Pitfall: Das große Abenteuer26.03.2009, Jan Wöbbeking
Pitfall: Das große Abenteuer

Im Test:

Etwa alle fünf Jahre kommt Activision auf die Idee, seinen Atari-VCS-Klassiker Pitfall! neu aufzulegen. Warum auch nicht? Das Spiel erfreute sich dank kniffliger Sprungsequenzen und einer für damalige Verhältnisse riesigen Welt großer Beliebtheit. Auch heute noch gilt der Jump'n'Run-Opi als einer der wichtigsten Videospiel-Pioniere. Diesmal dürfen Wii-Besitzer in das traditionsreiche Dschungel-Abenteuer hineinschnuppern.

Alte Schule

Damit auch Spieler ohne Erfahrung einen unverfälschten Eindruck vom Original bekommen, liegen Pitfall 1 und 2 dem Spiel bei - beide Episoden müssen allerdings erst freigeschaltet werden. Auch das Remake selbst hält sich eng an die Vorlage: Der überwucherte Dschungel und die finsteren Höhlen bestehen zwar aus Polygonen,

Die Cartoon-Animationen sorgen für ein dickes Grinsen...
doch der Spielablauf erinnert an allen Ecken und Enden an das Original. Ich schwinge an Lianen über gefrässige Fallgruben, springe Krokos im passenden Moment auf den Schnabel und sammle allerlei glitzernde Schätze ein. Beinahe alle Indiana-Jones-Klischees sind vertreten: Neben staubigen Tempeln mit diversen Schaltermechanismen begegnen mir Lava-Gruben, Skorpione, angriffslustige Brüllaffen und mit Federn geschmückte Eingeborene.

Letztere schicke ich mit diversen einfachen Hieben und Tritten ins Reich der Träume. Neue Attacken erlerne ich von Buchseiten, die ich im Dschungel finde. Auch der örtliche Schamane hat die nützlichen Seiten im Programm - wenn ich ihm im Gegenzug eine kleine Schutzgebühr aus gefundenen Schätzen überlasse. Mit Hilfe diverser Extras erreiche ich Ebenen und Räume, an denen ich wenige Minuten vorher noch vorbeilaufen musste. Der Wirbelsprung eröffnet mir z.B. den Weg auf hohe Plattformen und mit der Fackel kokele ich dichte Spinnenetze, Dynamit-Lunten und bissige Fledermäuse an. Nach und nach gibt der Dschungel immer mehr Geheimnisse preis, die vorher im Verborgenen lagen.

Pitfall oder Reinfall?

Klingt unterhaltsam, oder? Wäre es auch, wenn mir nicht das Standard-Manko von Wii-Schnellschüssen einen Strich durch die Rechnung machen würde. Leider haben sich die Entwickler derart pedantisch an die Vorlage gehalten, dass auch das Frustpotential des Originals übernommen wurde.

... und die klobigen Kulissen für ungläubiges Staunen.
Im Jahr 1982 musste man sich wohl oder übel durch die knackigen Sprungsequenzen durchbeißen, doch immerhin funktionierte damals die Steuerung. Heutzutage schlage ich mich mit einer ungenauen Gestensteuerung herum. Das Laufen und Springen erledige ich zum Glück mit Stick und Knopf. Doch manchmal muss ich geschlagene zwanzig Sekunden mit der Fernbedienung herumwedeln, nur damit mein dämliches Alter Ego endlich den Heiltrank zum Mund führt. Besonders spaßig wird das, wenn ich nur noch einen Energiepunkt vorrätig habe und gleichzeitig von allen Seiten mit Giftpfeilen attackiert werde.

Auch die Kampfsteuerung wirkt wenig durchdacht: Welchen Schlag oder Tritt Harry vom Stapel lässt, entscheidet grundsätzlich der Zufallsgenerator. Immerhin sorgen erlernbare Angriffe und Waffen wie eine Schleuder für Abwechslung. Ärger verursacht auch die Kamera: Die dreht sich regelmäßig in kniffligen Sprungsequenzen an die falsche Stelle. Ein weiteres Manko ist die steinzeitliche Grafik: Ganz so schlicht wie in den Achtzigern schaut der Dschungel nicht aus - eher wie in den Neunzigern. Manch ein zehn Jahre altes Spiel bietet also mehr Details und schärfere Texturen als das, was Entwickler Edge of Reality hier abliefert. In einer Höhle habe ich eine geschlagene Minute gebraucht, bis ich erkannte, dass der unförmige Polygonklumpen vor mir ein Flugzeug-Cockpit darstellen sollte. Erst dann dämmerte mir, dass ich mich auf die Spitze des Objekts schwingen musste, damit Harry durch eine Nische klettert.      

Fazit

Schade - ich hatte mich so auf ein neues Jump'n'Run gefreut. Der Dschungel sah zwar schon auf ersten Screenshots verdächtig klobig aus - doch was soll's? Es erscheinen so wenige Genre-Vertreter, dass ich keine großen Ansprüche stelle: Ein netter kleiner Dschungel-Hüpfer im Stil von »Tak: Das Geheimnis des glühenden Kristalls« hätte völlig ausgereicht. Doch das neue Pitfall versagt ausgerechnet in dem Detail, welches in diesem Genre entscheidend ist: Der Steuerung. Warum muss ich umständlich herumfuchteln, um einen Heiltrank zu konsumieren oder den Zufallsgenerator einen Schlag ausführen zu lassen? Auch die störrische Kamera und einige fummelige Sprungsequenzen sorgten dafür, dass ich mich mich schon nach kurzer Zeit nur noch frustriert durch das Spiel quälte. Etwas mehr Feintuning hätte eine Menge ausbügeln können. Gute Ansätze sind nämlich durchaus vorhanden: Mit ordentlicher Handhabung und etwas hübscherer Präsentation hätte der klassische Entdecker-Trip durchaus unterhaltsam werden können. In dieser Form sorgt er nur für Bissspuren in der Fernbedienung. Holt lieber das Original oder eines der anderen Remakes vom Dachboden.

Pro

<P>+&nbsp;Spielablauf orientiert sich stark am Original+&nbsp;lustige Cartoon-Animationen
selbstironische Kommentare</P>

Kontra

<P>
schrecklich hakelige Gesten-Steuerung
frustige Sprungsequenzen
simple Kämpfe
grobschlächtig gestaltete Kulissen und Figuren
verwaschene Texturen sorgen für Verwirrung bei der Orientierung
bemüht komischer Slapstick in den Zwischensequenzen
misslungene deutsche Synchronisation</P>

Wertung

Wii

Das hat Harry nicht verdient: Eine hakelige Gesten-Steuerung und klobige Polygone verwandeln das Dschungel-Abenteuer in eine grüne Hölle.

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