Rune Factory: Frontier29.04.2010, Jens Bischoff
Rune Factory: Frontier

Im Test:

Auf dem DS konnte die Erweiterung der Harvest Moon -Serie mit auflockernden Dungeon-Streifzügen durchaus gefallen, auch wenn das Rollenspielmenü im ersten Rune Factory noch nicht besonders üppig war. Jetzt greift Bauer Raguna auch auf Wii zu Schwert und Lanze. Wie gut schlägt er sich dieses Mal als Held?

Neues Dorf, gleicher Held

In Rune Factory Frontier mimt man denselben Helden wie in der DS-Vorlage. Das Dorf ist zwar ein anderes, die Einwohner jedoch teils alte Bekannte. Raguna, oder wie immer der unter Amnesie leidende Protagonist heißen soll, bezieht einmal mehr das Nachbargehöft von Bäuerin Tau und versucht sich in die bestehende Dorfgemeinschaft einzubringen.

Video: Der Trailer gewährt Einblicke in Ragunas Alltag als Bauer und Held.Dazu beginnt man seinen Acker auf Vordermann zu bringen, Rüben anzubauen und sich den anderen Einwohnern vorzustellen. Besitzt man anfangs lediglich eine marode Hacke und Gießkanne, verfügt man später über immer hochwertigere Gerätschaften und hantiert auch mit Hammer, Axt und Sichel, um Steine zu zerbröseln, Holz zu hacken und Unkraut zu jäten. Zudem lassen sich mit einer Angel Fische fangen, mit einer Bürste Monster zähmen und neuerdings mit einem Ernter Elementargeister sammeln.

Letztere lassen sich umsiedeln, um die Produktivität bestimmter Bereiche zu erhöhen, sie lassen sich als Runensteine verwandeln oder zum Wirken von Naturwundern wie Wetteränderungen, Reifebeschleunigungen oder spezifischen Wildwuchs einsetzen. Neben Fischerei und Feldarbeit, kann man natürlich auch wieder zu Schwert, Lanze oder Zauberstab greifen und die örtlichen Höhlen unsicher machen. Deren Zahl hat sich im Vergleich zum Handheld-Original zwar halbiert, dafür sind sie allerdings etwas größer und komplexer. Eines der vier Verliese schwebt sogar in den Wolken und hält diverse Story-Ereignisse parat. Erzählerisch kocht aber auch Rune Factoy Frontier auf Sparflamme: Die Geschichte wird in kleinen, unscheinbaren Häppchen serviert, die Charaktere bleiben blass, die Dialoge belanglos, die Gegner austauschbar.

Oft stolpert man eher zufällig über mehr oder weniger wichtige Schlüsselszenen, schüttelt den Kopf über manche Zusammenhänge und verliert schon mal die Orientierung, was überhaupt zu tun ist. Wieso muss ich z. B. in die Kirche gehen, um eine Axt zu erhalten?

Natürlich spielt auch in Rune Factory das Betreiben einer eigenen Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Den Tagesablauf kann man aber weitestgehend selbst bestimmen, alltägliche Feldarbeit ist kein Muss.
In den mehrstöckigen Verliesen hätte auch eine Kartenfunktion und auf der Dorfkarte aktuelle Aufenthaltsorte der Bewohner nicht geschadet. Andererseits kann man tun und lassen, was man will. Um das Ende der Hintergrundgeschichte zu erleben, muss man natürlich bestimmte Ereignisse absolvieren und Leistungen erbringen. Ob oder wann man das tut, ist einem aber völlig frei gestellt. Doch egal, welche Ziele man verfolgt: Ohne Fleiß und Geduld, kommt man nicht weit.

Ohne Fleiß kein Preis

Gerade zu Beginn wirkt der Spielverlauf ungemein zäh und monoton. Mit der Zeit werden die Möglichkeiten jedoch vielfältiger und motivierender. Man beginnt seinen Hof zu erweitern, in dem man eine Scheune für gefangenen Monster errichtet, die einem lästige Pflichten abnehmen oder auf Dungeon-Streifzügen begleiten und sich teils sogar reiten oder melken lassen. Man baut eine Werkstatt, um neue Waffen, Rüstungen und Gerätschaften zu schmieden. Im Labor braut man praktische Dünger und Medikamente. Mit einer Einbauküche avanciert man zum Gourmetkoch und mit neuen Möbeln und speziellen Geschenken punktet man bei der holden Weiblichkeit, um irgendwann auch dem Kapitel "Bauer sucht Frau" ein Happy End zu entlocken.     

Durch Briefe, Gespräche und kleine Gefälligkeiten kann man aber nicht nur Herzen erobern, sondern auch Freundschaften schließen und an Ansehen gewinnen. 

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Darüber hinaus dringt man immer tiefer in die monsterverseuchten Dungeons vor, räumt Hindernisse aus dem Weg, sammelt Materialien für seine Produktionsstätten, entdeckt geheime Schatzkammern und rekrutiert neue Kreaturen, die durch entsprechende Zuwendung sowohl den Farm- als auch den Abenteureralltag erleichtern. Gebremst wird der eigene Tatendrang eigentlich nur durch die mit jeder Aktion abnehmende Ausdauer und den am Ende jedes Tages nötigen Schlaf Ragunas. Spätestens um fünf Uhr morgens ist Zapfenstreich und wer ständig spät und lädiert ins Bett geht, fängt sich schnell mal eine Erkältung oder Ähnliches ein.

