik ist größtenteils beeindruckend: Landschaft und Flugzeuge sind abwechslungsreich designt, das Ganze läuft jederzeit sehr flüssig.
sie nun mit erwachsenen Piloten einen Krieg, der keiner ist. Diese Story wird größtenteils in sehr gelungenen Anime-Filmen präsentiert, darüber hinaus gibt es während der Missionen sehr viel Funkverkehr. Erzählerisch ist »Innocent Aces«, so der Untertitel des Spiels, allerdings ein Prequel zum Film.

Da TSC von Team Aces stammt, den gefeierten Entwicklern der Ace Combat-Reihe, ist es nicht verwunderlich, dass das Spiel der Bezeichnung »Flugsimulator« kaum gerecht wird - man kann seiner Maschine zwar einen Strömungsabriss zumuten, aber diese Simpelversion eines Stalls ist auch schon das Maximum an Flugphysik. Der Rest ist Arcade pur: Die Maschine hängt wie ein Brett in der Luft, selbst schwere Maschinen können grazil wie ein Kolibri durch die Sphären zischen - und spätestens mit den TMC geht's endgültig in die Spielhalle.          

Verfolgt man einen flüchtenden Gegner eine Zeit lang im Nahkampf, lädt sich die TMC-Anzeige auf - startet man dann das Manöver, hat man einen garantierten Abschuss.
Das Kürzel steht für »Tactical Maneuver Command« und erweist sich als höchst nützlich, wenn es darum geht, penetrant ausweichende Gegner zuverlässig aus der Luft zu holen. Das normale Ballern funktioniert wie gewohnt: Großes Fadenkreuz hier, Gegner da, wenn beide übereinanderliegen dann kurzen Feuerstoß - fertig ist der Lack. Aber schon nach einem Drittel der 18 Missionen, klappt das nicht mehr so oft, die Feinde lernen Ausweichmanöver und sind generell schneller und wendiger als die Rostock-Flieger. Das Zaubermittel dagegen ist das TMC: Bleibt man einen Moment hinter einem Feind, beginnt sich am unteren Bildschirmrand eine dreistufige Anzeige zu füllen. Füllt man ein Segment davon, reicht ein Knopfdruck, um ein wildes (automatisches) Flugmanöver zu starten, an dessen Ende man sich zuverlässig hinter dem Feind befindet - BOOM! Je mehr man die TMC-Anzeige füllt, desto sicherer sitzt man dem Gegner im Nacken, außerdem macht sich mehr Geduld (und damit das Risiko, dass der Widersacher währenddessen die Biege macht) in der Missionsendbewertung positiv bemerkbar. Das TMC funktioniert außerdem nur bei normalen Jagdmaschinen; Bodenziele oder Transporter lassen sich damit nicht anvisieren. Neben dem TMC gibt es auch normale Flugmanöver, die zwar nicht das Feindfleisch auf das Silbertablett schleifen, dafür aber im Notfall unschätzbare Dienste leisten: Mit dem Analogstick wählt man eines von acht Kunststückchen vom Immelmann bis zur schnellen Ausweichrolle, und kann damit dem Tod von der Schippe springen. Allerdings kann man nicht einfach Manöver nach Manöver zünden und wie ein Karnickel auf der Flucht durch die Lüfte rasen - nach jeder Aktion gibt es eine kurze Abkühlzeit.

Flieger, knips mir die Basis

Hat man eine Mission gemeistert, bekommt man automatisch Boni zugeteilt - frische Maschinen oder noch frischere Upgrades. Da TSC in einer alternativen Vergangenheit spielt, gibt es weder Jets noch Raketen: Hier herrschen Propeller und Maschinengewehre vor. Die Upgrades umfassen folgerichtig zusätzliche Panzerungen oder bessere Motoren, außerdem gibt es dicke Schrotgewehre, explosive Einzelschüsse oder Dauerfeuer-Kanonen als Sekundärwummen. Die sind im Gegensatz zur Normalkanone nur begrenzt munitioniert, dafür aber auch umso schlagkräftiger. Welche Art von Knarre man wählen sollte, erfährt man aus dem Briefing, das automatisch vor jedem Auftrag abgespult wird. Wie der Rest des Spiels übrigens auch komplett in englischer Sprachausgabe, begleitet von optionalen deutschen Untertiteln.

Das Missionsdesign ist nicht die starke Seite von Sky Crawlers - Altbewährte Genrestandards bestimmen das Bild der 18 Aufträge.
Das Missionsdesign erweist sich als der phantasieloseste Punkt der Himmelskrauler: Vom normalen Dogfight über Geleitdienste und Foto-Aufträgen bis hin zur unvermeidlichen Beschützer-Mission wird routiniert das Schema F-Programm abgespult. Will man sich das Leben leichter machen, konzentriert man sich einfach auf die mit einem deutlichen »TGT« markierten Hauptziele, dann sind die Missionen noch schneller vorbei - das Spiel ist mit rund sechs Stunden Durchspielzeit aber auch so schon recht kurz. Danach gibt es nur noch höhere Schwierigkeitsgrade sowie die Herausforderung, in jedem Auftrag die Höchstbewertung zu verdienen. Einen Mehrspielermodus gibt es nicht; jedenfalls keinen, der der Rede wert wäre: Ein zweiter Spieler kann zu einer weiteren Wiimote greifen und Bordschütze spielen, aber das ist ungefähr so unterhaltsam wie das Hypnotisieren eines Steins.

Dafür haben die Entwickler bemerkenswert viel Energie in die Präsentation gesteckt. Zwar ist merkwürdig, dass auf HD-Geräten an allen Seiten schwarze Ränder das Spielfeld umgeben, aber der Rest ist höchst respektabel: Die Landschaft mag nicht besonders detailliert sein, die Sichtweite ist auch nicht besonders weit, aber das Gezeigte ist jederzeit flüssig und schön abwechslungsreich. Es gibt Ebenen, Wälder, Berge, Flüsse, Brücken, kleinere Städte, Burgen - für Wii-Verhältnisse ist der technische Aufwand beeindruckend. Auch der Soundtrack wummert wunderbar tragend aus den Boxen, ist sehr streicherlastig und kontrastiert sehr gut mit dem Krachen der Surround-Effekte. Nach jedem erfolgreichen Einsatz wird außerdem ein automatisches Replay gestartet, dem es allerdings an Rasanz mangelt - Propellermaschinen sind halt weniger zackig unterwegs als Jets.

    

Fazit

Sky Crawlers schafft es mühelos, sich vom Start weg an die Spitze der Wii-Flugspiele zu setzen - was allerdings angesichts von Konkurrenz wie Heatseeker, Wing Island oder Rebel Raiders auch nicht besonders schwer ist. Aber auch so hat das Quasi-Ace Combat bemerkenswert viele Stärken: Die Kulisse ist angesichts der Plattform bemerkenswert ausgefeilt und flüssig, die Story wird toll präsentiert und die Gefechte gehen nicht zuletzt aufgrund der halbautomatischen Manöver wunderbar actionreich von der Hand. Die wird allerdings von der Standard-Kontrolle per Wiimote und Nunchuk unnötig belastet: Egal wie lange man sich damit beschäftigt - sie ist weder so präzise noch so komfortabel wie ihre Classic- bzw. GameCube-Controller-Pendants. Es ist mir völlig unverständlich, wie die Entwickler dem krampfigen Gefuchtel derart den Vorzug geben konnten, dass selbst im Tutorial kein Wort zu den alternativen Steuerungsmethoden fällt. Auch spielerisch geraten die unschuldigen Asse leicht ins Trudeln, das Missionsdesign kommt nie über Genrestandards hinaus und nervt gelegentlich mit unnötigem Ballast wie den Beschützer-Missionen. Was bleibt ist ein unterhaltsamer Arcade-Shooter zwischen den Wolken.

Pro

einfache Steuerung per CC oder GC...
schöne Umgebungsgrafik
rasante Luftkampfaction

Kontra

...unbrauchbare Bewegungskontrolle
abwechslungsarmes Missionsdesign

Wertung

Wii

Ein unterhaltsamer, technisch bemerkenswerter Arcade-Shooter in den Lüften, der an 08/15-Missionsdesign krankt. Außerdem sollte man die Standard-Steuerung tunlichst meiden.

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