Immerhin kann man sich jederzeit per Knopfdruck zum Eingang eines Dungeons zurück oder direkt nach Hause teleportieren sowie freigelegte Abkürzungen nutzen, um schnell wieder in tiefere Stockwerke bereits erkundeter Verliesen zu gelangen, in denen man ebenfalls Felder anlegen und bewirtschaften kann. Im Gegensatz zum heimischen Acker herrschen hier sogar das ganze Jahr über konstante Witterungsverhältnisse, so dass sich auch saisonuntypische und nur sehr langsam reifende Pflanzen anbauen lassen. Es gibt durchaus Samen, die erst nach einem Jahr täglicher Pflege in voller Blüte stehen. Ein Campieren in den Dungeons wie im DS-Original ist jedoch nicht mehr möglich, so dass man sich jeden Tag aufs Neue her begeben muss.

Dröges Monsterschlachten

Trifft man auf Monster, die erneut von zerstörbaren Generatoren à la Gauntlet erzeugt werden, kann man diese wie üblich versuchen zu zähmen oder mit Waffengewalt eliminieren. Magieattacken sind ebenfalls möglich, aber statt an ausgerüstete Bücher nun an entsprechende Zauberstäbe gebunden. Ansonsten kann man sich sowohl mit Hämmern, Äxten, Lanzen oder Schwertern zur Wehr setzen, die neben Standardangriffen, teils auch Spezialangriffe erlauben. Jede Waffengattung hat individuelle Vor- und Nachteile bezüglich Angriffsgeschwindigkeit, Reichweite und Schaden. Das Kampfsystem selbst ist jedoch vergleichsweise simpel und läuft meist auf stures Tastenhämmern aus günstiger Position hinaus. Bei Bosskämpfen ist hin und wieder aber auch etwas Taktik und Vorbereitung gefragt.

Die Tastensteuerung per Remote und Nunchuk bzw. Classic Controller ist einfach und handlich. Alternativ kann man Waffen und Werkzeuge auch durch Schüttelbewegungen benutzen, was aber auf Dauer eher umständlich und wenig gehaltvoll, teils sogar deutlich ungenauer ist. Probleme gibt es gelegentlich auch beim Zielsystem, das sowohl bei Kämpfen als auch der Feldarbeit etwas hakelig wirkt - eine Arretierfunktion der Bewegungsrichtung kann das Problem allerdings lindern. Der schnelle Ausrüstungswechsel durch zum Teil frei konfigurierbare Ringmenüs, bei deren Zugriff das Spielgeschehen vorübergehend pausiert wird, wirkt hingegen sehr rund und komfortabel. 

Die Erkundung der wenigen Dungeons lockert den Farmalltag angenehm auf, das Kampfsystem wirkt aber etwas altbacken.
Auch die schnelle Item-Nutzung via frei belegbarem Steuerkreuz ist sehr praktisch. Gewöhnungsbedürftig ist hingegen der Umstand, dass man pro Abenteuer nur einen der wohl für mehrere Spieler gedachten Speicherplätze nutzen kann. Auch die vielen Ladeunterbrechungen bei Ortswechseln sind auf Dauer ziemlich lästig.

Die malerische Präsentation ist wiederum sehr charmant und detailliert, jeder Ausrüstungswechsel wird optisch dargestellt. Auch die abwechslungsreiche Soundkulisse inklusive passender Nutzung des Remote-Lautsprechers weiß zu gefallen. Gelegentlich gibt es sogar ein paar Brocken englische Sprachausgabe sowie über 30 kurze Anime-Sequenzen. Die deutsche Übersetzung ist trotz ein paar Patzern insgesamt sehr solide. WiFi-Funktionen wie der Tausch von Gegenständen auf dem DS gibt es im Konsolen-Rune Factory nicht. Auch Malprogramm und Screenshot-Funktion wurden weggelassen. Dafür kann man bereits gesehene Sequenzen via Video-Player wiederholen und ein Dutzend Illustrationen freischalten.   

Fazit

Im Vergleich zu seinem DS-Bruder hat sich die interessante Mischung aus Bauern- und Heldendasein leider kaum weiterentwickelt: Die Story hat erneut lediglich Alibi-Charakter, die Kämpfe wirken altbacken und die Dungeons, die man im Spielverlauf besuchen kann, lassen sich an einer Hand abzählen. Neu ist eigentlich nur der Einsatz von Runengeistern, um Naturwunder zu wirken und die Produktivität zu steigern. Trotzdem fügt sich der Rollenspiel-Part auch auf Wii gut ins Landwirtdasein ein und lockert es angenehm auf. Die Prozesse sind zwar nach wie vor recht zäh und eintönig, aber auch ungemein motivierend. Man bestellt engagiert seine Felder, rekrutiert Monster, erweitert seinen Hof, geht auf Brautschau und trainiert seine Fähigkeiten. Man ist nicht nur Bauer, sondern auch Schmied, Koch, Fischer, Alchemist und Abenteurer. Man erntet, sammelt, bastelt, kämpft - und das alles wie man gerade Lust und Laune hat. Zwar gibt es bestimmte Ziele und Schlüsselereignisse, aber im Prinzip kann man tun und lassen, was man will. Die Atmosphäre ist gemütlich, die Präsentation charmant. Wer Action und Spannung sucht, ist hier natürlich fehl am Platz. Aber wer schon mit Harvest Moon oder Animal Crossing seinen Spaß hatte, wird auch von Rune Factory nicht enttäuscht, obwohl sich seit dem Handheld-Debüt kaum etwas geändert hat.

Pro

charmante Präsentation
motivierende Aufbaustrategie
vielfältige Aktionsmöglichkeiten
auflockernde Dungeon-Besuche

Kontra

hakelige Zielfunktion
lediglich vier Dungeons
dürftige Story-Einbindung
recht zäher & monotoner Spielverlauf

Wertung

Wii

Charmante Mischung aus Bauern- und Heldendasein, die sich im Hinblick auf die DS-Vorlage leider kaum weiterentwickelt hat.

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